Essen. Ein erfahrener Sozialarbeiter bestätigt: Es sind immer häufiger Messer im Spiel. Die Schulen seien mit dieser Entwicklung „faktisch überfordert“.
Mit der jüngsten Offensive der Essener Stadtspitze gegen zunehmende Messergewalt wird das Rad der Vorbeugung nicht neu erfunden: Um der Kinder- und Jugendkriminalität mit all ihren Facetten und vereinten Kräften etwas entgegensetzen zu können, haben das Essener Jugendamt, die Polizei und die Wohlfahrtsverbände bereits vor über 30 Jahren damit begonnen, kriminalpräventive Netzwerke aufzubauen.
Und reichlich Erkenntnisse sammeln können: Überall dort, das heißt in den fünf Stadtteilen Altenessen, Katernberg, Borbeck, Altendorf und dem Nordviertel, „nehmen wir eine deutliche Zunahme der Gewalt wahr“, sagt Thomas Rüth, Abteilungsleiter
ambulante Jugendhilfe, Kriminalprävention und Quartiersentwicklung bei der Caritas-SkF-Essen gGmbH (CSE): „Dabei sind immer häufiger Messer im Spiel, das macht mir große Sorgen.“
Ein falsches Signal in Richtung der Täter
Vor diesem Hintergrund hält Rüth die Ankündigung von Oberbürgermeister Thomas Kufen, in den kommenden Wochen Messerverbotszonen prüfen und letztlich überwachen zu lassen, für den richtigen Schritt. Die Schulen seien mit der Messer- und Gewalt-Problematik zunehmend überfordert. Wenn Straftaten nicht konsequent angezeigt werden, ist das schon von Kindesbeinen an ein fatales Signal in Richtung der Täter. Deshalb sei es richtig, dass Kufen angekündigt habe, gemeinsam mit der Polizei auf die Lehrerschaft zugehen zu wollen, so Rüth. An einigen Brennpunktschulen sei dies allerdings auch schon erprobte Praxis, andere hätten hingegen noch Nachholbedarf.
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„Wir müssen begreifen, dass die Zeiten, als Klassenzimmer eine pädagogische Einheit in einem geschlossenen und geschützten Raum waren, vorbei sind“, mahnt der Experte für Kriminalprävention: „Die Probleme in den Stadtteilen machen nicht vornehm vor den Schultoren halt.“ Erzieher und Erzieherinnen wie Lehrer und Lehrerinnen fühlten sich damit immer mehr alleingelassen. Die Schulen seien mit der Entwicklung „faktisch überfordert“.
Keine Prävention ohne Sanktion
Die wichtigste Erkenntnis aus drei Jahrzehnten Essener Kriminalprävention ist für Thomas Rüth: „Sie kann nur gelingen, wenn auch Sanktion funktioniert.“ Kinder wie Jugendliche müssen konsequent die Erfahrung machen, dass dissoziales Verhalten und Delinquenz bestraft und ihnen Grenzen gesetzt werden. In den in Essen entwickelten Konzepten sei grundsätzlich der Zweiklang zwischen „Fördern und Fordern“ das Grundprinzip. Wer Kinder und Jugendliche sanktioniere, müsse ihnen und ihren nicht selten überforderten und manchmal auch gleichgültigen Eltern Hilfen anbieten. Dies gelinge nur durch das enge Zusammenwirken verschiedener Akteure, so Rüth: „Wir müssen die vorhandenen und durchaus gelingenden Sozialisationskonzepte quantitativ ausbauen und finanziell absichern.“ Es existierten bereits gute Strategien und Ideen. Was das angehe, müsse das Rad in Essen nicht neu erfunden werden.
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