Essen. Bahnhofs-Check in Essen: Nach Werden, Essen-West, Borbeck und Steele ist jetzt der Bahnhof Altenessen an der Reihe: ein Ort mit etlichen Mängeln.

Als die Essener Innenstadt bei Kriegsende 1945 in Schutt und Asche lag, übernahm der Altenessener Bahnhof mühelos die Funktion eines Ersatz-Hbf. Diese Zeiten sind lange vorbei. Heute tut sich der Bahnhof schwer, Anschluss zu halten. Die langgezogene Bauruine direkt gegenüber verstärkt das Dilemma. Immerhin liegt eine Abrissgenehmigung vor. Und direkt gegenüber leuchtet das Süd-Karree auf. Wer optimistisch ist und geduldig, darf wenigstens behaupten: Der Bahnhof Altenessen und sein Umfeld haben Potenzial.

Taktung

Vom Altenessener Bahnhof sind eine Reihe von Ruhrgebiets-Großstädten wie Gelsenkirchen, Oberhausen, Dortmund und Duisburg direkt zu erreichen.
Vom Altenessener Bahnhof sind eine Reihe von Ruhrgebiets-Großstädten wie Gelsenkirchen, Oberhausen, Dortmund und Duisburg direkt zu erreichen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Altenessen Bf liegt auf der zweiten Grundstrecke des Reviers und damit an drei wichtigen Regionallinien: RE 3 (Hamm – Düsseldorf), RB 32 (Dortmund – Duisburg) und RB 35 (Gelsenkirchen – Mönchengladbach). Alle drei Linien verkehren im Stundentakt. Das heißt: Je Richtung gibt’s drei Züge pro Stunde. Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn NRW, hofft, dass der Bahnhof Altenessen perspektivisch aufgewertet werden könnte, wenn es mit dem RRX einen schnelleren Regionalverkehr gibt. Der Bahnsteig ist für den RRX extra verlängert worden.

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Der RB 35, so Ebbers, biete mehr Kapazität als früher die S 2. Ein nützlicher Tipp: Wer in aller Frühe zum Flughafen Düsseldorf muss, sollte in Altenessen um 3.35 Uhr in die Eurobahn steigen.

Pendler schätzen den Bhf Altenessen als Alternative zum Hauptbahnhof. Wer nach Dortmund, Duisburg, Oberhausen oder Gelsenkirchen will, kann hier abfahren. Auch für auswärtige Pendler ist der Bahnhof dank der guten Anbindung an die Ruhrbahn ein bevorzugter Ort zum Ankommen.

Aus Sicht des Altenessener Kommunalpolitikers Martin Schlauch (SPD-Ratsmitglied) sollte die Taktung weiter verbessert werden.

Anbindung an Bus, Tram, Leihfahrräder, Radwegenetz

Der Bahnhof Essen-Altenessen ist gut angebunden an das Angebot der Ruhrbahn. Der Umstieg auf U-Bahnen, Bussen und Straßenbahn – hier die Tramlinie 108 nach Bredeney - ist einfach. Es fehlt der Anschluss ans große Radwegenetz.
Der Bahnhof Essen-Altenessen ist gut angebunden an das Angebot der Ruhrbahn. Der Umstieg auf U-Bahnen, Bussen und Straßenbahn – hier die Tramlinie 108 nach Bredeney - ist einfach. Es fehlt der Anschluss ans große Radwegenetz. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel
Der Wechsel von der Bahn in die U-Bahn funktioniert in Altenessen prima. Allerdings könnte die Einhausung mal frische Farbe vertragen.
Der Wechsel von der Bahn in die U-Bahn funktioniert in Altenessen prima. Allerdings könnte die Einhausung mal frische Farbe vertragen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Der Bahnhof Altenessen wird täglich von fast 4300 Fahrgästen genutzt und ist sehr gut angebunden. Direkt am Bahnhof hält die Tramlinie 108, die von hier nach Bredeney fährt. Hinzu kommen die U-Bahn-Linien 11 (Gruga bis GE Buerer Straße) und 17 (Margarethenhöhe – Karlsplatz). Die Buslinie 172 hält an der Rückseite des Bahnhofs auf der Krablerstraße. Am Süd-Karree vis-à-vis gibt’s Anschlüsse an die Buslinien 140 und 183. Leihräder (Metropol) sind genauso vorhanden wie ein Taxiplatz.

