Essen-Bergerhausen. Der Planungsausschuss hat einen Verkaufsstopp für das Areal der alten Kunstwerkerschule beschlossen. Das hat Konsequenzen für Interessenten.
- Der geplante Verkauf des Geländes an der Kunstwerkerstraße ist erst einmal gestoppt.
- Das gibt Investoren und Initiativen mehr Zeit.
- Die politischen Reaktionen sind unterschiedlich.
Gute Nachrichten für die Initiative „Emma und wir“, die auf dem Gelände der alten Schule an der Kunstwerkerstraße in Essen-Bergerhausen ein inklusives Wohnprojekt mit flexiblen Mikrohäusern errichten möchte: Die Stadt wird das Gelände vorerst nicht verkaufen. Was das für die Initiative und andere Interessenten bedeutet.
Der Planungsausschuss hatte in seiner letzten Sitzung mehrheitlich beschlossen, die Vermarktung des Geländes für maximal zwei Jahre auszusetzen. In dieser Zeit könnte dort sowieso nicht gebaut werden, weil die Stadtwerke vor Ort neue Kanäle verlegen. „Wir freuen uns natürlich, dass der Verkauf, wie von uns erhofft, erst einmal ausgesetzt ist und damit Zeit gewonnen wird, eine unter sozialen Gesichtspunkten sinnvolle Lösung zu finden, statt an den finanzkräftigsten Investor zu verkaufen“, freut sich Maria Lüttringhaus.
Das Gelände der alten Schule an der Kunstwerkerstraße in Essen soll bebaut werden
Die ehemalige Grünen-Politikerin und Initiatorin von „Emma und wir“ hatte auch das „Lüttring-Haus all inklusive“ in Frohnhausen, eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung, gegründet. Anlass war damals, dass ihre inzwischen verstorbene Tochter Emma als Kind an Parkinson erkrankte und seitdem auf Betreuung angewiesen war. Für das Areal an der Kunstwerkerstraße läuft eine Machbarkeitsstudie, die zeigen soll, was auf dem Gelände zwischen in der Nähe von Siepental und Ruhrufer möglich ist. Im kommenden Jahr sollen dazu Ergebnisse vorliegen.
Die Initiative möchte auf dem Gelände Modulbauten für Menschen unterschiedlichen Alters mit und ohne Behinderung errichten und das alte Schulgebäude als Treffpunkt erhalten. Für das Projekt will die Aktion Mensch Fördergelder in Höhe von 130.000 Euro bereitstellen.
Ihre Ideen stellte die Initiative jetzt an der Kunstwerkerstraße vor. „Es waren sehr viele Menschen da, die sich für das Projekt interessieren“, berichtet Maria Lüttringhaus, die die Pläne gemeinsam mit Architekten und Vertretern der involvierten Firmen mit einem Modell und Skizzen präsentierte und diskutierte. Dabei sei auch über Sorgen der Anwohner gesprochen worden, die sich Gedanken über die Parkplatzsituation und mögliche Belastungen durch die Baustelle machten. „Wir haben das alles notiert“, so Lüttringhaus.
Ihr liegt daran, eine breite Diskussion zur Nutzung des Geländes anzustoßen und möglichst mehrere mögliche Investoren zu finden. „Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.“ Der aktuelle Beschluss sei jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Linke begrüßt die Entscheidung des Ausschusses für den vorübergehenden Verkaufsstopp
Die Ratsfraktion „Die Linke“ begrüßt die Entscheidung des Ausschusses, auch wenn damit keine Vorentscheidung für den Verkauf des Grundstücks oder eine inhaltliche Vorgabe verbunden sei. Für das Areal gebe es offensichtlich mehrere Interessenten. Wolfgang Freye sitzt für die Linke im Planungsausschuss: „Wir halten das Projekt der Initiative ,Emma und wir‘ für unterstützenswert, weil es viele Vorteile mit sich bringt. Zum einen gibt es in Essen einen großen Bedarf an inklusiven Wohnungen. Außerdem könnten so sowohl das historische Schulgebäude als auch der überwiegende Teil des alten, fürs Stadtklima wertvollen Baumbestandes erhalten bleiben.“
„Der von der damaligen Großen Koalition von CDU und SPD vor vier Jahren beschlossene Bebauungsplan ermöglicht sowohl den Erhalt wie auch den Abriss des Gebäudes. Ein möglicher Investor könnte auch das ganze Grundstück mit mehreren Riegeln Neubauten zubauen“, so Freye. Deshalb habe die Linke den damaligen Beschluss nicht mitgetragen.
Auch die Bezirksvertretung II hatte damals wegen der möglichen Versiegelung und der Zunahme des Verkehrs Bedenken gegen den Bebauungsplan angemeldet. „Mit dem Projekt der Initiative ,Emma und wir‘ kann der Wunsch der Menschen vor Ort berücksichtigt werden und das Grundstück trotzdem sinnvoll genutzt werden“, so Freye. „Eigentlich eine Win-Win-Situation für alle. Wir hoffen, dass es klappt.“
Allerdings bleibe die Frage nach der Finanzierbarkeit. Das sieht auch die SPD so, die im Ausschuss nicht für den von CDU und Grünen eingebrachten Antrag auf den vorübergehenden Verkaufsstopp gestimmt, sondern einen eigenen Antrag eingebracht hatte, der allerdings durchfiel.
Die SPD plädiert für ein offenes Vermarktungskonzept
Die SPD wollte ein breit angelegtes, für alle offenes Vermarktungskonzept für das Grundstück aufstellen lassen. Das sollte nicht auf eine bestimmte Nutzung des Areals, sondern auf die qualitative und gemeinwohlorientierte Entwicklung des Quartiers abzielen. Mit den Wohlfahrtsverbänden sowie weiteren Akteurinnen und Akteuren sollten Gespräche über die mögliche Realisierung sozialer Infrastruktur an diesem Standort geführt werden, so der Wunsch der SPD.
Philipp Rosenau, planungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Wir sind keine Fans von Höchstpreisvergaben und stehen karitativen Konzepten durchaus offen gegenüber. Man muss aber vergaberechtlich sauber bleiben und kann nicht Einzelnen ein Exklusivrecht einräumen.“ Wichtig sei jetzt, dass der zweijährige Verkaufsstopp keine Pause bedeute, sondern dass in der Zeit weiter am Konzept gearbeitet werde.