Essen. Entwicklung des Zeche-Carl-Ensembles soll voran kommen. Wie sich Planer, Politiker und Bürger die Zukunft des Altenessener Geländes vorstellen.
Wer nach einem magischen Ort in Essen sucht, der fährt nicht unbedingt die Wilhelm-Nieswandt-Allee entlang. Und doch ist das Altenessener Zeche-Carl-Areal nicht nur für Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain genau das: Ein Ort mit Magie, großer Historie, hohem Bekanntheitsgrad. Ein Ort mit Identifikationspotenzial. Und ein Zukunftsort, dessen Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind.
So zeigt es jedenfalls eine Machbarkeitsstudie, die die Entwicklungschancen des Carl-Areals in den vergangenen Monaten unter die Lupe genommen und Ausbaupläne entworfen hat. Nachdem die Essener Politik das Papier schon vor einigen Wochen zur Kenntnis genommen hat, soll nun auch auf breiter Ebene über das gesprochen werden, was in den kommenden Jahren auf dem ehemaligen Zechen-Areal entstehen könnte: Ein Campus mit mehr Platz für Begegnung, Bildung und moderner Stadtteilbibliothek. Auf einer Infoveranstaltung zur Gebäude- und Geländeentwicklung der Zeche Carl kamen Planer, Politiker und die unterschiedlichen Carl-Akteure darüber nun auch mit Altenessener Bürgern ins Gespräch.
Zeche Carl: Verfall von Grubenschreinerei und Malakowturm schreitet voran
Manche Anrainer beobachten die Entwicklung seit Jahrzehnten, haben damals schon den Schutt rausgeschleppt, als engagierte Altenessener Bürger in den späten 1970ern den Umbau des alten Casinogebäudes zum mittlerweile legendären Soziokulturellen Zentrum in die Hand nahmen. Viele hoffen, dass sich nach jahrelangem Stillstand nun wieder etwas tut auf dem Areal.
Denn nicht nur der fortschreitende Verfall von Grubenschreiner und dem Malakowturm als Wahrzeichen machen vielen seit Jahren Sorgen. Auch Müll und Drogen werden auf dem weitläufigen Areal zum Problem. Brachliegende Grünflächen und Gebäude wirkten für manche eben „wie offene Wunden“, sagt Marcus Kalbitzer, Geschäftsführer der Zeche Carl, die weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen habe. „Wir zahlen schon jetzt positiv auf das Image des Stadtteils ein“, ist sich Kalbitzer sicher. Doch der Campus Carl könne noch viel mehr sein – als Herz des Stadtteils mit vielen unterschiedlichen Akteuren.
Synergien sind dabei das Schlagwort. Die alten und neuen Player am Standort, vom Jugendamt bis zum Maschinenhaus als Theater der kommenden Generationen, von der neu gegründeten Junior Uni und dem Förderturmhaus für benachteiligte Kinder bis zum Soziokulturellen Zentrum könnten das Carl-Areal zu einem Kultur- und Bildungscampus machen, den es so bislang noch nicht gibt, zeigt sich Kalbitzer überzeugt.
Die neu angesiedelte Junior Uni braucht Platz fürs breite Bildungsangebote
Noch gibt es nicht mehr als ein paar skizzierte Baupläne, eine Machbarkeitsstudie und eine mehr als grob angelegte Baukostenrechnung. Eines immerhin könne man schon sagen, auch wenn das Ergebnis der Baugrunduntersuchung noch aussteht. Was da alles auf dem Papier steht, sei „theoretisch machbar“, sagt Lars Meyer vom Kulturamt Essen. Zwei große Bauprojekte stehen zur Debatte: Die Sanierung und Erweiterung der Grubenschreiner nach Norden und ein Anbau des Malakowturms nach Osten. Damit wäre ausreichend Platz geschaffen für das, was auf der Agenda steht: Ein auskömmliches Raumangebot für die neu angesiedelte Junior Uni, die sich bislang mit Provisorien begnügen muss und Platz für den schon seit Jahren geplanten Umzug der Stadtteilbibliothek aufs Carl-Areal.
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Ob am Ende auch die millionenschwere Sanierung des gewaltigen Malakowturms in Angriff genommen werden kann, dessen Rettung viele ganz oben auf der Prioritätenliste sehen, sei noch dahingestellt. „Schauen wir lieber erst einmal auf das Einfach, das funktioniert“, sagt Meyer. Am Ende gehe es eben auch um die Frage, in welchen zeitlichen und finanziellen Dimensionen man planen wolle – und könne. Ganz grobe Kostenschätzungen gehen schon jetzt von über 20 Millionen aus. Und noch weiß keiner, wie sich die Baukosten in den kommenden Jahren entwickeln, welche Altlasten im Baugrund schlummern und was alles getan werden muss, um das Verkehrskonzept den zusätzlichen Besucherzahlen anzupassen.
„Wir müssen das zu einem Thema für die ganze Stadtgesellschaft machen“
Fünf Jahre Bauzeit wären ohnehin zu veranschlagen. Bis dahin müssen aber erst einmal die Ergebnisse der Baugrunduntersuchung vorliegen und politische Beschlüsse gefasst werden. Was Florian Sattler vom Maschinenhaus Essen dazu veranlasst, nicht nur auf die Baukräne zu warten, sondern schon jetzt verstärkt an gemeinsamen Projekten zu arbeiten: „Lass uns den Anfang machen, Carl ist ja schon da!“
Diesmal will man jedenfalls keine Luftschlösser bauen, nichts versprechen, was am Ende nicht einzuhalten ist, sondern genau kalkulieren und den breiten politischen Konsens herbeiführen. „Wir müssen das zu einem Thema für die ganze Stadtgesellschaft machen“, wirbt Muchtar Al Ghusain. In der Politik hat man statt eines Zauberstabs eben nur einen sehr spitzen Rechenstift.
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