Essen. Für drei Ladendiebstähle muss ein 40-Jähriger aus Frohnhausen zehn Monate in Haft. Ohne Bewährung. Konsequenz seines Vorstrafenregisters, das der Drogensüchtige seit seinem 15. Lebensjahr immer wieder erweitert hat.
Eine Art Inventur im strafrechtlichen Lebenswerk des Angeklagten aus dem Stadtteil Frohnhausen erledigte Amtsrichterin Heike Stumm am letzten Gerichtstag des Jahres. Auch der Angeklagte will mit den Altlasten abschließen: „Ich bin jetzt 40 und zigmal hingefallen. Aber ich stehe auch wieder auf.“ Sein Hauptproblem scheint er erkannt zu haben: „Ich muss ein bisschen Führung haben.“
Fünf Anklagen liegen auf dem Richtertisch. Alle stammen aus dem Jahr 2010. In diesem Jahr kam offenbar nichts Neues hinzu, weil der Angeklagte seit Januar zwei frühere Verurteilungen bis zum Jahr 2014 absitzen muss. Im Vergleich zu anderen Fällen ist es nichts Schwerwiegendes, was ihm jetzt vorgeworfen wird. Im August 2010 wollen Polizisten vor dem CVJM-Heim in der City beobachtet haben, wie er einem Mann zwei Bobbles Heroin für 15 Euro verkaufte. Dazu sagt der 40-Jährige nichts. Der Vorwurf wird später eingestellt, weil es auf diese Tat für die Strafhöhe nicht so ankommt.
Tabak für 20 Euro
Den Rest gesteht er: Rasierklingen für 220 Euro bei Kaisers gestohlen, Parfüm für 117 Euro bei Schlecker am Berliner Platz und Tabak für 20 Euro bei „real“ in der Rathaus-Galerie. Eingestellt wird noch ein weiteres Verfahren. Da hatte er in der „Mayerschen“ am Markt schon Hörbücher für den Diebstahl zusammengestellt und die Sicherungsmarken entfernt. Weil er sich aber beobachtet fühlte, zog er ohne die Beute los.
1986, da war er gerade strafmündig, stand er zum ersten Mal wegen Diebstahls vor Gericht. 1991 nennt er als Beginn seiner Drogenabhängigkeit, 1993 verbüßt er die erste Haftzeit. Es ist ein Teufelskreislauf. Haft, Freiheit, Drogen, Straftaten, Haft. Sein Strafregister ist lang: „Ich habe gar nicht gezählt, wie viele Verurteilungen es sind“, sagt Verteidiger Michael Wolf. Therapieversuche gab es reichlich, aber immer scheiterte der Angeklagte an einem Leben ohne Heroin und Kokain. Verantwortlich dafür macht er Schicksalsschläge: Mal hat ihn eine Freundin verlassen, mal ist es der Tod seines Vaters.
Neuer Therapieversuch
Im Februar wird ein neuer Therapieversuch gestartet. Läuft es gut, braucht ein Teil der Strafe nicht abgesessen zu werden. Aus dem Bestätigungsschreiben der Therapieeinrichtung erfährt Richterin Stumm, dass diese den Angeklagten vom Gefängnis abholt. Dieser Service ist wohl notwendig, damit er auf dem Weg vom Knast nicht an alte Freunde gerät und gar nicht in der Einrichtung ankommt. Dem Antrag des Verteidigers, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, kommt sie vor diesem Hintergrund nicht nach: „Er ist zurzeit nicht stabil genug, vielleicht mal nach der Therapie.“ Und so kosten ihn drei Ladendiebstähle tatsächlich zehn Monate Freiheit.