Die Bügel zum Abstellen von Fahrrädern werden am Bahnhof Altenessen nicht genutzt.
Die Bügel zum Abstellen von Fahrrädern werden am Bahnhof Altenessen nicht genutzt. © G.N.

Radfahrer freuen sich auf den Tag, an dem der Bhf Altenessen an den Radweg Zangenstraße (vom RS1 kommend) angebunden wird. „Ich wünsche mir, dass es schneller geht“, sagt Martin Schlauch, der allerdings davon ausgeht, dass es erst 2025 soweit sein wird. Vom Kaiser-Wilhelm-Park/Palmbuschweg kommend führt keine Radspur bis zum Bahnhof. Dort gibt es zwar Fahrradbügel, aber sie werden kaum bis gar nicht genutzt.

Sauberkeit

Als wir uns den Bahnhof am Mittwoch (11. Mai) in der Mittagszeit anschauen, macht der mehr als 200 Meter lange Bahnsteig einen passablen Eindruck. Aber etliche Pendler beklagen sich über Vandalismus und bemängeln die fehlende Sauberkeit. So auch Angelika Scholz aus Werden, die regelmäßig von Altenessen aus das Centro in Oberhausen ansteuert. Sie sagt: „Der Eingangsbereich ist oft dreckig und im Aufzug stinkt’s.“

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Eine Unsitte auf vielen rauchfreien Bahnhöfen – auch in Altenessen: Fahrgäste zünden sich auf dem Bahnsteig eine Zigarette an und werfen die Kippen achtlos auf den Boden. Ein Sprecher der Deutschen Bahn in NRW sagt: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reinigen den Bahnhof drei Mal pro Woche – bei stärkerer Vermüllung sind sie auch häufiger vor Ort.“ Ziemlich ungepflegt wirkt die Rückseite zur Krablerstraße hin. Aber auch an der Vorderseite gibt’s Probleme. „Die Müll-Container neben der Bauruine ziehen Ratten an“, sagt Vural Taskin, Inhaber des „,Mini Markt“ an der Ecke Altenessener Straße.

Service

Das Team vom Mini-Markt: Vural Taskin (rechts) und sein Neffe Agit Karakas bedienen die Kundschaft am Bahnhof Altenessen von 5 Uhr bis Mitternacht. Sie beklagen sich über Diebstähle und dringen auf Video-Überwachung
Das Team vom Mini-Markt: Vural Taskin (rechts) und sein Neffe Agit Karakas bedienen die Kundschaft am Bahnhof Altenessen von 5 Uhr bis Mitternacht. Sie beklagen sich über Diebstähle und dringen auf Video-Überwachung © G.N.

Der Fahrkartenautomat samt Entwerter befindet sich oben auf dem Bahnsteig. An der Tramhaltestelle gibt’s einen weiteren Ticketautomaten.

Eine gute Adresse für Reisende ist der Mini-Market an der Ecke Altenessener. Vural Taskin betreibt ihn seit acht Jahren. Geöffnet: 5 bis 23 Uhr (im Sommer bis Mitternacht). Es gibt belegte Brötchen, Kaffee, Sesamringe und verschiedene Sorten Börek.

Fahrgäste vermissen eine öffentliche Toilette. Vural Taskin: „Die Leute pinkeln einfach in den Aufzug oder in die Unterführung am Bahnsteig.“

Fritz Faupel aus Hannover, dort Leiter des ÖPNV-Kundencenters (ÜStra) und Vorsitzender des Fördervereins Straßenbahn, ist zu Besuch in Essen. Ihm fällt sofort auf, dass die Uhr am Tram-Bahnsteig nicht funktioniert. Die Fahrgastinformation fände er übersichtlicher, wenn das Angebot von DB und Ruhrbahn sauber voneinander getrennt wäre.

