Zeche Zollverein in Essen will besser mit den Nachbarn kooperieren
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Essen. . Ein neues Projekt, finanziert von der RAG-Stiftung, soll das Weltkulturerbe Zeche Zollverein stärker im Norden der Stadt Essen verankern. Ziel ist es, die Verzahnung zu verbessern und den nach wie vor spürbaren Insel-Charakter des Geländes zu verringern. Ganz konkrete Pläne, wie das geschehen soll, gibt es noch nicht.
Über diese These spricht man in Essen nicht so gern, aber Peter-Michael Preuske, Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung, nahm dennoch kein Blatt vor den Mund: „Von der positiven Entwicklung des Weltkulturerbes Zollverein haben die umliegenden Stadtteile bislang kaum profitiert.“ Eine solche Diagnose schreit geradezu nach einem neuen Goodwill-Projekt, das die RAG-Stiftung dann auch prompt aus der Taufe hob und für zunächst zweieinhalb Jahre finanziert. Ziel ist es, die Verzahnung zu verbessern und den nach wie vor spürbaren Insel-Charakter des Geländes zu verringern. Wie das genau geschehen soll, blieb weitgehend offen. „Bestehende Netzwerke nutzen und ausbauen“, „Noch passgenauere Angebote machen“ - das waren die noch etwas blumigen Beschreibungen für die Tätigkeit der Historikerin Claudia Wagner, die für diese Aufgabe vorgesehen ist.
Dass einiges im Argen liegt, für diese Erkenntnis braucht man nur die Straßenseite zu wechseln. Direkt gegenüber vom Zollverein-Haupteingang an der Gelsenkirchener Straße lebt Josef Dinger. „Wir haben nichts vom Weltkulturerbe, nur Ärger“, schimpft er. Viel Dreck, viel Verkehr, viel Rummel müssten die Nachbarn ertragen, die Stadt habe die Straßenreinigungsgebühren vervielfacht, und die Nachbarn, die den Unrat gar nicht produzierten, säßen bei dieser Abgabe finanziell mit im Boot. „Wir haben versucht, das zu ändern, keine Chance.“ Dinger kann nicht erkennen, wo Zollverein den Stadtteil vorangebracht hätte. „Uns bewegt das jedenfalls nicht, ich finde das alles eher lästig.“
Beschwörender Optimismus
Positiver gestimmt ist Angelika Gerhards, deren Ehemann Jahrzehnte auf Zollverein beschäftigt war. „Ich möchte das Weltkulturerbe nicht missen.“ Wo im Stadtteil Positives geschehen ist, vermag sie allerdings nicht genau zu sagen. „Das war hier immer schon ein schwieriges Viertel“, glaubt Norbert Volk, und die Millionen-Investitionen für das Zechen-Ensemble hätten daran auch nichts geändert.
Extraschicht in Essen
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Bei der Stadt mag man sich da nicht anschließen, und Margarethe Mayer vom Büro Stadtentwicklung will auch der Diagnose der RAG-Stiftung so nicht folgen: „Wir sind in der Stadtteilentwicklung dank Zollverein schon ein Stück weitergekommen.“ Immerhin gehe in Katernberg, Stoppenberg und Schonnebeck die Bevölkerung nicht zurück, und 7000 Übernachtungen pro Jahr in den örtlichen Pensionen, Hotels und Privatzimmern seien schließlich auch nicht zu verachten.
Beschwörenden Optimismus verbreitet auch Hermann Marth, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Zollverein. „Wir sind an einem Punkt, wo der Durchbruch da ist.“ Vor allem von den 600 Design-Studenten der Folkwang Hochschule, die ab dem Wintersemester 2014/15 das Areal bevölkern sollen, erwartet Marth Impulse. Die Preisfrage: Wie schafft man es, dass diese Klientel auch abends bleibt, in Katernberg oder Stoppenberg lebt, dort in Kneipen geht und in Restaurants? Lässt sich eine solche Szene wirklich „gründen“, oder leben die jungen Leute lieber woanders und pendeln morgen nach Zollverein und abends zurück? Zurzeit ist die Gastronomie rund um Zollverein, nun ja, ausbaufähig. Auch darum soll sich Claudia Wagner kümmern. Einfach wird das nicht.
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