Essen. Bei Stauder stehen hunderte Fässer Bier herum, die im April ablaufen. Muss die Essener Brauerei das Bier vernichten, wenn der Lockdown andauert?

Friseure dürfen ab 1. März öffnen. Der Einzelhandel kann sich bei einem stabilen Inzidenzwert von 35 Hoffnung machen. Die Gastronomie wartet dagegen bislang vergebens auf irgendein Öffnungszeichen. Die Frage, wann Restaurants wieder Gäste begrüßen dürfen, treibt aber nicht nur die Branche um. Auch bei der Brauerei Jacob Stauder wird sie drängender.

Nicht nur, dass das Unternehmen vor Corona ein Drittel seines Bierabsatzes in die Gastronomie verkauft hat und dieses Geschäft im vergangenen Jahr um die Hälfte zusammengebrochen ist. Bei Stauder droht durch den langen Lockdown ein weiterer wirtschaftlicher Schaden:

Rund 1000 Bierfässer à 30 bzw. 50 Liter lagern derzeit auf dem Hof an der Stauderstraße in Altenessen. Sie laufen im April ab. Sollte die Gastronomie noch länger im Lockdown bleiben müssen, dann „kann es passieren, dass wir das Bier tatsächlich wegschütten müssten“, sagt Axel Stauder, einer der beiden Brauerei-Chefs. Hochgerechnet wären das dann rund 40.000 Liter Bier. Damit erginge es Stauder wie vielen anderen Brauereien, die schon jetzt davon berichten, dass sie abgelaufenes Bier vernichten müssen.

Stauder fordert Öffnung der Gastronomie im März

Axel Stauder hofft natürlich, dass es nicht soweit kommen muss. „Wir hoffen, dass auch die Gastronomie im März wieder öffnen darf“, sagte er. Schließlich mussten Gaststätten als erste im November in den Lockdown. „Es darf deshalb nicht sein, dass diese als letzte wieder öffnen“, so Stauder.

Axel Stauder (rechts) und sein Vetter Thomas Stauder führen gemeinsam das Familienunternehmen.
Axel Stauder (rechts) und sein Vetter Thomas Stauder führen gemeinsam das Familienunternehmen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Noch gibt es von der Politik so gut wie kein Signal in Richtung Gastronomie. Lediglich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte vor einer Woche eine Öffnung Richtung Ostern angedeutet. Das wäre erst Anfang April. Davon war aber nach den Bund-Länder-Gesprächen vergangenen Mittwoch keine Rede mehr.

Stauder schreibt im Corona-Jahr tiefrote Zahlen

Bereits das vergangene Jahr hat die Brauerei durch Corona stark belastet. Die Gastronomie war vier Monate geschlossen, es fanden keine großen Feste statt und es gab keine Fußballspiele vor Publikum. Statt eines Gewinns, wie er noch zu Beginn des Jahres erwartet worden war, standen bei der Brauerei am Ende „tiefrote Zahlen“.

Wie groß das Minus ausfiel, wollte Axel Stauder nicht sagen. Die Zahlen des abgelaufenen Jahres sind noch nicht testiert. Nur so viel sagte der Brauerei-Chef: Der Verlust sei fünfmal größer als der geplante Gewinn. „Es wird lange dauern, bis wir das wieder aufgeholt haben.“

Absatzrückgang bei Stauder im Branchenschnitt

Bei den Absatzzahlen dagegen war Stauder fast noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Der Brauereibetrieb verkaufte unterm Strich 6,5 Prozent weniger Bier und lag damit in etwa im Branchendurchschnitt. Den verlorenen Fassbieranteil konnte die Familienbrauerei zum Teil durch einen höheren Flaschenverkauf kompensieren. „Unter den Rahmenbedingen haben wir uns noch gut geschlagen“, sagte Axel Stauder. Dass am Ende des Geschäftsjahres beim Gewinn dann doch ein großes Minus stand, lag unter anderem auch an Fixkosten, die unabhängig von der Absatzmenge sind.

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Noch Anfang des Jahres 2020 hatte Stauder eine seiner größten Investitionen in der jüngeren Firmengeschichte abgeschlossen: den Bau einer neuen Flaschenabfüllanlage. Sie kostete rund zwei Millionen Euro. „Die Anlage ging im Frühjahr gerade rechtzeitig in Betrieb“, blickt Axel Stauder zurück. Denn so konnte die Brauerei den steigenden Absatz bei Flaschen besser bedienen.

In der Corona-Krise brachte die Essener Brauerei außerdem zwei neue Produkte auf den Markt und baute sich einen Online-Shop auf. „Das ist noch ein zartes Pflänzchen“, räumte Axel Stauder ein. Aber mit Blick in die Zukunft soll es einen weiteren Vertriebsweg öffnen.