Essen. . Die Stadt Essen ordnet ihre Heim-Landschaft neu: Marode Flüchtlingsheime werden leer gezogen und aufgegeben, neue Einrichtungen eröffnet.
- 750 freie Plätze hat die Stadt Essen derzeit in ihren Flüchtlingsunterkünften
- Die entspannte Situation wird genutzt, um marode Heime aufzugeben und die Bewohner andernorts unterzubringen
- Die Asyl-Firma European Homecare muss 57 Mitarbeitern kündigen, weil sie Standorte verloren hat
Weil die Flüchtlingszahlen deutlich zurückgegangen sind, kann die Stadt derzeit kleinere und veraltete Unterkünfte freiziehen und die Bewohner auf andere Heime verteilen. „Im Moment haben wir keine Kapazitätsprobleme“, sagt Hartmut Peltz, Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen.
Frei geworden sind dieser Tage die Einrichtungen Gerhardstraße in Schonnebeck (26 Plätze), Alte Bottroper Straße in Bergeborbeck (62), Wengestraße in Schonnebeck (44) und Sartoriusstraße in Rellinghausen (59). Das Mehrfamilienhaus an der Dahlhauser Straße 185 in Horst (26) wird in Zukunft wieder für Aussiedler genutzt.
Im Juni sollen Flüchtlinge ins Kloster Schuir ziehen
Geht es nach der Verwaltung, sollten die anderen vier Standorte endgültig aufgegeben werden. Dazu bedarf es jedoch noch eines Ratsbeschlusses. Den gibt es bereits für die maroden Unterkünfte an der Worringstraße in Burgaltendorf (145 Plätze) und an der Langenberger Straße in Überruhr (117). Beide Heime werden Ende Juli frei; die Nachnutzung der Standorte ist noch nicht geklärt.
Ab Juni steht das frühere Kloster Schuir mit mehr als 500 Plätzen bereit. Auch die nur unwesentlich kleinere Immobilie an der Münchner Straße in Holsterhausen soll dann fertig werden. Angesichts der aktuellen Zahlen mag all das überdimensioniert scheinen: Derzeit leben 2241 Flüchtlinge in städtischen Heimen – es gibt stolze 750 freie Plätze. Kein Vergleich zum Juni 2016 als 6000 Heimplätze – ein Spitzenwert – belegt waren.
Die Caritas kehrt an die Grimbergstraße zurück
Hartmut Peltz weist darauf hin, dass Essen bis Ende Mai keine neuen Flüchtlinge zugewiesen werden. Was danach geschehe, sei ungewiss. Die jetzige Atempause hilft gewiss, die Heim-Landschaft neu zu ordnen. Dazu passt, dass die Betreuung für einige Standorte neu vergeben wurde. So bekam das Diakoniewerk den Zuschlag für die Papestraße (400 Plätze) in Holsterhausen, für Lerchenstraße (110), Ruhrtalstraße (175), und Im Löwental (44) in Essens Süden.
Die Caritas kehrt nach einem fünfmonatigen Zwischenspiel der Asylfirma European Homecare (EHC) an die Grimbergstraße in Kray zurück. Es habe wohl geholfen, dass die Stadt bei der aktuellen Ausschreibung die Qualität höher wertete als den Preis, sagt Caritas-Direktor Björn Enno Hermans. Der Standort, den die Caritas seit 25 Jahren kennt, wartet mit neuen Herausforderungen: „Neben dem heruntergekommenen Altbau gibt es nun einen Neubau – das trägt nicht zum sozialen Frieden zwischen den Bewohnern bei.“
European Homecare muss 57 Mitarbeitern kündigen
Der einstige Platzhirsch EHC musste nach dem Verlust einiger Heime erneut 57 Kündigungen aussprechen, nachdem er sich erst im Dezember 2016 von 150 Mitarbeitern getrennt hatte. Die Firma, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 einen Gewinn von fast 26 Millionen Euro machte, will sich künftig breiter aufstellen; etwa in der Pflege und der Touristik.
Eine Schwerpunktverschiebung erlebt auch die Stadt: Während sie bei den Unterkünften nun gut aufgestellt ist, wird die Integration zur Mammutaufgabe: Allein zwischen April 2016 und April 2017 sind 4700 Flüchtlinge in eigene Wohnungen gezogen, so Hartmut Peltz. 1257 leben in städtischen Projektwohnungen, wo sie ein Jahr lang von Sozialarbeitern betreut werden. Doch schon vor einem Jahr zogen die Wohlfahrtsverbände die Notbremse: Mit den vorhandenen Mitteln und Mitarbeitern könne man die Arbeit nicht länger leisten. Und Ehrenamtliche fühlten sich mit der Betreuung naturgemäß auch überfordert.
So beschloss die Stadt im Dezember, stattdessen die Anlaufstellen (Bürgerläden, Jugendamt) in den Stadtteilen zu verstärken. In seiner nächsten Sitzung soll der Rat das überarbeitete Konzept absegnen. „Dann muss es endlich losgehen“, fordert Hermans. „Unsere ehrenamtliche Flüchtlingshilfe berät Woche für Woche 90 Leute.“