Essen. . In Schuir können Bürger gegen kleines Geld ihre kleine Feldparzelle bestellen, pflegen und Gemüse ernten. Es ist zwar keine neue Idee, aber die Selbstversorgung boomt, wie Bauer Ludger Weber bestätigen kann. Fast 60 Felder hat er vergeben, eine Steigerung von 100 Prozent zum Vorjahr.

Kräht der Hahn auf dem Mist ändert sich’s Wetter – oder’s bleibt wie es ist.

„Nonsens“, sagt Irmgard Ebenfeld und lacht. Von Bauernregeln hält sie nichts, viel dagegen von ihrem kleinen Acker. Auf dem Oberschuirshof hat sie diese Saison erstmals eine Parzelle gemietet. „Über eine überforderte Freundin bin ich dazugekommen“, erzählt sie. Solche Hintergründe kennt Bauer Ludger Weber. Er kam vor vier Jahren auf die Idee, Selbstversorger zu gewinnen, und bisher war die Resonanz verhalten bis befriedigend.

Nun hat er fast alle 60 Felder vergeben, eine Steigerung von 100 Prozent zum Vorjahr, wie er sagt – in Zeiten von Lebensmittelskandalen verständlich. „Die Menschen wollen wissen, woher ihr Gemüse kommt“, sagt er. Rund zwei Drittel der jeweiligen Parzelle (entweder 50 oder 100 Quadratmeter groß) bestellt er, mit Kartoffeln, Salatarten, Kohlsorten, Fenchel und vielem mehr. Das restliche Drittel können die „Feldfreunde“, so nennt er auch das Projekt, selbst gestalten.

Sähen, gedeihen lassen und ernten, damit ist es nicht getan

Bei Irmgard Ebenfeld aus Mülheim-Saarn sieht das letzte Drittel bereits ansehnlich aus. Wie die Pyramide am Louvre in Paris schauen etwa die von ihr geformten Rankgitter aus, die den Zuckerschoten künftig Halt geben sollen. „Die Nachbarn sagen immer, es sähe perfekt aus“, erzählt sie, während sie Herbstastern in den sandigen Lehmboden einsetzt. Diese Meinung teilt sie zwar nicht, aber innerlich freut es sie schon ein bisschen. Dabei hat sie ihrer Ansicht nach nicht den dicksten grünen Daumen: „Von der Großmutter kennen die meisten sowas ja noch, aber alle Kniffe habe ich mir als Kind nicht merken können.“

Und wenn man etwas nicht wisse, fragt man eben den Nachbarn oder Ludger Weber. Der rät, mindestens eine Stunde pro Woche zu investieren. Nicht nur, damit das Feld schön aussieht. Sähen, gedeihen lassen und ernten, damit ist es nicht getan, weiß auch Irmgard Ebenfeld. Sie arbeitet in der Nähe des Flughafens Essen/Mülheim, der ganz in der Nähe liegt. Gerne kommt sie nach getanem Job auf ihr Feld: „Mal um einfach nur eine Stunde den Blick zu genießen und die zweite Stunde um meine Pflänzchen zu hegen.“ Entspannung sei das für sie, ein kommunikativer Ort, an dem „man sich erdet“.

Keine Frage der Gemüse-Preise

Für Ludger Weber ist es dagegen ein angenehmer Nebenerwerb. „Den Menschen geht es nicht ums Günstigersein“, meint er mit Blick auf die Preise im Supermarkt. Den Menschen sei Spaß, gesunde Ernährung und die Arbeit mit den eigenen Händen wichtig. Ein Hektar ist das Anbaugebiet für Laien mittlerweile groß. Um natürliche Feinde wie Rehe oder Kaninchen abzuhalten, ist es eingezäunt. In einer großen Kiste hat Weber Geräte und Gießkasten für die Feldarbeiter deponiert, ein Wasseranschluss ist auch vorhanden. Die von ihm bereits vorgegebenen Kulturen hat er mit Schildern gekennzeichnet: „Nicht alle wissen noch, wie manches Gemüse aussieht“, erklärt er und schiebt nach, dass es eher für Jüngere gedacht sei.

Die Menschen, die auf ihren Feldern wuseln, könnten unterschiedlicher nicht sein: Rentner, Selbstständige, Städter, Singles und Familien. Eine davon ist die Familie Putensen von der Margarethenhöhe. Mit Sohn Thorvid (2) und Tochter Ylva (4) kümmern sich Mutter Michelle und Vater Sven um ihr kleines Ackerland. Noch sind einige Stellen kahl, aber es wird: „Rote Bete, Zucchini, gelbe Bohne und Kürbisse möchten wir später ernten. Hoffentlich klappt’s“, sagt Michelle Putensen. Zwei Wochen waren die Vier im Urlaub und nun ist einiges zu tun: Das Unkraut muss weg. Das ist aber gar nicht so einfach. „Was ist gut, was ist böse?“, fragt sich der Familienvater. Er schaut, wie’s bei den Nachbarn aussieht, während seine Frau gen Kartoffeln schielt: „Auf die freue ich mich besonders“.

Info: Selbstversorgung

Die Idee, die Bauer Ludger Weber vor vier Jahren auf einem Stück Land realisiert hat, ist nicht neu: Bauer Maas in Fischlaken bietet es seit mehreren Jahren an. Besonders schätzen die Nutzer ihre Gestaltungsfreiheit und die Kosten, die im Vergleich zu einer Kleingartenparzelle deutlich geringer sind. Am Oberschuirshof, Schuirweg 61, kosten 50 Quadratmeter Feldfläche von Mai bis Oktober 120 Euro, 100 Quadratmeter 240 Euro. Infos finden sich im Internet unter: www.feldfreunde.de .