Essen-Kettwig. Um den Lückenschluss der Radrouten in Kettwig gab es viele Diskussionen. Warum die Stadt Essen die Alternativvorschläge der Bürger ablehnt.
Guten Mutes war die „Interessengemeinschaft Alternative Radwegeverbindung vor der Brücke“ noch im Januar: bei der Übergabe von Unterschriftenlisten an OB Thomas Kufen. „Im Sinne eines demokratischen Miteinanders ist ein offener Austausch und konstruktiver Diskurs besonders wichtig“, erklärte das Stadtoberhaupt.
Da gingen die Akteure in Kettwig noch davon aus. dass für den Lückenschluss der beliebten Freizeitrouten Ruhrtalradweg und Panoramaradweg die sogenannte Schlossroute (vorbei am Schlosshotel Hugenpoet) als Alternative zu einer Radwegeführung durch die Wohngebiete Volckmar- und Arndtstraße tatsächlich eine Chance bekäme. Doch die Stadtverwaltung versetzt ihnen einen Dämpfer: zu teuer und nur mit erheblichem Aufwand umsetzbar, heißt es in der Verwaltungsvorlage, die die Bezirksvertretung IX am Dienstag, 28. Februar, zur Kenntnisnahme bekommt.
Baukosten von 1,5 Millionen Euro veranschlagt
Die Verwaltung kommt zu dem Schluss, dass weder die Route über die August-Thyssen-Straße noch eine Führung über die parallel dazu liegende alte Bahntrasse in einem finanziell und zeitlich darstellbaren Rahmen lägen. 1,5 Millionen bzw. eine Million Euro werden als Baukosten angegeben. „Dies würde zudem einen Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet bedeuten. Hierfür wären ein Plangenehmigungsverfahren, eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Fällung zahlreicher Bäume notwendig. Der damit verbundene zeitlich sehr lange Umsetzungshorizont und die hohen Kosten sind Kriterien, die laut Straßen NRW gegen die Maßnahme sprechen“, heißt es zur Schlossroute.
Bei der alten Bahntrasse sei ein Ankauf der benötigten Grundstücke als auch der Abschluss entsprechender Gestattungsverträge nicht realistisch. Zudem wäre auch diese Variante mit hohem Aufwand und hohen Kosten verbunden, argumentiert die Stadt.
„Sind die Grundstücksbesitzer der Bahntrasse überhaupt angesprochen worden?“ Bernd vom Berg, Sprecher der Interessengemeinschaft, bezweifelt das. Die Initiative sei zudem weiterhin besorgt, dass Einrichtung der Fahrradstraßen von der Volckmarstraße bis Mintarder Weg irgendwann doch kommen werde. Die Verwaltung spreche zwar von einer Zurückstellung des Vorhabens, „je nach entsprechender Radverkehrsentwicklung“ werde es aber erneut zur Beratung vorgelegt.
SPD bewertet Verwaltungsvorlage positiv
Die SPD Kettwig äußert sich „erleichtert“ über die Vorlage der Verwaltung. „Für die Anwohnerinnen und Anwohner besteht nun endlich Sicherheit. Die Verwaltung kam zu dem Ergebnis, das von der Mehrheit der Bürgerschaft und der SPD in Kettwig seit Beginn der Diskussion bevorzugt wurde, nämlich: keine Steuergelder in einen Bereich zu investieren, in dem es doch gut läuft“, so Ratsfrau Susanne Gilbert.
„Das entspricht dem, was wir als SPD in Kettwig auch als Wunsch aus der Bürgerschaft mitgenommen haben: Beibehaltung des doch gut funktionierenden Status quo und eine Entschärfung der Situation in dem Kreuzungsbereich Arndtstraße/ Landsberger Straße /Mintarder Weg. Die Idee einer ‚Fahrradzone‘, die keinen Wegfall von Parkraum bedeutet, sondern lediglich dem Radfahrer einen gewissen Vorrang einräumt, finde ich persönlich einen guten Kompromiss, den man weiterverfolgen sollte“, ergänzt Ratsherr Daniel Behmenburg.
CDU ist unzufrieden mit der Verwaltungsvorlage
CDU-Ratsherr Guntmar Kipphardt sieht es komplett anders: Es gebe keinerlei Entwarnung für den Wegfall von rund 70 Parkplätzen in vor der Brücke. „Gerade was die alternative Schlossroute angeht, zählt die Verwaltungsvorlage nur Schwierigkeiten hinsichtlich Planung, Realisierung und Kosten auf. Ich wünschte mir eine Verwaltungsvorlage, die ebenso die Machbarkeit und die Chancen aufzählen würde. Und was die Kosten angeht, bräuchte sich Kettwig nicht zu genieren, wenn einmal ernsthaft Kosten-Nutzen für die umfangreichen Fahrradmaßnahmen beispielsweise an der Bernestraße oder dem RS1 analysiert würden“, meint Kipphardt.
Überprüfung Alternativrouten
Die Vorlage der Verwaltung „Radverkehrsanlage vom Panoramaradweg zum Ruhrtalradweg,hier: Überprüfung Alternativrouten zu den Fahrradstraßen“ ist im Ratsinformationssystem Essen abrufbar.
Auf der Tagesordnung steht die Vorlage sowohl in der Bezirksvertretung IX am Dienstag, 28. Februar, als auch im Ausschuss für Verkehr und Mobilität am Donnerstag, 9. März. In beiden Fällen nimmt der Ausschuss die Vorlage nur zur Kenntnis.
Die Bezirksvertretung tagt ab 16 Uhr öffentlich um Rathaus Kettwig, Bürgermeister-Fiedler-Platz 1.
Sein Ratskollege Ulrich Beul (CDU), Mitglied im Verkehrsausschuss: „Es ist gut, dass der ursprüngliche Vorschlag der Verwaltung (Fahrradstraße) zurückgestellt ist – aber alles so zu lassen, wie es ist, wird bei der stetigen Zunahme des Radverkehrs bald zu Problemen führen. Schon jetzt häufen sich Beschwerden im Bereich Landsberger Straße und Mintarder Weg.“
Sauer stoße es bei den beiden Kettwiger Bezirksvertretern Christiane Neuheuser (CDU) und Michael Nellessen (CDU) auf, dass die Verwaltung sich sträube, einen Spiegel gegenüber der Ausfahrt Montebruchstraße aufzuhängen.
Lösung für wegfallende Parkplätze auf der Ringstraße gesucht
Unzufrieden zeigt sich Kipphardt mit der Aussage, dass man für die wegfallenden Parkplätze auf der Ringstraße keine alternativen Lösungen finden konnte. Da geht er mit den Sozialdemokraten konform: „Weiter muss man die Gewerbetreibenden auf der Ringstraße im Blick haben. Diese brauchen auch weiterhin vor der Ladentüre die Möglichkeit, dass ihre Kunden dort Waren einladen können“, sagt Susanne Gilbert (SPD).