Essen/Gelsenkirchen. .
Ein Raub ohne wirkliches Motiv. Ein Angeklagter, der den Prozessbeteiligten ein Rätsel blieb. Zu drei Jahren Haft wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilte am Freitag das Landgericht Essen einen 33 Jahre alten Gelsenkirchener.
Vorbestraft ist der Arbeitslose nicht. „Er ist direkt in die Schwerkriminalität eingestiegen“, sagte Richterin Gabriele Jürgensen, Vorsitzende der XVII. Essener Strafkammer. Am 1. Februar hatte der Angeklagte um 7.30 Uhr nach eigenen Worten wahllos in der Umgebung seines Hauses in Bulmke-Hüllen ein Opfer gesucht. Der kräftige Mann griff nach einem heute 15-Jährigen, der auf dem Weg zur Schule war, und zerrte ihn in ein Gebüsch. Er drohte ihm mit einem Springmesser und forderte Handy und Portemonnaie des Jungen. Aus Angst gab dieser es ihm. Die schnell alarmierte Polizei fasste den Räuber vor dessen Wohnhaus. In der Hosentasche des Mannes fand sie ein weiteres Messer und einen Elektroschocker.
Es hört sich an wie ein normaler Raub. Aber schon der Kripobeamte, der den 33-Jährigen vernahm, wunderte sich über den Täter: „Der zuvor nicht polizeibekannte Angeklagte war von seiner Tat erschüttert und beeindruckt. Das war sehr ungewöhnlich.“
Angeklagte entschuldigte sich
Psychiaterin Maren Losch nennt zwar die Alkoholsucht des Angeklagten, sieht ihn aber als voll schuldfähig. Denn zur Tatzeit war er nüchtern. Geldnot als Motiv hält sie nicht für plausibel: „Er hatte 50 Euro in der Tasche, sein Dispo-Kredit war noch nicht ausgeschöpft.“ Welche Folgen die Tat für den Jungen hatte, hörte das Gericht auch. Schwerste Ängste überfielen ihn, er traute sich kaum mehr aus dem Haus. Doch als der Angeklagte, der sich zu 600 Euro Schmerzensgeld verpflichtet hatte, zur Entschuldigung die Hand ausstreckte, ergriff der 15-Jährige sie.
Die Kammer sah einen minderschweren Fall und kam so unter die Mindeststrafe von fünf Jahren Haft. Dem Opfer erschien das zu hoch. Nach dem Urteil stand es auf und sprach das Gericht an: „Ich glaube, dass er mit dem Geld für mich genug bestraft ist. Mehr muss nicht sein.“