Essen-Fulerum. Die Humboldtstraße in Essen-Fulerum muss erneuert werden. Bürger befürchten Verlust des Grünstreifens und der 29 Bäume. Was die Stadt plant.
Dass im Zuge der geplanten Erneuerung von Fahrbahn und Gehwegen an der Humboldtstraße in Essen-Fulerum 29 Bäume gefällt werden sollen, hat bei Anwohnern und Politikern Entsetzen ausgelöst. Jetzt nimmt die Stadt Stellung.
In den sozialen Medien wird das Thema Erneuerung der Humboldtstraße seit Tagen heftig, aber nicht kontrovers diskutiert. Die Nutzerinnen und Nutzer bei Facebook sind sich weitgehend einig: Die Straße muss erneuert werden, aber auf keinen Fall zu Lasten der Bäume. Deren Erhalt müsse auf jeden Fall Priorität haben. Um mehr Menschen aufs Rad zu bringen, müsse man den Autos Platz wegnehmen, nicht der Natur.
Die Vorstellung, Bäume für Radwege zu fällen, finden die Nutzer in Zeiten, in denen alle über den Klimaschutz reden, völlig absurd. Eine Radfahrerin schreibt, dass die Straße „mit den vielen Huckeln voll doof“ sei. „Aber niemals würde ich wollen, dass dafür die Bäume weichen müssen.“ Einige suchen Lösungen, zum Beispiel einen geteilten Rad-Fußweg oder die von Politikern bereits vorgeschlagene Fahrradstraße. Andere betonen, dass man dort angesichts der Tempo-30-Zone mit dem Rad gut durchkomme.
Die Stadt Essen stellt mögliche Varianten für die Straßenerneuerung vor
Aktuell liefen erste planerische Überlegungen, gibt die Stadt bekannt. Die Baumaßnahme könnte im dritten Quartal 2024 beginnen und würde je nach Variante eine Bauzeit von rund 18 Monaten in Anspruch nehmen. Die Maßnahme wird laut Stadt nach ersten Schätzungen etwa 7,5 Millionen Euro kosten, abhängig davon, was genau umgesetzt werde.
Wegen des sehr schlechten Fahrbahnzustandes habe die Umsetzung dieser Maßnahme hohe Priorität. Die Humboldtstraße ist eine gemeindliche Hauptverkehrsstraße und Bestandteil des Radergänzungsnetzes der Stadt. „Da aktuell keine gesonderten Radfahreinrichtungen vorhanden sind, sollen gemäß den mit dem Radentscheid vereinbarten Zielen im Zuge der zwingend erforderlichen Erneuerungsmaßnahme Radverkehrsanlagen berücksichtigt werden“, so die Stadt.
Insbesondere aufgrund der topographischen Gegebenheiten an der Humboldtstraße seien dabei auch mögliche Eingriffe in die bestehenden Grünanlagen zu berücksichtigen. Laut Stadt sind die Planungen für die Straßenerneuerung sehr komplex. Ein Grund dafür ist, dass die Stadt Mülheim für die westliche Straßenhälfte im Abschnitt zwischen Waterloostraße und Max-Halbach-Straße zuständig ist, war eine enge Abstimmung erforderlich.
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Um die Bürgerinnen und Bürger in die Planung einzubinden, waren im Rahmen eines interfraktionellen Arbeitskreises mit der zuständigen Bezirksvertretung III für den Essener Westen erste Überlegungen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen präsentiert worden. Laut Stadt wurden dabei erste Varianten vorgestellt.
Für einen Radfahrstreifen müssten alle Bäume fallen
1. Planung von Radfahrstreifen: Die Planung von Radfahrstreifen (separate Radverkehrsanlagen) auf der Humboldtstraße würde einen 3,70 Meter breiteren Fahrbahnquerschnitt erfordern und dazu führen, dass annähernd sämtliche öffentlichen Parkplätze und Bäume entfallen müssten und auch nicht wieder ersetzt werden könnten. Die Variante erscheine deshalb aus Sicht der Verwaltung zunächst nachteilig.
2. Planung von Schutzstreifen: Das Amt für Straßen und Verkehr habe die Planung von Schutzstreifen geprüft. Schutzstreifen werden auf der Fahrbahn markiert und können vom Kraftverkehr im Begegnungsfall überfahren werden. Die bestehende Fahrbahn muss in diesem Fall nur um rund 1,70 Meter verbreitert werden. Auch für diese Variante müssten Bäume gefällt werden. Es verbleibe aber ein rund zwei Meter breiter Grünstreifen, auf dem wieder neue Bäume angepflanzt werden könnten.
3. Erneuerung des Fahrbahnbelags ohne Radverkehrsanlagen: Wegen der tiefgründig notwendigen Verbesserung des Straßenoberbaus würden Wurzelbereiche der Bäume geschädigt, so dass Baumfällungen auch bei dieser Variante nicht vermieden werden könnten. Die Anzahl der dann zu fällenden Bäume konnte laut Stadt bisher nicht ermittelt werden.
Die Verwaltung sucht noch nach der optimalen Lösung
4. Verlagerung des Radweges auf andere Routen: Beispielsweise wurde bereits geprüft, ob der Radverkehr auf eine andere Straße, zum Beispiel die Fulerumer Straße verlegt werden könnte. Jedoch würde ein Radweg auf der Fulerumer Straße aus Richtung Süden laut Stadt keine gleichzustellende Verbindung für den Radverkehr darstellen. Um zum Rhein-Ruhr-Zentrum zu gelangen, müsste neben einem Umweg auch die durch eine starke Steigung geprägte Wienenbuschstraße befahren werden. „Diese Alternativführung negiert die wichtige Radverbindung innerhalb des Essener Radroutennetzes und entspricht nicht den vom Radentscheid definierten Anforderungen an eine attraktive Radverkehrsinfrastruktur“, so die Stadt.
5. Prüfung weiterer Alternativen: Da keine der zuvor genannten Varianten aus Sicht der Stadt eine optimale Lösung darstelle, werden weitere Ideen für den Umbau der Humboldtstraße in Fulerum entwickelt. Dabei müsse zudem noch berücksichtigt werden, dass die Stadt Mülheim für die westliche Straßenhälfte angemeldet hat, dass der zurzeit auf Privatgrundstücken gelegene Gehweg im Rahmen der Essener Straßenbaumaßnahme verlegt werden müsse. Diese Verlagerung des Gehwegs löse eine Verlagerung der Fahrbahn aus, die auf Essener Stadtgebiet zumindest in Teilen zu Lasten des Grünstreifens gehe. Man entwickele deshalb weitere Planungen, um die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden.