Essen-Heidhausen. In Essen-Heidhausen sind viele erleichtert: Die Flüchtlingsunterkunft kommt nicht. Eine Bürgerinitiative hat protestiert. Das sind die Argumente.

Die Pläne für eine Unterbringung von Geflüchteten in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude an der Barkhovenallee sind vom Tisch. Investor Peter Jänsch hat sein Vermietungsangebot an die Stadt Essen Anfang dieser Woche zurückgezogen – aus persönlichen Gründen. Bei etlichen Anwohnern im Stadtteil stelle sich „eine große Erleichterung“ ein: Immerhin 85 Menschen seien bereit gewesen, gegen das Vorhaben zu klagen, heißt es von der Bürgerinitiative „Kein Großasyl in unserem Wohngebiet“.

Diese hatte nach Bekanntwerden des Vorhabens am 10. Mai mit einer „Nachbarschaftsinformation“, die an die Haushalte rund um den Standort verteilt wurde, auf sich aufmerksam gemacht. Darin werden vor allem die kurze Frist für die Zustimmung zum Mietvertrag (bis zum 18. Mai) und dessen Länge über zwölf Jahre als Kritikpunkte vorgetragen. Der Rat habe auf Drängen von Oberbürgermeister Kufen dem Projekt am 17. Mai zugestimmt. „Eine angemessene Erörterung war aufgrund der kurzen Frist nicht möglich. Die Anwohner wurden ebenso nicht in die Entscheidungsfindung mit einbezogen.“

Infrastruktur des Ortsteils Heidhausen reicht nicht aus

Weiter heißt es in dem Papier: „Eine solche zusätzliche Massenunterkunft kann aus unserer Sicht durch die Infrastruktur des Ortsteils Heidhausen nicht bewältigt werden. Bereits jetzt ist die Kapazität beispielsweise der Grundschule an der Jacobsallee überstrapaziert.“ Die Initiative macht zudem auf den Bau der Forensischen Klinik für Frauen und Mädchen aufmerksam, der ebenfalls eine besondere Nutzung darstelle und keine 400 Meter Luftlinie von dem geplanten Flüchtlingsheim entfernt entstehen werde.

Fraktion Die Linke reagiert auf AfD-Mitteilung

In einer Mitteilung hat der AfD Kreisverband es begrüßt, dass sich die Bürgerschaft in Heidhausen „zur Wehr gesetzt und damit die Grenzen der Zuwanderung deutlich gemacht“ habe.

Für völlig inakzeptabel hält dies die Ratsfraktion Die Linke. Vorsitzende Heike Kretschmer: Dies suggeriere, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger in Heidhausen gegen die Aufnahme von Geflüchteten aussprechen würden. „Unsere Solidarität gilt Herrn Jänsch ebenso wie allen anderen Menschen, die sich für die Belange von Flüchtlingen einsetzen.“

Die Linke habe die Anmietung des Gebäudes im Rat nicht mitgetragen, „weil wir den Vorgang für nicht ausreichend transparent hielten und uns die Bindung zu lang war.“

Für ihn, sagt Christian Wikarczyk, der direkt gegenüber der seit zwei Jahren leerstehenden Gewerbeimmobilie des Stifterverbandes wohnt, habe das nichts mit Ängsten gegenüber Geflüchteten oder einer Forensik zu tun. „Es geht um die sachliche Ebene, nicht darum, Herrn Jänsch oder OB Kufen anzugreifen. Wir hätten uns gewünscht, dass man mit den Menschen, die hier wohnen, über dieses Vorhaben spricht, bevor irgendwas entschieden wird.“ So sei es „keine gute Politik“, ja sogar eine „schlechte Politik“ gewesen, die überdies den politisch Rechts denkenden in die Hände gespielt habe. „Aber in diese Ecke lasse ich mich ganz bestimmt nicht schieben“, sagt der 51-Jährige ganz klar.

2016 gab es schon einmal einen Bürgerprotest

Man habe sich über den Tisch gezogen gefühlt, bestätigt Alfred Kleinfeldt, aktives Mitglied des Werdener Heimat- und Bürgervereins. „250 Menschen dort unterzubringen, das ist ein bisschen viel. Wenn nichts mehr geht, dann denkt man bei der Stadt an Heidhausen“, sagt Kleinfeldt und erinnert an den (erfolgreichen) Bürger-Widerstand im Jahr 2016 gegen eine Flüchtlingsunterkunft auf der sogenannten Hundewiese an der Barkhovenallee.

Februar 2016: Mitglieder der Bürgerinitiative Heidhausen und Anwohner protestierten damals gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf der sogenannten Hundewiese an der Jacobsallee/ Barkhovenallee.
Februar 2016: Mitglieder der Bürgerinitiative Heidhausen und Anwohner protestierten damals gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf der sogenannten Hundewiese an der Jacobsallee/ Barkhovenallee. © FUNKE Foto Services | Ulrich von Born

„Wir kennen Leute, die beim Stifterverband gearbeitet haben. Die sagen, dass es in den 110 Büros schon eng war. Deshalb ist der Verband ja auch umgezogen. Für 250 Flüchtlinge, selbst nach einem Umbau, wäre das auch nicht zumutbar, abgesehen von der fehlenden Infrastruktur“, findet Christian Wikarczyk. Er würde sich wünschen, dass Investor Jänsch, Stadtverwaltung, Politik und Bürgerschaft gemeinsam eine Lösung finden. „Für uns ist es gut, dass es vom Tisch ist. Aber das Problem ist nur vertagt, und die Flüchtlinge werden irgendwo anders hingeschoben.“

Das sagt der Verein „Werden hilft“ zur Situation

Wie empfindet der Verein „Werden hilft“ die ganze Situation in Heidhausen? „Schade, die Stadt hat die Bürgerbeteiligung ausgeklammert“, sagt die Vorsitzende Christiane Gregor. „In so unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes braucht es schon eine große Sensibilität. Sich einen Monat mehr Zeit zu geben, wäre besser gewesen. So ist das Kind in den Brunnen gefallen.“

Und wenn es diesen Rückzug des Investors nicht gegeben hätte? „Unsere ureigenste Aufgabe ist es, den Flüchtlingen zur Seite zu stehen. Von uns zu erwarten, in eine solch unfriedliche Situation reinzugehen und das zu rocken, das wäre für uns als Verein sehr unschön geworden, glaube ich.“

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