Essen. Boulevard-Bühne im Aufwärtstrend: Das Rathaus-Theater setzt in der neuen Spielzeit auf große Namen, viel Humor und extra Weiberabende.
Im Rathaus-Theater haben in diesem Jahr die Damen die Wahl: Ob es nun Esther Vilars „dressierter Mann“, Ernest Hemingways „alter Mann und das Meer“ oder Gabi Hauptmanns „impotenter Mann fürs Leben“ sein sollen. Die Bühne hat für jede den Richtigen. Und wer sich nicht entscheiden kann, bekommt das Gemischte-Kerle-Paket sogar zum Sonderrabatt – minus 20 Prozent. Nur ein Abo-Angebot von vielen, mit dem der Aufwärtstrend gehalten werden soll. Mit 87 Prozent Auslastung, so Helga Müller, Leiterin des Abonnement-Büros, steht das Theater im Vergleich zum Vorjahr (81 Prozent) wieder deutlich besser da. Vor allem das Wahl-Abo findet viel Anklang beim Publikum. Und Stücke, die die heiteren Seiten des Lebens betonen.
Dass Theaterleiterin Melanie Berg nicht nur weiß, was Frauen wollen, sieht man der neuen Farbenlehre der Programmübersicht an. Da finden sich neben viel Zyklam für „musikalisch“ vor allem grüne Schriftzüge. Die stehen entweder für „lustig“ oder für „amüsant“. Im Rathaus-Theater, wo der gepflegte Humor ein festes Zuhause hat, macht man da durchaus einen Unterschied.
Humor wird grün geschrieben
Lustig wird es gleich zu Beginn, wenn Thomas Glup seinen neuen Heinz-Erhardt-Abend im Rathaus-Theater vorstellt: „Noch’n Gedicht“ (31. August, 10. November). Weitere Glup-Abende folgen, Evergreens wie sein Erhardt-Best-of (27. Januar), das komische Kirchenspiel „Ach du lieber Himmel“ (17. November) und natürlich Glups berühmte Weihnachtslesung. Weil Lachen gesund ist, gibt’s im Rathaus-Theater sogar „Alles auf Krankenschein“. Das Lustspiel von Ray Cooney macht Tatort-Kommissar Karl-Heinz von Hassel zum komischen Patienten und die Bühne zum Behandlungszimmer (17. Mai - 6. Juli).
Vom Buch auf die Bühne
Auf der Bühne hat Erfolg, was sich schon in den Buchläden gut verkaufen ließ. Diese Regel gilt auch fürs Rathaus-Theater. Dabei traut man sich sogar, auf Esther Villars frühfeministische Streitschrift „Der dressierte Mann“ aus den 70ern zurückzugreifen, die damals für eine heftige Debatte zwischen der Schriftstellerin und Alice Schwarzer sorgte. In Essen führen zwei Grandes Dames der Film- und Fernsehgeschichte die Debatte höchst unterhaltsam weiter: Die einstige Bond-Gespielin Karin Dor und Marianne Rogée, die Frau Pavarotti aus der Lindenstraße (2. bis 22. September). Auch die Generation Internet schreibt ja inzwischen ihre eigenen Bücher. Daniel Glattauers Bestseller „Gut gegen Nordwind“ erzählt von der romantischen Magie des Mailverkehrs und der Liebe im Zeichen des @ (3. bis 16., 21. März bis 17. April). Länger auf dem Markt ist schon Ernest Hemingways Meisterwerk „Der alte Mann und das Meer“ (22. bis 31. Oktober). Als Fischer Santiago erlebt man den einstigen „Bastian“ Horst Janson, mit ihm spielt der 12-jährige Essener Silas Haake.
Wo spielt die Musik?
In Detroit natürlich. Motown. Das Lebensgefühl der 60er Jahre, den Auf- und Umbruch mit Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung und Musikern wie Stevie Wonder, Diana Ross und The Jackson 5 will das Rathaus-Theater mit einer Eigenproduktion „Motown – Die Legende“ wachrufen. Bei der Uraufführung (21. bis 29. April, 4. bis 12. Mai) steht auch eine Liveband auf der Bühne. Wer da nicht ins Schwitzen kommt, hat „Heiße Zeiten“ bestimmt schon hinter sich. Die Wechseljahre-Revue (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Produktion von Gerburg Jahnke) gilt als Programm-Renner (14. bis 20. Januar). Mit „Reimanns Family“ (1. bis 28. Februar) gibt’s eine thematische Zugabe. Zwei Mädels auf der Suche nach Mr. Right – das verspricht einen „Weiberabend“ voller Herzschmerz und vertrauter Schlager
Selbst „Carmen“ wird eine von uns, wenn Franziska Dannheim die Opernwelt erklärt. Ihre „Oper Légère“ ist ein Crashkurs für Opernfans und alle, die es werden wollen. So kurzweilig, charmant und personalsparend werden Verdi, Bizet und Offenbach selten serviert. (7. Oktober, 2.November/3. Februar, 27. Mai,. 11. und 24. Juni).
Und die großen Gefühle?
Kommen auch zu ihrem Recht. Mit bestens besetzten Stücken wie „Die Wahrheit“ (15. Dezember bis 12. Januar), die TV-Star Helmut Zierl erstmals ins Rathaus-Theater führt. Als charmanter Schwindler, der nicht nur Kollegin Karin Boyd um den Finger wickelt. Noch mehr Reife bringen Doris Kunstmann und Peter Fricke in die Beziehung ein. Mit „Möwe und Mozart“ (16. November bis 13. Dezember) erzählt Peter Limburg von der Liebe ohne Altersgrenzen. Auch die funktioniert im Rathaus-Theater, jedenfalls so lange die Damen hier die Wahl haben.