Essen. Eine neue EU-Verordnung schreibt vor, dass Speisereste in der Tonne landen. Der Kettwiger Landwirt Einhart im Brahm verwertet den essbaren Müll.
Für die Gäste aufgetischt, nicht angerührt – und ab in den Müll. Täglich wandern noch genießbare Speisen und Salatreste zur Verwertung in Spezialcontainer. Eine neue EU-Verordnung sorgt seit 2006 dafür, dass liebevoll zubereitete Gerichte in Imbissstuben, Kantinen, Pizzerien und Restaurants kein zweites Mal in die Schale und auf den Teller gelangen oder in den Schweinetrögen auf dem Bauernhof landen dürfen. „Bitte packen Sie mir den Schnitzelrest doch für meinen Hund ein“, sagen einige Gäste zum Kellner. Auch das ist laut EU-Richtlinie neuerdings verboten. „Aber es doch noch gut und zu schade zum Wegwerfen“, lautet das verständliche Argument, welches gegen die Regeln der Speiserestentsorgung verstößt.
„Das ist sehr schade und belastet unsere Betriebe mit zusätzlichen Kosten“, weiß auch Christiane Behnke, Vorsitzende der Dehoga in Essen. Was die Mitglieder des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes beklagen, ist jedoch für Entsorgungsbetriebe ein Geschäft: Besondere Behälter für die Lebensmittelentsorgung gehören jetzt zu jedem Gastronomiebetrieb. Und am Ende der Entsorgungskette stehen Biogas und organischer Dünger für die Landwirtschaft.
Mehrere hundert Kilogramm täglich
Zwei Millionen Tonnen Speisereste sind es pro Jahr, die in der Bundesrepublik zur korrekten Verarbeitung anfallen. Auf mehrere 100 Kilogramm schätzen Restaurantbetreiber und Entsorger die Menge, die täglich nach dem Essen in Essen anfällt. „Lebensmittel sind in Deutschland am günstigsten. Darum gehen viele so sorglos damit um, werfen zu viele Speisen weg“, sagt Einhart im Brahm. Der Kettwiger Landwirt hat sich mit der Speiseresteverwertung ein zweites Standbein aufgebaut. „Wir helfen unseren Kunden in der Nachbarschaft und erfüllen dazu die europäischen Vorschriften.“
„Die meisten Speisen, die wir für Büfetts zubereiten, sind gebraten oder gekocht. Wenn diese niemand anfasst, sind sie auch in Ordnung“, beschreibt Christiane Behnke. „Früher haben wir die Hähnchenbollen oder Frikadellen an die Essener Tafel abgegeben. Aber das ist nun absolut tabu. Diese leckeren Sachen gehören nun in den Spezialcontainer.“
Trennung beim Speisemüll
Diese stellt der Entsorger Einhart im Brahm den Betrieben auf den Hof und holt sie gefüllt wieder ab. Und selbst beim Füllen dieser Behälter ist Trennung angesagt – wie bei den bunten Tonnen für Papier, Plastik, Grünschnitt und Restmüll. „Nur Speisereste ohne Verpackung dürfen wir weiter verarbeiten. Für Milchprodukte oder Backreste sind andere Spezialisten zuständig“, beschreibt im Brahm. Allein die abgeschnittenen Endscheiben bei der Toastproduktion füllten täglich viele Tonnen, „weil die Kunden es so gewohnt sind“ – und auch nicht anders kaufen würden.
Auf seinem Hof an der Landsberger Straße kommen die eingesammelten Reste in ein Zerkleinerungswerk, welches „Erbsensuppe“ ausspuckt, wie die Fachleute aus ihrem Verarbeitungsalltag das Produkt beschönigend beschreiben.
"Das stinkt leider auch"
Anschließend wandert diese „Erbsensuppe“ in die Biogasanlage, erzeugt bei der Vergärung Strom. Die Reste aus dieser Anlage kommen als Dünger auf die Äcker. „Das stinkt leider auch, weil es sich um mineralische und organische Substanzen handelt“, erläutert der Landwirt.
Damit nicht so viele Speisereste anfallen, wäre es sicher besser, Büfetts nicht so üppig zu bestücken, Das mögen unsere Gäste aber nicht“, weiß Christiane Behnke von der Dehoga-Kreisgruppe. Den Teller leer essen, wäre ein weiterer Ansatz, Speisereste zu reduzieren. Dass so viele Lebensmittel weggeworfen werden, beklagen Restaurantbesucher, Köche und Verwerter gleichermaßen. Eine Änderung ist bei den niedrigen Lebensmittelpreisen freilich nicht in Sicht.