Essen-Bergerhausen. Die Aktion Mensch hat ihr Konzept für inklusives Wohnen auf dem Grundstück in Bergerhausen vorgestellt. Jetzt ist die Politik am Zuge.
Ihr Konzept für die Nutzung des Geländes der alten Kunstwerkerschule in Essen-Bergerhausen hat jetzt die Aktion Mensch vorgestellt und dafür viel Beifall bekommen. Sie möchte dort inklusive Wohnmöglichkeiten in flexiblen Modulbauten schaffen, die man wie Legosteine zusammensetzen kann. Die Rede ist von einer Investitionssumme von 11,5 Millionen Euro.
Trotz Schneefalls war bei der Bürgerinformation im Zentrum für inklusive Kultur auf der Billebrinkhöhe der Raum gut gefüllt. Unter den Besuchern auch zahlreiche Mandatsträger der Parteien, die sich im Vorfeld der Sitzung des Planungsausschusses am Donnerstag (18. Januar) informierten.
Es geht auch um den Erhalt der Essener Kunstwerkerschule
Der von der ehemaligen Grünen-Politikerin Maria Lüttringhaus gegründete Verein „Emma + Wir“ hatte eine Machbarkeitsstudie für ein inklusive Wohnprojekt angestoßen, als klar war, dass die Stadt das Gelände an der Kunstwerkerstraße 98 verkaufen will.
130.000 Euro für die Studie hatte die Aktion Mensch beigesteuert. „Dann waren wir von dem Projekt so begeistert, dass wir uns überlegt haben, in diesem Fall als Investoren aufzutreten“, erklärt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. Als Partner sei auch der Essener Unternehmer und Eigentümer der Seniorenwohnungen im Schürmannhof, Dieter Ochel, mit im Boot.
„Viele Menschen mit Behinderung suchen eine passende, barrierefreie Wohnung. Ein solches Projekt würde hier sehr gut hinpassen“, so Christina Marx. Sollte man den Zuschlag bekommen, werde man mit einem Träger aus dem Bereich der sozialen Arbeit, zum Beispiel der Verein „Emma + Wir“ oder der Inclusio Vio gGmbH, zusammenarbeiten, über den dann auch die Vermietung laufen werde.
Bei der Erstellung des Konzepts sei man von der Aufhebung des Verkaufsstopps für das Gelände überrascht worden, so Stefan Winking, Projektentwickler Immobilien der Aktion Mensch. Es habe zwischen Juni und Oktober 2023 fertiggestellt werden müssen, um die Unterlagen pünktlich einreichen zu können.
Auf dem Areal zwischen Ruhrallee und Siepental könnten nach dem Konzept auf rund 3400 Quadratmetern Fläche 14 Wohnungen für 42 bis 45 Menschen jeden Alters, mit und ohne Behinderung, entstehen; 30 Prozent davon als Sozialwohnungen.
Das Konzept beinhaltet fünf verschiedene Gebäudetypen, die von den Architekten von Futur2K und Arup entwickelt wurden. Die Besonderheiten des Geländes mit sieben Meter Gefälle könnten durch die bodenschonende Aufständerung der Gebäude ausgeglichen werden, betonen sie. Durch die aufgeständerten Module müsse man kaum ins Erdreich eingreifen und könne den alten Baumbestand weitgehend erhalten, so Stefan Winking.
Das alte Schulgebäude, ein Klinkerbau von 1916, soll nach dem vorliegenden Konzept der Aktion Mensch erhalten werden – auch wenn es laut einem von der Stadt vorgelegten Gutachten stark von „echten Hausschwamm“ befallen ist. „Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass eine Instandsetzung möglich ist“, sagt Winking und bedauert, dass die Stadt eine Begehung des Gebäudes seitens der Investoren abgelehnt habe.
