Essen. Die Außengastronomie in Essen darf Pfingsten wohl wieder öffnen. Die Wirte sind vorbereitet, haben aber nicht nur mit Blick aufs Wetter Sorgen.

Viele Essener Gastronomen haben in den zurückliegenden Tagen gebannt auf zwei Dinge geschaut: den Sieben-Tage-Inzidenzwert und das Wetter an Pfingsten. Zumindest die Entwicklung bei der Inzidenz macht Hoffnung: Auch am Dienstag lag sie den vierten Werktag in Folge deutlich unter der entscheidenden 100er-Marke. Wenn es am Mittwoch nicht noch einen unerwarteten Sprung nach oben gibt, dann steht fest: Am Freitag, pünktlich vor Pfingsten, darf in Essen die Außengastronomie wieder öffnen.

Die Freude darüber mischt sich bei den meisten Gastronomen jedoch mit einer großen Portion Skepsis. Wie wird das Geschäft nach fast sieben Monaten Zwangspause wieder anlaufen? Zumal Gäste nur draußen sitzen dürfen und das Pfingstwetter momentan eher nicht dazu einladen dürfte: 13 Grad und Schauerwetter sind angekündigt.

Essen: „Vorsichtige Öffnung“ im „Lukas“ in Kupferdreh

Andreas Krämer, Inhaber des „Lukas“ in Kupferdreh, will daher nur „sehr vorsichtig öffnen“. Der Biergarten wird offen sein, die Speisekarte ist reduziert, genauso das Personal. Vor allem die Familie wird helfen. „Ich schau mir das erst einmal an“, sagt Krämer und macht aus seinen gemischten Gefühlen kein Hehl. Denn was ist, wenn wegen des Wetters nur wenige Leute kommen? Was ist, wenn die Inzidenz nach kurzer Zeit wieder über die 100 klettert? Dann nämlich würde der nächste Lockdown anstehen.

Im Café Extrablatt an der Lichtburg steht Betriebsleiter René Burauel ebenfalls in den Startlöchern. In den vergangenen Tagen haben er und die Mitarbeiter die Terrasse gesäubert, Blümchen gepflanzt, Waren bestellt. „Der Laden ist fertig. Es kann losgehen“, sagt Burauel.

Personal nach langer Kurzarbeit abgesprungen

Vor allem für die Mitarbeiter sei es ein wichtiger Schritt. Fast sieben Monate Kurzarbeit mit deutlich weniger Einkommen muss man erst einmal durchstehen. Nicht jeder ist da bei der Stange geblieben, sondern hat sich einen alternativen Job gesucht. Etwa 20 Prozent vom Personal habe das Extrablatt verloren, sagt Burauel. Es kämen zwar weiter Bewerbungen, doch die neuen Mitarbeiter müssten erst angelernt werden. Das ist aufwendig.

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Nicht alle Abläufe dürften daher nach einer so langen Zwangspause gleich wieder reibungslos funktionieren. Die Wirte hoffen auf die Geduld und Nachsicht der Gäste. Auch Andreas Krämer vom „Lukas“ ist gespannt, „mit welcher Erwartungshaltung die Gäste nach so langer Zeit zurückkehren werden“.

Nicht geimpfte Gäste brauchen einen Corona-Test

Doch: Kommen sie überhaupt so schnell zurück? Schließlich gilt jetzt eine Testpflicht für alle, die noch nicht durchgeimpft oder genesen sind. „Für die Gäste ist das schon sehr mühselig“, ahnt René Burauel. Immerhin: Die Corona-Tests gelten dann nicht mehr nur 24 Stunden sondern 48 Stunden, wie eine Stadtsprecherin betont. Damit lassen sich Einkäufe und Restaurantbesuche besser kombinieren.

Auch der Wirt der „Heimlichen Liebe“, Stefan Romberg, räumt ein, dass die Einlass-Kontrollen problematisch sein könnten. „Wer darf rein, wer nicht?“ Dennoch glaubt er, dass sich Gäste von der Testpflicht nicht abschrecken lassen. Am Pfingstmontag rechnet er für sich und sein Team daher mit einem „Großkampftag“. „Wir hoffen, dass wir dann 1000 Leute hier bedienen können.“

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Die telefonische Bandansage der „Südtiroler Stuben“ am Baldeneysee kündet ebenfalls von der Freude der bevorstehenden Öffnung: „Bald ist es endlich wieder soweit, und wir dürfen unseren Außenbereich öffnen.“ 10 Uhr soll der Biergarten am Freitag öffnen, allerdings gibt es dafür keine Tischreservierung.

