Essen-Bergerhausen. Die Stadt will das Gelände in Bergerhausen für Wohnbebauung vermarkten. Vorrang sollen Konzepte haben, die das historische Gebäude einbeziehen.
Nach jahrelangen Diskussionen kann die Vermarktung des Geländes der alten Schule an der Kunstwerkerstraße 98 in Essen-Bergerhausen jetzt offenbar beginnen. Auf dem Grundstück soll Wohnbebauung entstehen. Der Rat hat jetzt nach Informationen dieser Zeitung im nicht öffentlichen Teil der letzten Sitzung einem Zusatzantrag von CDU und SPD zugestimmt, dass Investoren bevorzugt werden sollen, die das historische Schulgebäude oder zumindest dessen Fassade erhalten wollen.
Der Verwaltungsvorlage sei mehrheitlich zugestimmt worden, allerdings ebenfalls einem Antrag von SPD und CDU, bestätigt Stadtsprecherin Silke Lenz, ohne auf die Inhalte einzugehen.
Der Bürgerverein Bergerhausen, die Bezirksvertretung II und eine Bürgerinitiative hatten sich seit Jahren für den Erhalt des alten Schulgebäudes eingesetzt und für eine Instandsetzung und Neunutzung des Hauses plädiert. Mit Aktionen, Unterschriftensammlungen und einer Lichterkette machten sie ihrem Ärger Luft, dass die Stadt das Gelände ausschließlich für Wohnbebauung vermarkten wolle – ohne Rücksicht auf den historischen Schulstandort, das markante Gebäude und den alten Baumbestand auf dem Gelände.
Das Schulgebäude oder zumindest die Fassade sollen stehen bleiben
Jetzt hat der Rat nach Informationen dieser Zeitung auf Antrag von CDU und SPD beschlossen, dass die Verwaltung beim Verkauf des 3340 Quadratmeter großen Geländes solche städtebaulich-architektonischen Konzepte als höherwertig einstufen solle, die das alte Schulgebäude erhalten. „Wenn das technisch nicht gehen sollte, soll zumindest die Fassade stehenbleiben“, so CDU-Ratsherr Hans-Peter Huch auf Anfrage dieser Zeitung.
SPD-Ratsfrau Janina Herff-Stammen aus Bergerhausen begrüßt den Beschluss, mit dem man auf die Proteste der Bürger und der Bezirksvertretung eingegangen sei. „Das ist jetzt erstmal eine gute Lösung und vergrößert die Chance, dass das Gebäude tatsächlich erhalten bleibt.“ Bestenfalls gebe es am Ende dann doch noch eine Lösung mit einer Kita. Jetzt müsse man abwarten, welcher Investor sich finde. Danach werde das Thema noch einmal im Rat behandelt, um zu schauen, ob man das Konzept gut für den Stadtteil sei.
Wolfgang Pfotenhauer, Vorsitzender des Bürgervereins Bergerhausen, wertet die aktuellen Informationen als kleinen Erfolg: „Das ist doch schon mal was. Wir wären auf jeden Fall froh, wenn das Gebäude stehen bleibt.“ Er hatte immer wieder betont, dass es ihm nicht um den „Erhalt der Steine“ dort gehe, sondern um den Bildungsstandort, da Schul- und Kindergartenplätze im Stadtteil dringend benötigt würden.
Im Laufe der Jahre hatten sich verschiedene Interessenten gemeldet
Im Laufe der vergangenen Jahre hatte es mehrere Interessenten geben, die an der Kunstwerkerstraße eine weitere Schulnutzung oder die Einrichtung einer Kita anstrebten. „Wir können nicht verstehen, was gegen die Lösung mit dem Investor Dieter Ochel gesprochen hat. Er wollte das alte Schulgebäude renovieren und dort eine Kita einrichten. Dieser Vorschlag fand kein Gehör, obwohl doch Kinderbetreuungsplätze gebraucht werden“, so Wolfgang Pfotenhauer damals. Der Rat hatte im Juli 2019 beschlossen, das Gelände für Wohnbebauung zu vermarkten. Der Bürgerverein und andere Gruppen im Stadtteil wünschten sich dagegen ein Wohn-Mischgebiet, wo zusätzlich Einrichtungen wie Schule, Kita oder ein Ort der Begegnung entstehen könnten.
In Steele gibt es einen vergleichbaren Fall
In Steele gibt es einen vergleichbaren Fall. Auch dort gab es Proteste, als der Abriss des alten Atelierhauses am Äbtissinsteig im Raum stand. Das Gebäude wurde früher ebenfalls als Schule genutzt.
Dort hat die Stadt jetzt einen Investor gefunden, der auf dem Gelände eine Kita errichten, das Atelierhaus aber erhalten und zu Wohnungen umbauen will. Ein Dringlichkeitsantrag von CDU und SPD im Rat hatte Ende 2018 dafür gesorgt, dass das Haus nicht abgerissen werden durfte und fortan fester Bestandteil künftiger Nutzungskonzepte sein sollte.
Auch der Verein Freie Alternative Schule Essen hatte Interesse an dem alten Schulgebäude bekundet, wollte es als Bildungsstandort erhalten und dort eine Freie Reggio-Schule einrichten. Allerdings war zu dem Zeitpunkt die Entscheidung für den Wohnungsbau in Form von Eigenheimen oder Geschosswohnungsbau bereits gefallen, die Offenlegung der Pläne hatte bereits stattgefunden. Planungsrechtlich sei sowohl der Erhalt als auch der Abriss des historischen, aber nicht denkmalgeschützten Schulgebäudes möglich, hieß es damals.
Viele Bürger empfinden das Schulgebäude als prägend für den Stadtteil
Die deutsch-bulgarische Elterninitiative „Rodina“ hätte gern Räume im Gebäude für den Bulgarisch-Unterricht genutzt. Die Mitglieder hatten gehofft, dass das Haus möglicherweise zu einem Bürgerzentrum umgebaut werden würde und sie dann dort Räume anmieten könnten.
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Das alte Schulgebäude von 1922 steht nicht unter Denkmalschutz, wird aber von vielen Bergerhausern als prägend für den Stadtteil angesehen. Über 25 Jahre hatte dort der zeitgenössische Maler und Bildhauer Jürgen Paas gearbeitet, der auch gern dort geblieben wäre.