Essen. Nach Anwohnerprotesten bleiben 30 alte Bäume in Essen-Fulerum erhalten. Für manchen bleibt aber ein schaler Nachgeschmack.

  • Bürger in Essen-Fulerum haben erfolgreich gegen Pläne der Stadt gekämpft.
  • Zahlreiche alte Bäume sollten für einen Radweg gefällt werden.
  • Mit ihrem Erfolg zeigen die Nachbarn, dass bürgerschaftliches Engagement etwas bewirken kann.

Bürgerschaftliches Engagement kann sich durchaus lohnen: Das haben jetzt Anwohner der Humboldtstraße in Essen-Fulerum bewiesen und damit ein Zeichen gesetzt für ähnliche Initiativen. Rund 30 Bäume sollten dort für einen Radweg weichen. Dagegen haben sich Bürger mit Aktionen und einer Unterschriften-Sammlung gewehrt. Jetzt steht fest: Sie haben die Verwaltung zum Umdenken gebracht. Stadtdirektor Peter Renzel überbrachte gute Nachrichten.

Den Nachbarn war es bei ihrem Engagement nicht nur um die Bäume gegangen. Sie fühlten sich schlichtweg übergangen. Den örtlichen Politikern ging es ebenso. Die aktuelle Planung stimmte die meisten Beteiligten aber versöhnlich. „Die vorhandenen Bäume werden, so weit möglich, erhalten bleiben. Entlang des Feldes zwischen Scheidtstraße und dem Kreisverkehr an der Humboldtstraße sollen sogar 15 weitere Bäume gepflanzt werden, so dass es hier am Ende 49 Bäume geben wird“, versprach Renzel bei einem Frühstück unter den Bäumen – und erhielt Beifall von den Anwohnern, die die Kehrtwende der Stadt als ihren Erfolg feierten. Die Verwaltung habe eingesehen, dass die vier ursprünglichen Varianten, die alle Baumfällungen beinhalteten, nicht mehr mehrheitsfähig seien.

Nachbarn engagierten sich für den Erhalt der Bäume in Essen-Fulerum

Für Radfahrerinnen und Radfahrer soll es trotzdem sicherer werden: Die Humboldtstraße soll zwischen dem Rhein-Ruhr-Zentrum und der Scheidtstraße zur Fahrradstraße werden, von der Scheidtstraße bis zum Kreisverkehr soll es Schutzstreifen, markiert mit unterbrochener Linie, geben. Eine entsprechende Vorlage will die Verwaltung in die politischen Gremien einbringen – was sich Moderator Thomas Gohr von der Bürgerinitiative per Handschlag von Peter Renzel bestätigen ließ. Der bekam die gesammelten rund 1000 Unterschriften trotzdem noch überreicht.

Die Bäume an der Humboldtstraße sollten für einen Radweg weichen. Das ist jetzt vom Tisch.
Die Bäume an der Humboldtstraße sollten für einen Radweg weichen. Das ist jetzt vom Tisch. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Hinter den Nachbarn liegen ereignisreiche Wochen. Im Frühjahr hatten sich Gerüchte bestätigt, dass im Zuge der notwendigen Straßensanierung die Bäume an der Humboldtstraße für einen Radweg gefällt werden sollen. Dann ging alles ganz schnell: Die Anwohner schalteten örtliche Politiker ein, gründeten die Initiative „Rettung der Humboldtbäume“, protestierten mit Plakaten und grünen Dreiecken an den Bäumen gegen die Pläne der Stadt.

Stadtdirektor Peter Renzel (r.) überbrachte den Bürgern in Fulerum die gute Nachricht.
Stadtdirektor Peter Renzel (r.) überbrachte den Bürgern in Fulerum die gute Nachricht. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Trotz des inhaltlichen Erfolgs bleibt bei vielen ein schaler Beigeschmack. „Wir haben erst durch besorgte Bürger von den Plänen erfahren. Ich habe da ein anderes Verständnis von Demokratie“, kritisiert der örtliche SPD-Ratsherr Philipp Rosenau. Er wünscht sich künftig eine frühere Einbeziehung der Politik und einen anderen Umgang im Zusammenspiel mit der Verwaltung.

Nachbarn befürchten die Beschädigung der Bäume bei der Straßensanierung

Rosenau geht davon aus, dass die Verwaltung die überarbeitete Vorlage möglicherweise im November präsentiere und diese dann im Frühjahr verabschiedet werden könnte. „Wann die Sanierung der Humboldtstraße beginnen kann, ist aber angesichts der allgemeinen Lage im Baugewerbe nicht absehbar“, so der Ratsherr. Ihm sei aber bereits signalisiert worden, dass die neuen Pläne mit der Stadt Mülheim abgesprochen seien, zu der die westliche Straßenseite gehört.

Bei aller Freude über das Erreichte bleibt ein Wermutstropfen. Der Stadtdirektor konnte nicht ausschließen, dass dennoch der ein oder andere Baum gefällt werden müsse, „wenn die Wurzeln bei den Sanierungsarbeiten der Fahrbahn beschädigt werden“. „Sobald man in die Tiefe geht, wird man die Wurzeln beschädigen“, bleibt SPD-Bezirksvertreterin Iris Dziura skeptisch und hofft auf alternative Sanierungsmöglichkeiten.