Essen. Die „Fairsorger“ aus Essen geben bedürftigen Menschen warme Mahlzeiten und erhalten dafür hohe Auszeichnungen. Immer häufiger kämen alte Menschen.

Die FairSorger kümmern sich schon seit mehr als zehn Jahren ehrenamtlich um wohnungslose und bedürftige Menschen in Essen. Drei Mal pro Woche – montags, mittwochs und freitags – geben die Ehrenamtler an der Rückseite der Gertrudiskirche kostenlose warme Mahlzeiten aus. Nicht nur bei seinen Gästen genießt das Sozialprojekt hohes Ansehen.

Innerhalb weniger Wochen sind die FairSorger zwei Mal von höchster Stelle ausgezeichnet worden: zuerst mit der Ehrenplakette der Stadt Essen und nun mit der neuen Ehrenamtsmedaille des nordrhein-westfälischen Landtags.

Zuerst die Ehrenplakette der Stadt Essen, dann die Medaille des Landes

Nach der Laudatio ist vor der Laudatio: Dass die Auszeichnungen so kurz hintereinander passierten, ist purer Zufall. Essens OB Thomas Kufen hatte keine Ahnung davon, dass kurze Zeit später auch Landtagspräsident André Kuper die gemeinnützige Essener Organisation ehren würde.

Das ist die zum ersten Mal verliehene Ehrenamtsmedaille des Landtages von Nordrhein-Westfalen
Das ist die zum ersten Mal verliehene Ehrenamtsmedaille des Landtages von Nordrhein-Westfalen © Landtag NRW

Für die mehr als 40 Teamer, die Woche für Woche, und selbst wenn Ausgabetage auf Heiligabend und Silvester fallen, Essen und Getränke, Shampoo und Haftpulver, Jacken und Pullover verteilen, sind die Ehrungen eine große Ehre, aber zugleich auch Anerkennung für gute Arbeit. Während die Ehrenplakette der Stadt Essen nur alle fünf Jahre verliehen wird, handelt es sich bei Ehrenamtsmedaille des NRW-Landtags sogar um eine Neuschöpfung.

„Rund sechs Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen engagieren sich in ihrer Freizeit freiwillig und unentgeltlich. Sie sind die guten Seelen der Gesellschaft. Ihre Leistung verdient Anerkennung und Ehrung. Denn das Ehrenamt hält Nordrhein-Westfalen zusammen. Die Ehrenamtsmedaille des Landtags würdigt herausragende Leistungen und soll motivieren, sich für unsere Gesellschaft zu engagieren“, sagte Landtagspräsident André Kuper.

Landtagspräsident kennt die FairSorger: Bei einer Weihnachtsfeier gab er selbst Mahlzeiten aus

Über die FairSorger aus Essen heißt es: „Die Anlaufstelle unterstützt Bedürftige dreimal wöchentlich mit einer Grundversorgung aus Lebensmitteln, Kleidung und Hygieneartikeln. Darüber hinaus bietet der Verein den Bedürftigen ein offenes Ohr, Wärme und Halt.“ Für Landtagspräsident Kuper war die Ehrung nicht die erste Begegnung mit den FairSorgern. Bei einer der letzten Weihnachtsfeiern war der Politiker von Düsseldorf zur Gertrudiskirche gekommen, um selbst warme Mahlzeiten an Bedürftige auszugeben.

Die Vorsitzende Ingrid Steinhauer-Sarr, die die Ehrenamtsmedaille im Landtag entgegennahm, streicht deutlich heraus, dass die FairSorger keine zweite Essener Tafel sind. „Essen und Trinken ist für uns der Türöffner zur Seele. Über die warme Suppe kommen wir mit unseren Gästen ins Gespräch.“

Eine reine Obdachlosenhilfe waren die FairSorger nie. Schon seit dem Tag der Gründung finden auch viele Bedürftige den Weg zum Pferdemarkt. „In letzter Zeit stellen wir fest, dass zunehmend ältere Menschen unsere Hilfe benötigen“, berichtet Ingrid Steinhauer-Sarr. Es seien Menschen, deren knappe Rente vorne und hinten nicht reiche. Menschen, die keine Rücklagen gebildet hätten und nun unters Existenzminium gerutscht seien. Ein bekanntes Phänomen: Anfang des Monats reihen sich 60 Leute in die Warteschlange ein, gegen Ende des Monats sind es 90 und mehr. Manchmal sogar 135.

„Wir können die Leute in den Arm nehmen, das geht auf dem Amt bekanntlich nicht“

Um sich vor Leistungsmissbrauch zu schützen, bitten die FairSorger ihre Gäste seit einiger Zeit um Nachweise. Wer beispielsweise bei der Meldestelle für Wohnungslose in der Lindenallee registriert sei, werde anstandslos bedient. Ebenso diejenigen, die im weitesten Sinne von Altersarmut betroffen sind.

Viele Gäste koste es eine große Überwindung, die Dienste in Anspruch zu nehmen. Die meisten würden sich für ihre missliche Lage schämen. Die FairSorger kennen diese Nöte. Deshalb wollen sie den Gästen helfen, Ängste zu überwinden und das Selbstwertgefühl zurückzugeben, „Wir können die Leute in den Arm nehmen, das geht auf dem Amt bekanntlich nicht“, sagt Ingrid Steinhauer-Sarr.

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