Ein Pluspunkt für den Wartekomfort: Der Bahnsteig ist auf gut 100 Meter Länge überdacht. Zwei gläserne Wartebuchten mit Sitzbänken schützen obendrein vor Wind.
Ein Pluspunkt für den Wartekomfort: Der Bahnsteig ist auf gut 100 Meter Länge überdacht. Zwei gläserne Wartebuchten mit Sitzbänken schützen obendrein vor Wind. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Wartekomfort

Positiv: Der Bahnsteig ist auf rund 100 Meter Länge überdacht. Ferner gibt’s zwei gläserne und windgeschützte Wartebereiche mit jeweils vier Sitzbänken. Auch unten an der Tram-Haltestelle können sich Wartende unter dem langgezogenen Vordach vor Regen und Schnee schützen. Es gibt dort Sitzbänke.

Barrierefreiheit

Der Aufgang zum Bahnsteig hat keine Rolltreppen, dafür gibt es einen Aufzug. Dieser ist so groß, dass selbst die Mitnahme eines E-Bikes problemlos möglich ist. Pendler, wie der Security-Mann aus Herne, der am Campus der Uni Essen arbeitet, beklagen sich darüber, dass der Aufzug (Baujahr 2020) schon mal monatelang außer Betrieb war. Ein Pluspunkt: Rollstuhlfahrer können den Bahnhof zur Krablerstraße hin über eine Rampe verlassen.

Parkmöglichkeiten

Der große Parkplatz an der Krablerstraße eignet sich hervorragend für Park & Ride. Leider sind einige Stellplätze zweckentfremdet, sie dienen als Abstellplatz für abgemeldete Kfz. An der Bushaltestelle (172) liegt Sperrmüll. Direkt vor dem Bahnhof gibt’s weitere Stellplätze. Ginge es nach dem Altenessener Kommunalpolitiker Schlauch, könnte P & R erweitert werden. „Der Bedarf ist vorhanden.“

Ein Angstraum ist die kurze Unterführung unter dem Bahnhof Altenessen nicht. Aber der Inhaber des Kiosks berichtet von Diebstählen, Sicherheitsproblemen und Respektlosigkeiten im Bahnhofsumfeld.
Ein Angstraum ist die kurze Unterführung unter dem Bahnhof Altenessen nicht. Aber der Inhaber des Kiosks berichtet von Diebstählen, Sicherheitsproblemen und Respektlosigkeiten im Bahnhofsumfeld. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Subjektive Sicherheit

Die Frau aus Werden fühlt sich abends unwohl am Bahnhof. „Ich bin schon mal angepöbelt worden“, sagt sie. Ein besorgniserregendes Bild zeichnet der Inhaber des Mini-Market. Die Ratten, die geklauten Fahrräder, Taschendiebstähle am helllichten Tag und die fehlende Videoüberwachung – „wir haben deshalb schon Kopfschmerzen“, stöhnt Vural Taskin. Vom Ordnungsamt und der Polizei wünscht er sich, dass härter durchgegriffen wird. Eine Reihe von Beschwerden seien jedoch unbeantwortet geblieben.

Fazit

Als „entwicklungsbedürftig“ stuft der aktuelle Stationsbericht des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr den Bahnhof Altenessen ein. Tatsächlich wirken der Bahnhof und sein Umfeld ziemlich vernachlässigt. Die Einhausung zur U-Bahnstation ist schäbig, könnte mal frische Farbe vertragen. Wir geben insgesamt die Schulnote „ausreichend“. Die Deutsche Bahn in NRW teilt mit: „Eine Modernisierung des Bahnhofs ist derzeit nicht geplant.“ Schade. Denn es gibt viel Potenzial. Das Süd-Karree hat das Quartier bereits spürbar aufgewertet. Verschwindet endlich die Bauruine und wird der Bhf Altenessen ans große Radwegenetz angeschlossen, dürfte der Ruf nach Bahnhofs-Modernisierung laut werden. Altenessen hätte es verdient.