Essen. . Die Idee, die Margarethenhöhe mit weiteren Kulturstätten auf die Unesco-Liste zu setzen, stößt nicht überall auf Gegenliebe. Die Bewohner der Siedlung fühlen sich schon heute durch Touristen belästigt. Seit den 1990er Jahren sind die Besucherzahlen stetig gestiegen.

Die Idee, die Margarethenhöhe gemeinsam mit rund 20 weiteren Kulturstätten im Ruhrgebiet als Unesco-Weltkulturerbe vorzuschlagen, trifft bei einigen Anwohnern der Siedlung auf wenig Zuspruch. Schon bei den derzeitigen Besucherzahlen fühlten sich viele von den breiten Reisebussen gestört, die sich durch die teils engen Gassen quetschen. Von laufenden Motoren und neugierigen Touristen, die sonntags durchs Fenster direkt auf heimischen Küchentisch starren, berichten Vertreter der Bürgerschaft.

Unterstützung bekommen sie von Planungsdezernent Jürgen Best: „Die Margarethenhöhe gehört eindeutig in den Rang des Weltkulturerbes, trotzdem nehme ich von dieser Idee Abstand. Für die Anwohner ist der Besucherstrom schon jetzt eine gewisse Zumutung.“

Kürzlich hatte die „Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ eine Liste von Industriestätten in zehn verschiedenen Städten der Region genannt, die sie unter dem gemeinsamen Titel „Zollverein und die industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ zum Unesco-Weltkulturerbe vorschlagen will. Zollverein steht seit 2001 unter dem Schutz der „Internationalen Konvention für das Kultur- und Naturerbe der Menschheit“ – die Margarethenhöhe könnte als eine von 20 industriekulturellen Stätten schon 2015 folgen. Anders als auf Zollverein ist die Höhe aber Denkmal und Wohnsiedlung zugleich - das hatte in der Vergangenheit bereits für Ärger gesorgt.

In 2010 viermal so viele Führungen angeboten

Seit den 1990er Jahren sind die Besucherzahlen stetig gestiegen. „Besonders viele hatten wir 2010, da haben wir viermal so viele Führungen angeboten wie sonst“, berichtet Ewald Graf von der Bürgerschaft Margarethenhöhe. Dreimal in der Woche biete der Verein eine Führung für bis zu zwölf Teilnehmer an, möglich gemacht mit Hilfe von Ehrenamtlichen. „Viele Touristen reisen mit Bussen an, für die wir aber immer noch keine Parkplätze haben.“ Das ist auch einer der dringendsten Kritikpunkte von Jürgen Herbst, dem Vorsitzenden der Interessengruppe: „Vor einer solchen Bewerbung muss die richtige Infrastruktur her.“

Weil die Busse nicht parken können - neue Stellplätze sollen auch künftig nicht geplant sein - , führen viele Bustouren direkt durch die Wohnsiedlung. Es sei zudem häufiger passiert, dass Touristen in Wohnungen hineinliefen, weil sie dachten, die ganze Siedlung sei quasi ein lebendiges Museum. „Es gibt viele Bürgerklagen in dieser Richtung“, weiß Bezirksbürgermeister Klaus Persch.

Zu prüfen seien zudem,welche Kosten mit dem Unesco-Status einhergehen, macht Persch deutlich. Denn mit dem Titel des Weltkulturerbes kämen an sich keinerlei finanzielle Vorteile, sprich keine Fördergelder, einher. Vielmehr verpflichte sich damit ein Land, sich intensiv und aus eigenen Mitteln für die Erhaltung der entsprechenden Stätte einzusetzen.

"Die besondere Art, wie sich die Margarethenhöhe entwickelt hat, hat internationale Dimension“

Derzeit steht rund die Hälfte der historischen Bauten auf der Margarethenhöhe unter Denkmalschutz, bauliche Veränderungen sind eng abzustimmen. Die Vorgaben der Unesco könnten aber sehr viel strenger sein. Denn sie könnten sich unter anderem auch auf das Umfeld einer Stätte beziehen, was vor fünf Jahren beim Kölner Dom für Ärger gesorgt hatte. Der hätte seinen Status beinahe verloren, weil er zunehmend von Hochhäusern zugebaut werden sollte.

„Solche Probleme werden wir auf der Margarethenhöhe nicht haben“, sagt Achim Mikuscheit vom Ruhrmuseum. „Um die Höhe herum gibt es einen Grüngürtel, der nach Auflagen der Stiftung von jeder Bebauung freigehalten werden muss.“ Mikuscheit begrüßt die Idee der revierweiten Bewerbung um den Status des Weltkulturerbes. „Die besondere Art, wie sich die Margarethenhöhe entwickelt hat, hat internationale Dimension.“

Auch die Margarethe-Krupp-Stiftung, die sich unter anderem um die Verwaltung und Instandhaltung der Häuser auf der Höhe kümmert, unterstützt die Idee. „Der Besucheransturm 2010 hat gezeigt, wie viele Menschen die Bedeutung dieser Höhe anerkennen“, sagt Thomas Möller, Geschäftsführer der Stiftung. Die Geschichte und Bauart der Siedlung sei besonders und müsse als solche auch gewürdigt werden. „Bis zur Margarethenhöhe gab es Paläste für die Reichen und Mietskasernen für die Armen. Dieser kleine Siedlungsstil war Anfang des 20. Jahrhunderts neu.“