Essen-Fulerum. Fulerumer haben erfolgreich für den Erhalt der Bäume an der Humboldtstraße gekämpft. Warum sie überzeugt sind, dass Bürger viel bewegen können.
- Fulerumer Bürger haben sich mit Erfolg für Rettung von Straßenbäumen eingesetzt.
- In Essen ist ihre Siedlung jetzt als „gallisches Dorf“ bekannt.
- Die Anwohner wollen andere Bürger ermutigen, ebenfalls für ihre Ziele zu kämpfen.
Seit einigen Tagen steht fest: Die Erneuerung der Humboldtstraße in Essen-Fulerum wird so realisiert, dass die Bäume dort weitgehend erhalten bleiben und nicht für einen Radweg weichen müssen. Der Kompromiss, der nach monatelangen Diskussionen gefunden wurde, ist jetzt politisch beschlossene Sache. Anwohnerinnen und Anwohner, die sich für den Erhalt der Bäume eingesetzt hatten, sind mit dem Ergebnis zufrieden. Und dass ihr Engagement ihrer Siedlung den Ruf als „gallisches Dorf“ eingebracht hat, sehen sie durchaus positiv.
„Wir haben gezeigt, dass man als Bürger etwas erreichen kann, wenn man sich an die richtigen Stellen und Gremien wendet und sich für eine Sache einsetzt“, ist Anwohner Michael Schwarz stolz auf das Erreichte. Der Einsatz der Bürgerinnen und Bürger, die größtenteils in der Covivio-Siedlung am Regenbogenweg sowie in der Sonderwerk- und Spiekermannstraße leben, soll andere ermutigen, Pläne der Stadt nicht einfach hinzunehmen. „Wir haben viel geschafft, das können andere auch“, ist Schwarz überzeugt. Den Vergleich mit dem „Dorf der Unbeugsamen“ in den Asterix-Comics, das sich den Römern widersetzt, werten die Fulerumer dabei als Kompliment.
„Unsere Botschaft ist, dass die Stadt in unserem Sinne und nicht gegen die Interessen der Bürger handeln sollte. Wenn man mit den entsprechenden Stellen vernünftig redet, wird man auch gehört“, so Michael Schwarz. „Der ursprünglich angedachte Radweg parallel zur Fahrbahn wäre vor allem für Kinder, die an der Bushaltestelle über die Fahrbahn laufen, sogar gefährlich gewesen. Sie hätten ja den Radweg queren müssen“, findet der Bürger.
Dass man bei einem solchen Vorhaben Kompromisse eingehen müsse, sei klar. Das betont auch SPD-Ratsherr Philipp Rosenau, der das Engagement der Initiative „Rettung der Humboldtbäume“ in den vergangenen Monaten unterstützt hatte. Selbst die Stadtspitze habe dem „gallischen Dorf“ auf dem Neujahrsempfang des Bürgervereins Haarzopf-Fulerum Respekt gezollt, berichtet er.
Sanierung der Humboldtstraße in Essen-Fulerum ist dringend erforderlich
Für Rosenau bringt der gefundene Kompromiss für alle Beteiligten Vorteile: Fußgänger könnten künftig barrierefrei unterwegs sein, Autofahrer müssten sich nicht allzu stark einschränken, Anwohner könnten einen Großteil ihrer Vorgärten behalten und Radfahrer seien sicherer unterwegs: Die nun beschlossenen Planungen sehen vor, dass im Abschnitt vom Kreisverkehr Humboldtstraße bis zur Scheidtstraße ein Schutzstreifen für den Radverkehr und im weiteren Verlauf von der Scheidtstraße bis zur Stadtgrenze Mülheim eine Fahrradstraße eingerichtet werden sollen.
Von 34 Bäumen an der Humboldtstraße sollen 26 erhalten blieben, 13 neue sollen entlang des Feldes gepflanzt werden. „Der Baum an der Ecke Humboldtstraße/ Regenbogenweg muss wahrscheinlich weichen, weil die Einmündung breiter gestaltet werden soll“, so Rosenau. Der Verlust einzelner Bäume werde nicht zu vermeiden sein. „Aber die Baumreihe, die das Straßenbild prägt, bleibt erhalten.“
Anwohner Jochen Hinzer wünscht sich vor Beginn der Arbeiten einen Ortstermin mit Vertretern von Grün und Gruga, da er den Eindruck hat, dass die Situation vor Ort dort gar nicht wirklich bekannt ist. Für einen solchen Termin wird es vermutlich noch reichlich Zeit geben, denn die Sanierung der maroden Humboldtstraße wird voraussichtlich erst Ende 2024 starten.
„Das ist ein kleiner Wermutstropfen, denn die Straße muss wirklich dringend erneuert werden“, so Philipp Rosenau, der sich für eine Beschleunigung einsetzen will. „Immerhin sind wir seit 2015 mit dem Thema beschäftigt und es wird langsam Zeit, dass sich etwas tut." Dass die Arbeiten erst so spät beginnen sollen, liege wohl daran, dass Fördergelder aus Landes- und Bundesmitteln erst freigegeben werden müssten, was oft lange dauere. Für Maßnahmen im Sinne der Mobilitätswende stünden aber auf jeden Fall Mittel in beträchtlicher Höhe bereit.
Erst einmal werden die Stadtwerke die Leitungen erneuern
In näherer Zukunft kommt erst einmal eine Stadtwerke-Baustelle auf die Anwohner der Humboldtstraße an der Grenze zu Mülheim zu. Ab dem ersten Quartal dieses Jahres sollen die Wasserleitungen erneuert werden. In der Nähe des Rhein-Ruhr-Zentrums haben entsprechende Arbeiten bereits begonnen, die Arbeiten auf Essener Gebiet sollen folgen. Die Stadtwerke-Baustelle müsse vor der Sanierung der Straße abgeschlossen werden.
„Die Stadtwerke-Baustelle ist kein Problem“, sagt Jochen Hinzer, der schon seit über 20 Jahren in der Siedlung wohnt und wie viele seiner Nachbarn das Leben dort schätzt. „Hier leben noch viele Bewohner, die in den 1960er Jahren direkt nach dem Bau der Häuser eingezogen sind.“ Die Nachbarn aus dem „gallischen Dorf“ wollen jetzt erst einmal die Plakate und grünen Dreiecke, die auf die Gefahr für die Bäume hinwiesen, abnehmen.