Es sind immer wieder die Italiener, mit denen der Spanier Guillermo García Calvo in Essen aufhorchen lässt. Denn nach seinem gefeierten Einstand mit Bellinis „Puritani“ in der letzten Saison, später mit Verdis „Nabucco“ oder Puccinis „Bohème“ übernimmt der junge Dirigent nun die musikalische Einstudierung von Gaetano Donizettis komischer Oper „Der Liebestrank“, die in der Inszenierung von Andreas Baesler morgen im Aalto-Theater Premiere hat.

Aber auch an Berlins Deutscher Oper oder in seiner Wahlheimat Wien - in seinem bisherigen Stammhaus, der ehrwürdigen Staatsoper - stehen die romantischen Klassiker wie Rossinis „Barbier“, dessen „Cenerentola“ und neben dem „Liebestrank“ auch Donizettis „Lucia di Lammermoor“ sowie Verdi auf dem Programm.

„Zufall“, sagt der 33-Jährige, der sich auf keinen Fall nur auf dieses Repertoire festlegen will. „Die Italiener sind schön, aber meine Leidenschaft ist die deutsche Oper, Wagner, Strauss.“ Immerhin wird er 2013 im spanischen Oviedo Wagners Opus magnum dirigieren, den „Ring des Nibelungen“. Seine Abschlussarbeit an der Wiener Musikuniversität schrieb García Calvo über „Parsifal“, beim Diplomkonzert dirigierte er die „Tannhäuser“-Ouvertüre im Saal des Wiener Musikvereins. Nach seiner Assistenz bei Ivan Fischer und dessen „Budapest Festival Orchestra“ gab er nicht nur 70 Opern- und Ballett-Abende an der Staatsoper , sondern gastiert in regelmäßigem Wechsel zwischen Berlin, Hamburg, seiner spanischen Heimat - und bis zum Ende der Saison eben auch in Essen.

Zwischenzeitlich handelte man ihn bereits als potenziellen neuen ersten Kapellmeister, eine Position, die auch in der nächsten Spielzeit am Aalto weiter vakant ist. Denn offensichtlich schien nicht nur Opernchef Stefan Soltesz zufrieden zu sein mit der Arbeit seines Gastdirigenten. Auch von den Essener Philharmonikern war nur Positives über García Calvo zu vernehmen.

So wunderte es bei der Lektüre der neuen Saisonvorschau der Oper, dass der Name des Spaniers nicht mehr auftaucht. Dabei steht eine Wiederaufnahme-Serie des neuen „Liebestranks“ bereits im Herbst auf dem Programm. Terminschwierigkeiten? „Ja.“ Aber Garcia Calvo übt sich in spanischer Vornehmheit. Allerdings wäre es nicht das erste Mal, das Künstler-Anfragen aus der Essener Oper erst buchstäblich in letzter Minute eingehen. Ungewöhnlich für ein Haus in der obere Liga, zu denen Essen seit langem zählt. Denn dort plant man gewöhnlich ein bis drei Jahre im Voraus. Enttäuschung? Die lässt ein echter Spanier sich sicher nicht anmerken. Garcia Calvo schwärmt vielmehr von der künstlerischen Qualität, der guten Atmosphäre, aber auch vom Aalto-Bau mit seinen edlen Formen und der hervorragenden Akustik. Und außerdem hat er auch in der kommenden Spielzeit viele Engagements, auf die er sich konzentrieren wird.

Zieht er also das Gastieren und Projektarbeit vor? Nein, eine Stelle als Kapellmeister oder als Chefdirigent könne er sich auf jeden Fall vorstellen. „So kann man sich künstlerisch entfalten, das gesamte Programmspektrum intensiv erarbeiten und gestalten.“

Bis Mitte Juli bleibt Guillermo Garcia Calvo in Essen. Dann will er auch die Stadt und die Umgebung kennen lernen. Denn dafür bleibt in der Probenphase kaum Zeit.

Die Premiere ist am 2. Juli, 19 Uhr, im Essener Aalto-Theater. Info und Karten: Tel.: 0201/81 22 200