Essen.

Während die Findungskommission in enger Abstimmung mit dem designierten Intendanten von Oper und Philharmonie weiter einen künftigen Generalmusikdirektor sucht, beendete Stefan Soltesz die Saison am Aalto-Theater. Miit Wagners „Ring des Nibelungen“.

Am Ende seiner nun 14. Essener Spielzeit als Opernintendant und Generalmusikdirektor (GMD) der Philharmoniker nimmt man mit bereits notorisch guten Besucherzahlen und einer Platzauslastung von über 80 Prozent fast selbstverständlich zur Kenntnis, wovon andere Häuser oft nur träumen. Wer innerhalb von zehn Tagen die Philharmoniker mit Mahlers siebter Sinfonie, Donizettis spritzigem „Liebestrank“ und jetzt mit Wagners Opus magnum vor teils internationalem Publikum erlebte, staunte immer wieder neu über Klangqualität, Nuancenreichtum und Flexibilität, die Soltesz seinem 100-köpfigen „Präzisionsinstrument“ seit 1997 verpasste.

Gastspiele im Ausland

Keine Frage: Man schätzt Soltesz’ Arbeit auch anderswo. Dass man hier eher wenig davon hört, steht auf einem anderen Blatt. Soltesz gehört schließlich zu den Chefs, die überdurchschnittlich viel am eigenen Haus anzutreffen sind. Dennoch: Neben seinen üblichen Gastspielorten wie der Wiener und Hamburgischen Staatsoper gibt es nach Strauss’ „Salome“ in Baden-Baden auch in der kommenden Saison eine Neuproduktion.

Strauss’ „Arabella“ in Budapest. Die Oper, mit der er 1997 seine Essener Ära begann, dirigiert Soltesz danach in Wien. 2013 steht wieder Genf auf dem Programm. Das Stück, das er am Haus des früheren Intendanten der Düsseldorfer Rheinoper, Tobias Richter, neu herausbringt, will Soltesz aber noch nicht nennen. „Nicht bevor es offiziell ist.“ Aber auch die nordeuropäischen Länder und Asien rücken bald näher ins Blickfeld.

Sein Hauptaugenmerk liegt aber auf seinen letzten Essener Spielzeiten. Vier von fünf Neuproduktionen dirigiert der Chef in der kommenden Saison selbst, dazu sechs der zwölf sinfonischen Programme. Im Vergleich müsste der gebürtige Ungar also das Prädikat „fleißig“ bekommen. Wenigstens von der Politik, die ja schließlich die - wenn auch gekürzten - Mittel bereitstellt. Dass man seinen Rat bei der Suche nach einem Nachfolger nicht suchte: geschenkt. „Aber manchmal glaube ich, dass selbst Kulturpolitiker nicht recht verstehen, was hier wirklich gemacht wurde in zwei Jahrzehnten. Vielleicht müsste man auch Politiker wieder schulen, damit die Liebe zu Theater und Musik erweckt wird, aber auch, damit Politik weiß, wohin sie will, jenseits aller Sparbeschlüsse.“

Repertoire- statt Stagione-System

Für das Wagner-Jahr 2013 in Essen plant Stefan Soltesz jedenfalls „Parsifal“. Der fehlt noch im Kanon. Vielleicht gibt es als Kontrapunkt Berlioz „Faust’s Verdammnis“ oder Meyerbeers „Robert le Diable“. Gibt es später ein Wiedersehen in Essen? „Angeblich spricht man davon, aber etwas Konkretes gibt es nicht“, sagt Soltesz. „Allerdings wäre es borniert, nicht wiederzukommen, denn es war eine schöne Zeit hier - und das Publikum mag mich, glaub’ ich.“

Und danach? Das deutsche Repertoire-System mit breit aufgestelltem Spielplan sei weltweit einmalig. Etwas anderes wäre hier schwer durchzusetzen. „Alle Versuche, ein Stagione-System in Deutschland zu etablieren sind gescheitert. Denken Sie nur an Frankfurt vor einigen Jahren. Nach der Rückkehr zum Repertoire brummt die Oper dort wieder.“ Auch für Essen warnt Soltesz davor. Vielleicht, weil sein Intendanten-Nachfolger Hein Mulders aus dem niederländischen Stagione-System kommt. „Die Leute hier wollen nicht nur eine Oper im Monat, sondern Vielfalt.“

GMD-Karussell

Auch ein Generalmusikdirektor sollte Erfahrung mit Opernrepertoire und einer kompletten Konzertsaison haben. „Es gibt gute Dirigenten, gerade in der Generation zwischen 30 und Mitte 40.“ Der Name Cornelius Meister (31), dessen Vertrag als GMD in Heidelberg jetzt bis 2012 verlängert wurde, fiel wiederholt beim Kandidaten-Karussell. Dabei stößt Meister auch beim Orchester auf gute Resonanz. Der 33-jährige Spanier Pablo Heras-Casado dagegen hat sich schon mit Hein Mulders die Probenräume im Aalto angesehen, bevor es einen Agentur-Fototermin in der Philharmonie gab. Sein Lebenslauf liest sich vielseitig. Nur: Bis jetzt ohne Wagner und Strauss auf der Repertoireliste.

Und der ältere aber ungleich bekanntere Thomas Hengelbrock (auch ein Wunschkandidat der Philharmoniker) ist bereits vergeben: als neuer Chef des NDR-Sinfonieorchesters. Gerade gibt er sein Bayreuth-Debüt mit „Tannhäuser“. Ihm wird mit Blick auf Essen in den Mund gelegt: „Hätten sie mal vor zwei Jahren gefragt...“