Essener Nordviertel/Huttrop. Ramona Kosobudzki leitet die Kantine im Haus des Handwerks und bietet Catering an. Das erfordert gute Organisation. Sie hat noch weitere Pläne.

  • Essenerin betreibt die Kantine im Haus des Handwerks.
  • Dazu hat sie einen Catering-Service aufgebaut und bekocht Obdachlose.
  • Das Ehrenamt hat sich in der Corona-Zeit ergeben.

Was Ramona Kosobudzki an einem Tag alles schafft, ist schon erstaunlich. Die alleinerziehende Mutter führt die Kantine im Haus des Handwerks im Essener Nordviertel, bietet Ruhrpott-Catering an, hat ein zeitaufwendiges Ehrenamt – und weitere Pläne.

Ramona Kosobudzki ist ein echtes „Ruhrpottkind“. „Ich bin in Essen in einer Zechensiedlung aufgewachsen, mein Vater war Schrotthändler“, erzählt die 43-Jährige. Eigentlich wollte sie Ärztin werden. „Aber dann bin ich mit dem Erstbesten durchgebrannt“, erzählt sie und lacht dabei. Mit 20 habe sie einen Aushilfsjob in einer Kantine angenommen, sei dort eigentlich als ungelernte Kraft zum Putzen eingeteilt worden, habe weitere Aufgaben übernommen und Spaß daran gefunden.

Essenerin kannte die Kantine im Haus des Handwerks schon von früher

„Dann habe ich den Koch geheiratet. 2004 haben wir uns mit der Kantine im Haus des Handwerks selbstständig gemacht“, sagt sie. 2008 kam der gemeinsame Sohn zur Welt, 2015 trennte sich das Paar. Ramona Kosobudzki bildete sich weiter, wollte mit einem Fußpflegestudio auf eigenen Beinen stehen. „Ich musste ja schauen, dass ich als alleinerziehende Mutter klarkomme.“

Als 2018 die Anfrage aus dem Haus des Handwerks kam, ob sie nicht in die Kantine zurückkommen und diese übernehmen wolle, sagte sie zu, auch weil sie aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter als Fußpflegerin arbeiten konnte. „Es gab einen fliegenden Wechsel. Mein Ex-Mann schied aus, ich habe die Kantine im September 2018 übernommen. Das war natürlich praktisch, weil ich ja alles schon kannte.“

Seitdem bietet sie für die Auszubildenden und Beschäftigten in den Werkstätten an der Katzenbruchstraße Frühstück und Mittagstisch an – zwei Gerichte, eines mit Fleisch, eines vegetarisch oder vegan. „Auf Schweinefleisch verzichte ich dabei komplett“, erklärt sie. Unterstützt wird Ramona Kosobudzki von zwei fest angestellten Kräften und fünf Mini-Jobbern. Von 8 bis 14 Uhr laufe der Kantinenbetrieb. Das Frühstück, gern genommen seien Wraps oder Bockwurst im Brötchen, sei beliebter als das Mittagessen – vielleicht auch wegen der Konkurrenz durch ein Fast-Food-Restaurant auf der anderen Straßenseite. „Mal gehen mittags zehn Menüs raus, mal 80“, sagt sie.

Lebensmittelvernichtung ist für die Kantinen-Leiterin schwer zu ertragen

Als der Betrieb gerade angelaufen war, kam die Corona-Pandemie. „In der Zeit des Lockdowns habe ich überlegt, was ich mit der großen Küche machen kann“, erzählt sie. Besonders wichtig sei ihr gewesen, die noch vorhandenen großen Mengen an Lebensmitteln zu verarbeiten und nicht vernichten zu müssen. Damals sei sie in Kontakt mit dem Verein Fairsorger gekommen, der wohnungslose und bedürftige Menschen in Essen mit Nahrung versorgt. „Erst wollte ich ihnen die Lebensmittel überlassen, aber Obdachlose haben ja keine Küche, sie brauchen fertige Mahlzeiten“ – die Ramona Kosobudzki seitdem kocht.

