Essen. . Die Landesregierung will den Islamkunde-Unterricht im kommenden Schuljahr in den offiziellen Fächerkanon aufnehmen. Doch Details sind bisher noch unklar. Größtes Problem ist der Lehrer-Mangel für dieses Fach. Die Uni Duisburg-Essen bildet zurzeit keinen einzigen Pädagogen in dem Fach aus.
Das Fach Islamkunde soll vom kommenden Schuljahr an Bestandteil des regulären Unterrichts werden. Das hat die NRW-Regierung beschlossen. 614 Schüler in Essen werden bereits in deutschsprachiger Islamkunde unterrichtet – als Teil eines „zeitlich nicht befristeten Schulversuchs“, so heißt es offiziell. Während jene, die Erfahrung damit gesammelt haben, für den konsequenten Ausbau des Fachs sind, müssen einige entscheidende Detail-Fragen derzeit noch ohne Antwort bleiben.
„Wenn in Deutschland Religionsfreiheit herrscht, dann muss man auch der muslimischen Gruppe ein Angebot machen“, sagt Klaus Prepens, Leiter der Gesamtschule Bockmühle. In seinem Haus, in dem etwa jeder zweite Schüler Muslim ist, gibt es das Fach seit Jahren. Unterrichtet werden die Jahrgänge neun und zehn.
Es fehlen Lehrer
In den anderen Jahrgängen erhalten muslimische Schüler „herkunftssprachlichen Ergänzungsunterricht“, während nebenan der obligatorische Religionsunterricht abläuft. In den höheren Jahrgängen gibt es auch Praktische Philosophie als Alternative. Zwei Kollegen geben den Islamunterricht, beide verfügten über die entsprechende Ausbildung.
Genau hier sehen viele die ersten Schwierigkeiten, wenn Islamkunde Teil des amtlichen Fächerkanons wird: Es fehlen Lehrer. „Unsere Islamkunde-Lehrerin ist derzeit im Mutterschutz, deshalb gibt es Praktische Philosophie als Ersatz“, berichtet zum Beispiel Udo Brennholt, der Leiter des Nordost-Gymnasiums im Nordviertel. „Lehrer für dieses Fach sind wirklich schwer zu finden.“
Islamkunde ist „geboten und richtig“
Die Uni Duisburg-Essen, als eine der größten Pädagogen-Ausbilder im Land, bildet derzeit keinen einzigen Islamkunde-Lehrer aus. Lediglich in Münster werden derzeit 60 Kandidaten zu Islamkunde-Lehrern geschult. Die Mercator-Stiftung finanziert ein Graduiertenkolleg, bei dem bundesweit sieben Doktoranden in Islamischer Theologie teilnehmen, darunter auch eine muslimische Grundschullehrerin aus Essen (WAZ v. 1. 9. 2011). Die hiesige Schulverwaltung erhebt derzeit den aktuellen Bedarf an künftigen Islamkunde-Lehrern an den Schulen: „Mit einem Lehrer“, heißt es aus vielen Häusern vor allem im Norden, „kämen wir gar nicht aus.“
Auch Udo Brennholt hält ein reguläres Fach „Islamkunde“ für „geboten und richtig“, und Klaus Prepens von der Gesamtschule Bockmühle weist darauf hin, dass sich seine Islamkunde-Lehrer und der evangelische Schulpfarrer regelmäßig absprechen über Themen und Unterrichtsreihen. „So kommt man ins Gespräch“, sagt Prepens. Die religiöse Bildung der nachkommenden Generationen dürfe man nicht länger Vereinen überlassen werden, denen es mitunter an Transparenz mangele.
Beirat soll helfen
Hier steckt das zweite, nicht unerhebliche Problem bei der Ausweitung des Islamunterrichts: Weil die muslimischen Verbände in Deutschland keine anerkannten Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soll ein „Beirat“ installiert werden, dem die inhaltliche Bestimmungen obliegen. Der Beirat soll auch aus Vertretern der muslimischen Verbände zusammengesetzt sein.
Burak Copur, migrationspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Stadtrat, sieht in diesem Beirat „den entscheidenden Faktor, der über das Gelingen des gesamten Projekts entscheiden wird.“ Und Ekkehard Witthoff, schulpolitischer Sprecher der CDU, sieht im NRW-Beschluss nicht weniger als „eine neue Perspektive, für das Fach Religion Konzepte zu erarbeiten.“