Essen. Mit englischen Schlagwörtern und Sprüchen versuchen Geschäfte, Kunden zu ködern. Da heißt es etwa “Shop the winter look“ oder “Style and Smile“. Wir haben einen Streifzug durch die Essener Innenstadt unternommen. Dabei ist nicht alles Englische schlecht, sagt ein Sprachwissenschaftler.
Auf der Kettwiger Straße engagiert sich eine Boutique gegen die nächste Grippewelle. Vorbeugend, sozusagen. Man plädiert eindringlich für den Kauf wetterfester Textilien. Ob das aus Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung geschieht, ist fraglich. Jedenfalls klingt es so: „Shop the winter look.“
Auf der Limbecker Straße hat ein Laden den Zwischendurch-Ausverkauf ausgerufen. Denn saisontechnisch gesehen, hängen wir gerade im Niemandsland. Der letzte Sommerschlussverkauf ist lange her, und der Advent hat noch nicht begonnen. Also: „Mid Season Sale!“
Im Einkaufszentrum Limbecker Platz lädt ein Bekleidungsgeschäft zum philosophischen Nachdenken ein; es geht um die eigene Identität. Was Klamotten damit zu tun haben, wird nicht so richtig klar. Aber am Ende, so viel steht fest, müssen wir alle sterben: „Always be yourself, Life ist too short to be anyone else.“
„Coffee of the day“
Es gibt „H&M Man“ (ohne zweites „n“) und Kaffeebuden, die den „Coffee of the day“ propagieren. Ein Filialist teilt auf großen Plakaten mit: „Neu im Store: S.Oliver Shoes und noch mehr Accessories.“ Deutsch und Englisch, ganz wild durcheinanderge-, nun ja: mixed. Crazy oder cool?
„Ganz sicher wollen die Geschäfte nicht die Kunden verbrämen“, sagt Marc André Heistermann, Hauptgeschäftsführer des Essener Einzelhandelsverbandes. Der Trend zum Englisch sei eher „eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung.“ Jedoch räumt Heistermann ein, dass der eine oder andere englische Spruch durchaus „eine Gratwanderung“ darstelle.
„,Shopping’ ist ein Beispiel für einen sinnvollen Anglizismus“
Selbst der bodenständige Textilanbieter „C&A“ kündigt das „Winter Weekend“ an, und der Friseur „Oliver’s Hair“ wirbt mit dem Sonderangebot “Style and Smile – Föhnstyling“ (19 Euro inklusive einem Glas Prosecco). Die durchaus seriöse Schuhfirma „Sioux“ animiert Fußgänger übrigens zu einem Verhalten, das andere Straßenverkehrsteilnehmer durchaus gefährden könnte. „Sioux“ wirbt mit dem Spruch „born to walk wild“. Was auch immer das sein soll – „wildes Gehen“. Ach ja: Am Freitag, 2. Dezember, ist im Limbecker Platz wieder „Latenight Shopping“ bis 24 Uhr.
„,Shopping’ ist ein Beispiel für einen sinnvollen Anglizismus“, sagt Prof. Bernd Rüschoff, Anglistik-Professor der Uni Duisburg-Essen. Denn wer „Shopping“ sage, meine nicht „Einkaufen“. „Shopping ist Herumgehen und Spaß haben, nicht das bloße Bedarfs-Abdecken.“ Niemand sagt „Shopping“ und kauft drei Liter Milch im Supermarkt. Deshalb: „Wenn englische Begriffe Bedeutungslücken füllen“, schlussfolgert Rüschoff, „dann finden sie einen Platz in der deutschen Sprache. Das ist linguistisch nachgewiesen.“ Das funktioniert übrigens auch umgekehrt: Deutsche Autofirmen würden in England gezielt mit deutschen Sprüchen werben – zum Beispiel Audi mit „Vorsprung durch Technik“. „Das Deutsche suggeriert Technikkompetenz“, erklärt Rüschoff.
Trotzdem, findet der Professor, der auch Präsident der „Gesellschaft für Angewandte Linguistik“ ist, gibt es im Gebrauch englischer Werbesprüche „immer wieder Beispiele, bei denen der Schuss nach hinten losgeht.“ Zum Beispiel? „Schuhe bleiben Schuhe und werden keine ,Shoes’.“