Essen. Messer unter Jugendlichen werden in Essen zunehmend zum Problem. Der Betreiber eines Waffengeschäfts weiß, wo Minderjährige sich Waffen besorgen.
Nachdem ein 13-Jähriger in Dortmund einen Mann erstochen haben soll, spitzt sich auch in Essen die Debatte zu: Schuldezernent Muchtar Al Ghusain bezeichnet Messer an Schulen als „traurige Realität“, Oberbürgermeister Thomas Kufen fordert einschlägige Sicherheitskonzepte für Schulen.
Nachgefragt in einem Essener Sportwaffengeschäft im Bereich der Innenstadt, macht sich das Interesse an Messern unter jungen Leuten hier kaum bemerkbar. Ganz im Gegenteil: Laut einem Verkäufer, der weder seinen eigenen noch den Namen des Geschäfts veröffentlicht wissen möchte, interessieren sich Jugendliche viel eher für Schusswaffen als für Messer.
„Tut es doll weh, wenn man getroffen wird?“
Zwar dürfe er weder Schusswaffen noch Messer an Minderjährige verkaufen, grundsätzlich dürfen sie den Laden aber betreten. Schließlich werden auch Taschen oder Airsoft-Pistolen angeboten, die schon an Interessierte ab 14 Jahren verkauft werden.
Häufig halten sich die Jugendlichen beim Besuch des Ladens trotz der Altersbeschränkung vor der Vitrine mit echten Pistolen auf. Dann stellen sie Fragen wie: „Tut es doll weh, wenn man getroffen wird?“ Bei Messern stelle niemand diese Frage. „Es ist allen klar, dass ein Messer tödlich sein kann.“
Essener Sportwaffengeschäft: Die (jugendliche) Faszination mit Waffen
In besagtem Laden stehen Exemplare in einer Preisspanne von 14,95 bis 299,95 Euro zum Verkauf. Je aufwendiger produziert, desto teurer. Genau da liege für den Verkäufer auch die Faszination: Ein Messer sei wie eine Uhr, der Aufbau hochwertigerer Exemplare so spannend wie ein Uhrwerk.
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Zur Demonstration nimmt er eines zur Hand, das sich mithilfe einer Feder im Innengehäuse auf Knopfdruck öffnen und wieder schließen lässt. Die routinierte Bewegung und wie schnell die Klinge aus der Halterung geschossen kommt, wirken beinahe bedrohlich. Solche Einhandmesser sind außerhalb der eigenen vier Wände verboten, es sei denn, es liegt ein begründetes Bedürfnis vor, wie etwa bei einem Handwerker, der ein Teppichmesser mitführt.
„Messer sind nicht dazu da, jemandem wehzutun. Das sind Werkzeuge“, sagt der Verkäufer. Und auch bei den Jugendlichen, die hin und wieder zum Gucken ins Geschäft kommen, sieht er häufig weder das Interesse, jemandem wehzutun noch überhaupt ein ernsthaftes Kaufinteresse. „Es handelt sich um Neugierde oder eine Faszination für das Thema“, schätzt er.
Wie gefährlich sind Messer?
Im Sportwaffengeschäft „Waffen Isenberg“ an der Steeler Straße spielt der Verkauf von Messern laut Mitinhaber Christoph Küttner keine bedeutende Rolle. Der Laden ist auf Jagdwaffen spezialisiert. Aus Überzeugung biete das Geschäft nur einige wenige Messer an.
„Ein Messer ist fast gefährlicher als eine Schusswaffe“, sagt Küttner. „Damit kann man ganz schnell ganz schlimme Verletzungen anrichten.“ Die Hauptzielgruppen des Geschäfts seien einerseits Jäger, andererseits Menschen, die sich schützen wollen.
Letztere kommen laut Küttner nach einem Einbruch oder Gewaltübergriff, um sich mithilfe eines Messers ein subjektives Gefühl von Sicherheit zurückzuholen. Weil ein Messer für den Selbstschutz jedoch das gefährlichste Mittel der Wahl sei, raten die Angestellten davon ab. „Gehen zwei mit dem Messer aufeinander los, stirbt der eine vor Ort und der andere auf dem Weg ins Krankenhaus“, so Küttner.
Statt im Sportwaffengeschäft bestellen Jugendliche ihre Waffen online
Jugendliche kommen laut dem Inhaber selten. Hin und wieder schauen sie durch die Scheibe, das seien dann meist Jungs und junge Männer. Am Reinkommen werden sie vom Inhaber und den Angestellten aber konsequent gehindert. Küttner weiß jedoch: „Das Internet hat keine Grenzen.“ Hier werden Interessierte im Zweifelsfall fündig.
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Zwar gebe es manchmal eine Ausweisüberprüfung, doch diese Barriere könnten Festentschlossene mit der Ausweisnummer eines Elternteils schnell überwinden. „Früher kamen hier reihenweise Jungs am Tag ihres 14. Geburtstags, um sich Airsofts zu kaufen“, berichtet Küttner. Airsofts gibt es im „Waffen Isenberg“ schon lange nicht mehr. Das Interesse habe nicht nachgelassen, Jugendliche bestellen heute einfach online.
„Man wird Jugendliche nicht von Messern fernhalten können, unabhängig von der Gesetzeslage“, sagt Küttner. Schließlich seien Küchenmesser weiterhin frei verkäuflich. Und die richten laut dem Experten weit größeren Schaden an als beispielsweise Taschenmesser. Eine Frage der Klingengröße.
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