Essen. . Coach, Mentor und große Freundin: Finanzmaklerin Mandy Hindenburg hat sich als ehrenamtliche Patin um die Schülerin gekümmert. Jetzt begleitet sie sie bis zum Abitur oder auch bis zum Ende der Ausbildung.
Melissa hat ihr Ziel klar vor Augen: „Ich will Abitur machen und dann eine kaufmännische Ausbildung“, sagt sie selbstbewusst. Den ersten Schritt hat die 16-Jährige bereits getan: Die Qualifikation nach Abschluss der 10. Klasse der Gesamtschule Nord öffnet ihr die Tür in die Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.
Ihrem Weg zum Abitur und in den Beruf geht Melissa nicht allein. Ihr zur Seite steht Mandy Hindenburg. Die 32-jährige Finanzmaklerin ist „Patin für Arbeit“, ein ehrenamtliches Projekt, das jungen Menschen beim Start ins (Berufs)-Leben helfen will.
„Melissa wurde mir vor zwei Jahren ans Herz gelegt, weil sie ihre Fähigkeiten total unterschätzt hatte“, sagt Mandy Hindenburg. An Abitur dachte die Schülerin damals nicht, wollte nach der 10. Klasse in einer Bäckerei arbeiten. Dabei waren ihre Noten gut, „nur hat sie sich nichts zugetraut“. Sie brauchte jemanden, der sie an die Hand nimmt, mit ihr ihre Fähigkeiten herausfindet und sie motiviert.
Sie war irgendwie tussig
„Motivieren kann ich sehr gut“, lacht Mandy Hindenburg und betrachtet ihr Patenkind mit unverhohlenem Stolz. Nach zwei Jahren ist zwischen den beiden ein Vertrauensverhältnis gewachsen, das so leicht nicht zu erschüttern ist.
Dabei sah es nach dem ersten Treffen nicht danach aus. „Ich fand Mandy irgendwie tussig“, erinnert sich Melissa. Aber schon nach der zweiten Begegnung hat sie ihr vorschnelles Urteil revidiert. „Wir haben in der ersten Zeit viel Freizeit miteinander verbracht, sind in Museen oder ins Kino gegangen, haben geredet - und viel gelacht“, sagt Melissa.
110 Paten betreuen 150 Patenkinder
Das gegenseitige Kennenlernen und Mögen ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Patenschaft. „Ich bin Coach, Mentor und große Freundin“, sagt Mandy Hindenburg. Ihr sei es ein echtes Anliegen, junge Menschen auf dem Weg in die Zukunft zu begleiten. „Jugendliche sind für mich wie Rohdiamanten: Sie brauchen noch einen Schliff, um zu glänzen.“
Den Schliff erhielt auch Melissa: Bewerbungstraining, Berufsfindung und immer wieder einfach nur Gespräche: Über das, was sie möchte, was sie sich zutraut, was vielleicht möglich ist. Persönlichkeitsstabilisierung nennen das die Initiatoren der „Paten für Arbeit“, unter ihnen die Kreishandwerkerschaft, Vereine, Gewerkschaften und die Industrie und Handelskammer in Essen.
Denn vielen Jugendlichen fehlt, was früher selbstverständlich war: soziale Bindung und Kompetenz, Ausdauer im Arbeiten und Lernen und Verantwortungsbewusstsein.
Mit dem seit 1998 bestehenden Projekt, in dem derzeit 110 Paten 150 Patenkinder betreuen, will man die seit vielen Jahren andauernde Jugendarbeitslosigkeit an den Wurzeln bekämpfen. Fünf Essener Schulen sind beteiligt, sie schlagen Jugendliche vor, die einen Paten brauchen, der sie an die Hand nimmt.
Mandy Hindenburg kann Melissa noch einige Jahre lang als Patin begleiten. Wenn die Schülerin es wünscht und wenn es nötig ist, sogar bis zum Ende der Ausbildung.
Trafen sie sich anfänglich alle 14 Tage, sehen oder sprechen die beiden sich heute nur, wenn Melissa Rat braucht. „Ich glaube, das wird nur noch selten der Fall sein. Melissa hat ihren Weg gefunden. Sollte sie mal stolpern – ich bin immer für sie da.“