Das Gelände soll für die Bergerhauser Bürger wieder begehbar sein
In dem alten Schulgebäude könnten Gemeinschaftsräume, Räume für stationäre Pflege, Massage oder Physiotherapie entstehen. Auch ein kleines Café, eine Art Dorfplatz als Treffpunkt für die Nachbarn und eine Kita seien angedacht. „Wir wollen das Gelände für die Bergerhauser öffnen, aber keine Besucherströme von weither anlocken“, so Maria Lüttringhaus, die sich seit der Parkinson-Erkrankung ihrer inzwischen verstorbenen Tochter Emma für inklusive Wohnprojekte engagiert.
Damit geht sie auf die Frage ein, welchen zusätzlichen Verkehr ein solches Wohnprojekt anlocken würde. Auf der Rückseite der Schule sollen 22 Pkw-Parkplätze und 57 Fahrradparkplätze entstehen, zum Beispiel für die Assistenten der Menschen mit Behinderung. Über weitere Stellplätze im Umfeld könne man zum Beispiel mit dem Betreiber der nahen Finca Bar Celona, sprechen. „Die Menschen, die dort einziehen würden, haben eher keine eigenen Autos“, sagt Maria Lüttringhaus.
Bei den anwesenden Bürgern und Politikern kam das Projekt gut an. Auf Unverständnis stieß die Meldung, dass die Politik in der Ausschusssitzung am 18. Januar auf Initiative der Stadt die Bewertungs-Kriterien für den Zuschlag ändern sollte: Danach will man den Abriss des Schulgebäudes bevorzugen. Bisher hatte es geheißen, dass Konzepte, die den Erhalt des stadtteilprägenden, aber nicht denkmalgeschützten Gebäudes vorsehen, in der Bewertung besser abschneiden.
Aktion Mensch hält Sanierung des alten Schulgebäudes für möglich
Genau darauf basiert das Konzept der Aktion Mensch, die das Schulgebäude auch aus Nachhaltigkeitsgründen sanieren will. Trotz der geplanten Änderung: „Wir werden nicht aufgeben und prüfen, welche weiteren Möglichkeiten wir haben“, so Christina Marx. „Wir könnten ja zusichern, dass wir in Sachen Schwammbeseitigung das komplette finanzielle Risiko tragen.“
Heinz Schnetger, für die SPD als sachkundiger Bürger im Planungsausschuss, bedauert wie seine Parteikollegen, dass die Politik nicht umfassend informiert worden sei. Man wisse nur vom Hörensagen, dass es drei mögliche Investoren gebe. Die anderen beiden Konzepte seien den Politikern nicht bekannt und das der Aktion Mensch auch nur, weil diese es selbst öffentlich gemacht habe. Dem Vernehmen nach sollen die beiden anderen Konzepte einmal den Erhalt der Fassade und einmal den kompletten Abriss des Schulgebäudes vorsehen.
Philipp Rosenau, für die SPD im Planungsausschuss, betonte, dass man städtische Gelände wie das an der Kunstwerkerstraße nicht mehr an den meistbietenden Investor veräußern, sondern verstärkt soziale Aspekte berücksichtigen wolle.
Anwesende Politiker sehen noch Informationsbedarf
Geht es nach den anwesenden Politikerinnen und Politikern, besteht noch deutlicher Beratungsbedarf, wie Wolfgang Freye von den Linken betonte. „Die Vorlage ist so nicht beschlussfähig“, findet er. Seiner Meinung nach enthält das von der Verwaltung vorgelegte Gutachten keine eindeutige Handlungsempfehlung. Der Erhalt des Schulgebäudes sei weiter möglich, stehe aber nicht mehr im Vordergrund.
Angesichts der schwarz-grünen Mehrheit im Ausschuss könnte der Klärungsbedarf der anderen Parteien aber folgenlos bleiben. Bis zum Redaktionsschluss war die Entscheidung im Planungsausschuss noch nicht gefallen.
Wer die Veranstaltung, vielleicht auch wegen des Schneefalls, nicht besuchen konnte oder sich weiter informieren will, kann am Mittwoch, 24. Januar, 18 Uhr, an einer Zoom-Konferenz teilnehmen: Hier die Einwahldaten: Meeting-ID: 893 2744 1112, Kenncode: 501484.
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