Essen. Sehr lange brauchte die Polizei Essen nach einem Notruf, um in Steele einzutreffen. Daran gibt es Kritik. Die Stadt hat sich nun auch geäußert.
Die Stadt Essen hat betroffen auf die rechtsextreme Hetze reagiert, der junge Seminarteilnehmer im Stadtteil Steele offenbar im Juni ausgesetzt waren. Wie berichtet, soll eine aggressive 50-köpfige Gruppe vor der Sportsbar 300die Jugendlichen in Angst und Schrecken versetzt haben, die sich im gegenüberliegenden Kulturzentrum trafen. Die Sportsbar 300 ist die Stammkneipe der vom Verfassungsschutz beobachteten „Steeler Jungs“.
„Mit großer Empörung und Sorge habe ich die von Ihnen geschilderten Vorgänge zur Kenntnis genommen“, schreibt Ordnungsdezernent Christian Kromberg an den Landesjugendring. Die Stadt Essen dulde „weder Rassismus noch Rechtsextremismus“ und werde beides mit allen Mittel bekämpfen.
Essener Polizei traf erst zwei Stunden nach dem Notruf ein
Zuvor hatte der Landesjugendring in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister und Landesinnenminister geschildert, wie die mutmaßlich rechtsradikale Gruppe vor der Sportsbar 300 lautstark „Ausländer raus“, „Jetzt töten!“ oder „Hitler und SS zurück“ gegrölt haben soll. Durch Gesten – wie eine hochgehaltene Messerklinge – seien die Drohungen unterstrichen worden. Der Landesjugendring richtete seine Kritik vor allem gegen die Polizeibeamten, die erst knapp zwei Stunden nach einem Notruf in Steele eintrafen.
Lesen Sie auch:
Auch interessant
Warum die Beamten erst so spät vor Ort eintrafen, will die Essener Behördenleitung aufklären – auf Anfrage hieß es Montag (1.8.), dass es noch keine neuen Erkenntnisse gebe, die Untersuchung läuft weiter. Letzte Woche teilte die Behörde mit, dass der große zeitliche Abstand zwischen Notruf und Eintreffen der Beamten natürlich nicht hinnehmbar sei. Der Einsatz sei als Ruhestörung bewertet worden.
Grend-Geschäftsführerin: „Steele ist kein rechter Kiez“
Unverständnis über das Vorgehen der Essener Polizei äußert auch Gemma Russo-Bierke, Geschäftsführerin des Kulturzentrums Grend, in dem die Jugendgruppe im Juni tagte. Sie sagt. „Wenn es einen konkreten Hinweis gibt, dann kann es nicht sein, dass die Polizei erst nach zwei Stunden kommt.“ Über die Vorgänge sagt sie: „Das sendet ein politisches Signal.“ Es könne nicht sein, dass der Eindruck entstehe, dass derartige Parolen öffentlich gebrüllt werden können, ohne dass etwas geschieht. „Steele ist kein rechter Kiez“, so Russo-Bierke.
Landesjugendring NRW wendet sich an Land NRW und Stadt Essen
In seinem offenen Brief hatte der Landesjugendring aber eben nicht nur die Polizei, sondern auch die Stadt Essen ermahnt, konsequent gegen Rechtsradikale vorzugehen. In einer Antwort verweist Ordnungsdezernent Christian Kromberg darauf, dass Polizei, Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft sehr rechtzeitig die „eigentlich rechtsextremistische Gesinnung“ der Steeler Jungs entlarvt und erkannt, dass deren „Spaziergänge“ in Wahrheit als politische Demonstrationen zu werten seien, die unter das Versammlungsrecht fielen.
Wie vom Landesjugendring gefordert, unterstütze die Stadt bereits intensiv die Initiativen, die sich gegen rechtsextremistische Umtriebe richteten; etwa das breite Bürgerbündnis „Steele bleibt bunt“. Seit 2019 seien Fördermittel für das zivilgesellschaftliche Engagement vor allem an den „Runden Tisch Steele“ geflossen. Kromberg listet weitere Anstrengungen auf, etwa ein Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus oder die Umsetzung des Landesprogramms NRWeltoffen.
Selbstverständlich müsse Kinder- und Jugendarbeit in einer angstfreien Atmosphäre stattfinden. Damit dies gelinge, müssten gesellschaftspolitische Maßnahmen durch solche des Straf-, Polizei- und Ordnungsrechts flankiert werden. Er sei überzeugt, dass das „für die Sicherheitsbehörden und das in meiner Verantwortung liegende Ordnungsamt auch gewährleistet ist“, schreibt Kromberg. So sei etwa die im Ordnungsamt angesiedelte Sicherheitskoordination (Siko) in den letzten Jahren personell gestärkt worden.
Diese schöpfe alle rechtlichen Möglichkeiten aus, um das Auftreten von rechtsextremistischem Gedankengut wirksam zu bekämpfen. „Dort wo Verbote ausgesprochen werden können, werden niederschwellig diese Verbote auch verhängt.“ Die Stadt scheue zudem keine rechtlichen Überprüfungen durch das Verwaltungsgericht. „Wenn wir also eine Möglichkeit sehen, gegen die ‘Sportsbar 300’ vorzugehen, werden wir diese auch unverzüglich ergreifen.“ Der Ordnungsdezernent verspricht aber, dass er die „bedrückende Schilderung“ des Landesjugendrings zum Anlass nehme, „alle Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Räume der Kinder- und Jugendarbeit zu untersuchen“.
Zur generellen Situation in Steele sagt Grend-Geschäftsführerin Gemma Russo-Bierke, dass es die „orchestrierte Präsenz“ der Steeler Jungs in Form von wöchentlichen „Spaziergängen“ nicht mehr gebe. „Es ist entzerrt, wie sie sich treffen, aber es gibt sie immer noch.“ Mal dienstags, mal donnerstags – es sei aber nur „oberflächlich ruhiger“. Es gebe immer wieder kleinere Reibereien, wie Vandalismus. „Das ist aber nicht zurückzuverfolgen“, so Russo-Gierke. Trotzdem sei es ihr persönlich wichtig, dass auch solche Vorfälle aktenkundig würden.
Stadt fördert Integration im Stadtteil Steele
Ordnungsdezernent Christian Kromberg weist auf verschiedene Aktionen hin, die dazu beitragen sollen, im Stadtteil Steele Integration zu fördern und Extremismus zu verhindern:
Jugendkulturfestival auf öffentlichen Plätzen in Steele am 24./25. September 2022; Barcamp mit Jugendlichen am 24. September im Gemeindezentrum Königssteele; Teilnahme am Förderprogramm des Bundes „Kommunales Konfliktmanagement“ ab 2022; Unterstützung des „Tages der offenen Gesellschaft“ 2022; Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum im Rahmen des Projektes „Modellkommune Deradikalisierung“; Angebote zu den Themen Digitaler Raum, Elternarbeitund Sport; Angebote im öffentlichen Raum in Steele: „Unser Stadtteil ist lebenswert“ 2021; Sport in Vielfalt – Vielfalt im Sport 2021 und Kampfsport in Kooperation mit dem Polizeisportverein (2021).