Essen. . Hoffnung auf den Traumjob und Sorge um einen Ausbildungsplatz: Jugendliche auf dem Weg in den Beruf.

Noch geht Alexandra Schiel zur Schule. Aber wenn die 15-Jährige an Bewerbungsgespräche denkt, wird ihr jetzt schon mulmig. Sie besucht die zehnte Klasse der Hauptschule Bochold und gehört zu den Schülern, die in der Stufe drei Tage zum Unterricht kommen und an zwei Tagen in einem Betrieb arbeiten. Alexandra Schiel hilft in einer Hunde-Auffangstation: „Ich möchte Tierpflegerin werden.“

Gleich mit dem nächsten Halbjahres-Zeugnis will sich die 15-Jährige bewerben. Damit sie weiß, wie sie dem Arbeitgeber und Kollegen gegenübertritt, hat sie an einer Verlosung der Stadtwerke teilgenommen. Der Gewinn: ein eintägiger Business-Knigge-Kurs beim Unternehmerverband.

Kein tiefes Dekolleté

Der bot bislang in Zusammenarbeit mit dem Bildungs-Centrum Wirtschaft einen Workshop für Azubis der Mitgliedsfirmen an. Nun lernen auch Hauptschüler neben allgemeinen Umgangsformen und dem richtige Händedruck (nicht zu leicht, nicht zu fest), was außer Unhöflichkeit nervt: Nörgelei und Getratsche.

Dozentin Inke Greve-Richter gibt nicht nur Hinweise für die Kommunikation oder die Begrüßung (eine ausgestreckte Hand niemals abweisen), es gibt auch Tipps für die Kleiderwahl. Beim weiblichen Business-Outfit gilt: zunächst Deo benutzen, kein tiefes Dekolleté tragen, wenig Schmuck und keine Tattoos oder Piercings. Auf letzteres sollten auch Herren verzichten, ebenso auf groß gemusterte Sakkos sowie auf Schuhe mit abgelaufener Sohle und Krawatten mit Figuren.

Bis Dominik Sapendowski sich einen Schlips fürs Bewerbungsgespräch umbindet, dauert es noch etwas. Der 17-Jährige hat nach der neunten Klasse an der katholischen Hauptschule Katernberg bereits Bewerbungen geschrieben. „Jetzt hab’ ich wieder ein Jahr“, sagt Dominik, der nach den Absagen („Die waren schon frustrierend“) weiter zur Schule geht. Dass es mit Hauptschulabschluss nicht einfach wird, habe er gewusst. „Da bleiben ja nicht so viele Berufsmöglichkeiten“, sagt er. Sein Wunsch bleibt: Er möchte Maler und Lackierer oder Dachdecker werden.

Traumberuf

„Wenn ich mich gut anstelle, dann nimmt mich der Chef vielleicht“, sagt Ricardo Scheben und meint den Inhaber des Karosseriebau-Betriebs, in dem er gerade ein Praktikum macht. Der 15-Jährige möchte beruflich etwas mit Autos machen, hat schon als Kind mit seinem Vater Modellautos gebaut. Jetzt hilft ihm der Benimm-Kurs auf dem Weg in den Beruf und seine Schwester bei den Bewerbungen. Bei Unternehmen hat er vorab angefragt, ob er als Hauptschüler eine Chance hat. Die Antwort zumindest fiel positiv aus.

Ihren Traumberuf hat Belges Mohammadi entdeckt, als ihre Mutter erkrankte und sie nicht nur half, sondern die Arbeit der Krankenschwestern beobachtete. Sie geht wie Alexandra in die Hauptschule Bochold und arbeitet nun an zwei Tagen in einer Arztpraxis. Sie sorge sich schon etwas, „ob ich später gleich eine Ausbildungsplatz bekomme“. Wenn nicht, macht sie weiter: am Berufskolleg – und wird später Krankenschwester.