Essen. Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Essen kommen, nimmt deutlich zu. Fast 600 Heimplätze sind belegt. Die Stadt plant schon die Reserveplätze ein.

Die Stadt Essen hat im vergangenen Jahr wieder mehr Flüchtlinge aufgenommen als noch 2020 und der Trend hält weiter an. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die am Dienstag (15.2.) im Sozial- und Integrationsausschuss der Stadt vorgestellt wurden. Ende Januar lebten in Essen 573 Menschen in Flüchtlingsunterkünften, zwei Monate vorher waren es noch 420. Die meisten stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak.

Essen hat 850 reguläre Plätze in Flüchtlingsunterkünften

In den Heimen stehen 850 reguläre Plätze zur Verfügung, weitere 586 Reserveplätze können binnen vier Wochen aktiviert werden. Die Stadt plant bereits, auf diese Reserve zurückzugreifen. Denn: „Eine Vollbelegung ist aufgrund der Corona-Pandemie aktuell nicht möglich.“ Das Amt für Soziales und Wohnen beobachte die Lage und gehe davon aus, dass die Zahl der Zuweisungen kurzfristig nicht zurückgehen werde. Daher bemühe man sich verstärkt auch, die Heimbewohner in eigene Wohnungen zu vermitteln.

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Zwar stieg die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge von 2020 auf 2021 insgesamt nur gering von 315 auf 327 Personen an, doch allein im Dezember 2021 wurden Essen 122 Flüchtlinge zugewiesen. Seither sei der Anstieg ungebrochen, teilt die Stadt mit. „Grund dafür ist, dass in den Landeseinrichtungen unter Corona-Bedingungen kaum noch Kapazitäten zur Verfügung stehen.“

Viele Flüchtlinge ziehen zu Verwandten nach Essen

Nimmt man nur die offiziellen Zuweisungen nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, erfüllt Essen die Aufnahmequote mit knapp 100 Prozent. Allerdings hätten rechtlich anerkannte Flüchtlinge „oft die Möglichkeit und den Wunsch, direkt bei Familienangehörigen oder Verwandten unterzukommen – die Unterbringung in einem Übergangsheim ist dann nicht erforderlich“, erklärt die Stadt. Essen mit einer großen syrischen und afghanischen Community zieht erfahrungsgemäß häufig Familienmitglieder an, auch solche, die bereits in anderen deutschen Städten leben. Berücksichtige man diese Zuzügler, erfülle Essen die Zuweisungsquote mit 238 Prozent über. So weist es die Verteilstatistik der Bezirksregierung Arnsberg für Ende Januar aus.

In der Essener Entwicklung spiegelt sich auch der bundesweite Trend: So ist im vergangenen Jahr die Zahl der Asylanträge auf rund 148.000 gestiegen, 2020 waren es nur gut 100.000. Die meisten der Antragsteller kam aus Syrien, gefolgt von Afghanistan und dem Irak. Nordrhein-Westfalen nimmt gut ein Fünftel der Flüchtlinge auf, davon entfallen rund drei Prozent auf Essen. Im vergangenen Jahr waren das viele Neuzugezogene, darunter auch Ortskräfte aus Afghanistan. Auch im Januar nahm Essen fünf Ortskräfte auf.

Nach den Angaben der Stadt habe es sich 2020 beim Großteil der Flüchtlinge nicht um „echte“ Neuankömmlinge gehandelt, sondern um Minderjährige, die in Essen geboren wurden und später die offizielle Zuweisung für die Stadt erhielten. Bis November 2021 wurden Essen nur durchschnittlich 19 Flüchtlinge pro Monat zugewiesen – im Januar 2022 waren es 70. Diese Entwicklung setze sich fort.