Für das Mittagessen bereitet Ramona Kosobudzki viel vor, schneidet schon frühzeitig die Tomaten.
Für das Mittagessen bereitet Ramona Kosobudzki viel vor, schneidet schon frühzeitig die Tomaten. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

So sei sie zu ihrem Ehrenamt gekommen, habe zunächst dreimal pro Woche für 40 bis 60 Leute gekocht, inzwischen seien es 100 bis 140. Die Lebensmittel würden gespendet, würden teils von der Tafel geliefert. „Ich kenne inzwischen auch Händler auf dem Wochenmarkt, von denen ich nicht verkauftes Obst und Gemüse erhalte. Dazu kommen nicht verbrauchte Lebensmittel aus meiner Kantine“, sagt die Essenerin, die froh ist, auf diese Weise nichts wegwerfen zu müssen.

Ramona Kosobudzkis Arbeitstag ist lang. „Er startet um 5.30 Uhr. Oft bin ich bis 21 Uhr beschäftigt, auch weil ich viel vorbereite und vorkoche, sonst würde das nicht funktionieren. Gute Organisation und Struktur sind alles.“ Das zeigt sich auch beim Blick in die Großküche, wo sie alles so angeordnet hat, dass Zutaten und Geräte gut erreichbar sind. Das erspare den Mitarbeitern weite Wege und die Reinigung sei einfacher.

Kitas buchen die Essenerin für pädagogisches Kochen

Das Familienleben spiele sich weitgehend rund um die Kantine ab. Ihr inzwischen 14-jähriger Sohn – „er ist ja quasi hier geboren“ – komme nach der Schule zum Essen, Hausaufgaben machen und Quatschen vorbei, auch ihr Freund und ihre Eltern besuchten sie dort, erzählt die Kantinen-Leiterin.

Neben Hauptjob und Ehrenamt hat die Essenerin noch weitere Einsatzgebiete. Sie bietet pädagogisches Kochen in Kindertagesstätten an, um den Kindern gesunde Lebensmittel und ihre Zubereitung näher zu bringen, lässt sie den „Messerführerschein“ absolvieren. „Erst habe ich das ehrenamtlich gemacht, um es zu testen, inzwischen werde ich von Kitas gebucht.“ Es sei immer wieder beeindruckend, wenn die Kinder Obst und Gemüse erkennen, riechen, ertasten und erschmecken würden.

„Es geht so viel Wissen verloren, wenn man alles nur verpackt im Supermarkt kauft“, sagt sie und erzählt, wie ein kleiner Junge sich ganz begeistert eine Ananas ins Gesicht hielt, daran roch und rief: „Ich liebe Knoblauch.“ In der Kantinenküche finden zudem Eltern-Kind-Kochkurse statt, bei denen es auch um Resteverwertung geht.

In der Corona-Zeit sei zudem ihr Catering-Service „Lecker-im-Pott“ entstanden. Firmen ohne eigene Kantine können einfache, ruhrgebietstypische und günstige Speisen wie Möhreneintopf mit gebratener Fleischwurst oder Rinderhackbraten bestellen und bekommen das Essen geliefert. Die Idee dazu sei ihr auf Zollverein gekommen, sie habe sich eingelesen und einfach losgelegt – mit Erfolg. „Viele fühlen sich durch das Essen an ihre Kindheit erinnert.“ So habe sie den Lieferdienst und die entsprechende Internetseite aufgebaut, durch die Corona-Hilfen finanziell gefördert.

Konzept für die Verpflegung am Berufskolleg Essen-Ost eingereicht

Einem anderen Projekt der umtriebigen Essenerin war hingegen kein Erfolg beschieden: Ihr 2021 eröffnetes Ruhrpott-Café an der Jägerstraße in der Innenstadt, das sie liebevoll wie eine kleine Zechenwohnung eingerichtet habe, sei wieder geschlossen.

Zwischenzeitlich hat Ramona Kosobudzki ein Konzept für die Übernahme der Verpflegung am Berufskolleg Essen-Ost einreicht. Dort hatten Lehrer und Schülerinnen vor kurzem erneut darauf aufmerksam gemacht, dass ein solches Angebot an ihrer Schule seit langem fehle. „Damals ist mein Konzept offenbar bei vielen gut angekommen, aber eine Zusammenarbeit kam nicht zustande. Vielleicht sind die Genehmigungswege bei der Stadt auch einfach sehr langwierig und ich möchte am liebsten immer gleich starten“, sagt sie und bekundet weiterhin Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Schule.

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