Haus Gimken zählt schon viele Reservierungen

Im Haus Gimken in Borbeck spürt man bereits die Sehnsucht der Menschen nach der Gastronomie. Schon jetzt sind alle geschützten Plätze im Biergarten über Pfingsten ausgebucht. „Die Leute wollen wieder raus und im Restaurant essen“, sagt Geschäftsführer Stefan Malich. Allerdings wird es auch im Haus Gimken nur die reduzierte To-Go-Karte geben. Denn der Gastronom hat in den wenigen Tagen bis zur Öffnung nicht mehr alle Waren ordern können. Auch bei bestimmten Biersorten sei eine so kurzfristige Lieferung nicht möglich gewesen.

Hinzu kommt: Der Aufwand für die Gastronomen ist nun größer geworden. Sie müssen nicht mehr nur die Daten ihrer Gäste für die Rückverfolgung aufnehmen. Sie müssen nun auch kontrollieren, ob ein gültiger Test vorliegt, ob jemand schon zweimal geimpft wurde oder nach einer Corona-Erkrankung wieder genesen ist. Malich hat dafür extra einen Mitarbeiter eingestellt, der nichts anderes tut als sich um den „Check in“ im Restaurant zu kümmern.

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Ob sich die Öffnung der Außengastronomie für ihn am Ende lohnen wird? Vor allem für die Mitarbeiter sei es eine Aufbruchstimmung. „Alle freuen sich, wieder Menschen hier im Haus zu sehen“, sagt Malich. Als Betriebswirt ist er jedoch skeptisch. „Wenn wir eine schwarze Null schreiben, wäre es gut. Geld werden wir wohl nicht verdienen.“

„Dampfe“ öffnet Pfingsten noch nicht

Martin Grahl, Geschäftsführer des Borbecker Brauhauses „Dampfe“, hat die Rechnung bereits aufgemacht und sich gegen eine Öffnung an Pfingsten entschieden. „Mir reichen die Perspektiven nicht aus, um einen Wirtschaftsbetrieb dieser Größe hochzufahren“, sagt er. Auch das wechselhafte Wetter sei ihm ein zu hohes Risiko: „Dann wirft man die Ware womöglich weg.“ Bei 13 Grad und Regen bringe eine Öffnung der Außengastronomie nichts.

Generell hält Grahl die Corona-Lockerungen der Politik für unausgegoren. „Ich habe den Eindruck, da weiß keiner, was es bedarf, eine Gastronomie zu betreiben.“ Was er vermisst, sind längerfristige Perspektiven. „Allein bei den Inzidenzen sind Sie ausgeliefert wie auf hoher See und in Gottes Hand.“

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Grahl stößt sich auch daran, dass den Gastronomen die Kontrollpflicht für Tests, Impfausweise, ärztliche Bescheinigungen aufgebürdet wird. „Das sind medizinische Unterlagen. Welche Funktion haben wir bitteschön? Sollen wir uns den Personalausweis zeigen lassen?“, spielt er auf den Fakt an, dass es immer wieder Berichte zu Fälschungen gibt.

Die „Dampfe“ ist nicht die einzige Gastronomie, die in Essen am Pfingstwochenende nicht öffnet. Beispielsweise bleibt auch das Jagdhaus Schellenberg noch geschlossen.

Bei Stauder läuft Fassbierabfüllung langsam wieder an

Auch die Privatbrauerei Stauder geht momentan eher von einer Zurückhaltung in der Gastronomie aus. „Angesichts der bescheidenen Wettervorhersage für Pfingsten und einer Öffnungsperspektive ausschließlich für die Außengastronomie werden sich unsere Fassbierabsätze in dieser Woche nur in bescheidenem Rahmen abspielen“, glaubt Geschäftsführer Axel Stauder. Stauder hat am Montag und Dienstag erstmals nach Monaten wieder Fassbier abgefüllt.

Trotz eines möglicherweise verhaltenen Starts nach dem monatelangem Lockdown, ist Stauder zuversichtlich: „Endlich geht es wieder los geht mit der Gastronomie, auch wenn es vieler kleiner Schritte bis zur Normalität bedarf.“