Essen. Hunderte Fässer Bier wegzukippen, war dann doch nicht nötig. Doch es gibt auch andere Gründe, warum Stauder trotz Corona-Frust Zuversicht schöpft.

Die schlechte Nachricht vorweg, und da müssen Freunde eines „kühlen Blonden“ jetzt ganz ganz stark sein: Ja, sie haben in Altenessen dann doch das eine oder andere Fass Stauder-Bier in den Ausguss kippen müssen. Nicht gleich hunderte, wie noch Mitte Februar befürchtet, aber doch so viel, dass Axel Stauder hörbar seufzen muss: Der Tag des deutschen Bieres an diesem Freitag, der an das Reinheitsgebot aus dem Jahre 1516 gemahnt, er bietet zum zweiten Mal in Folge keinen echten Grund zu feiern.

Denn die Gastronomie liegt weiter brach und damit nahezu das komplette Geschäft mit Fassbier – in der kleinen Kneipe und im großen Stadion, bei Festen wie Veranstaltungen. Noch ist nicht abzusehen, wann die Zapfhähne wieder glühen, nicht angesichts steigender Infektionszahlen und angezogener Notbremsen, was eine mittelständische Brauerei schon deshalb grämen muss, „weil es definitiv keine Nachhol-Effekte geben wird“, wie Stauder achselzuckend sagt.

Wo die Gastronomie nicht ordert, entfällt ein Drittel des Umsatzes

Die Folge: Immerhin ein Drittel vom Umsatz der Altenessener Stauder-Brauerei fällt zunächst weg. Den bereits abgefüllten Gerstensaft als Marketing-Gag für „To go“-Kundschaft auszuschenken, verbietet sich: „Da hätten wir den Hof voll gehabt mit fröhlichen Menschen“, sagt Axel Stauder augenzwinkernd, was nicht gut ankommt, wenn andernorts darum gerungen wird, Kontakte gerade zu vermeiden.

Stauder in Zahlen

Hopfen und Malz erhalten die Stauder-Brauerei („Stauder“, „Stern“, „tut gut“) seit mittlerweile 154 Jahren – und seit 1888 schon auf dem Gelände in Altenessen. Nicht zuletzt dank eines warmen Sommers kam das Traditions-Unternehmen mit seinen rund 100 Mitarbeitern im Jahr 2019 auf einen Jahresumsatz von 24,7 Millionen Euro – und erzielte einen Jahresüberschuss von 348.000 Euro.

Dass mancher große Konkurrent im Bemühen, nichts verkommen zu lassen, kurzerhand das Mindesthaltbarkeitsdatum weiter ausreizte und neue Banderolen druckte, erstaunt den Geschäftsführer dann aber doch: Bier verderbe zwar nicht wirklich, aber auf Dauer leide die Qualität (s)eines Produkts, das frisch am besten ankommt. Sieben Monate, mehr Zeit gibt man sich bei Stauder in der Regel nicht, wenn das Bier einmal im Fass schwimmt.

Die Bundeshilfen – für Stauder eher eine Form des „Schadensersatzes“

Dennoch gibt es zwar Kurzarbeit im Vertrieb und im Veranstaltungs-Management, aber nicht in der Produktion: Denn einen Gutteil der Fassbier-Verluste hat man durch ein beachtliches und – verglichen mit der sauerländischen Konkurrenz – auch überdurchschnittliches Plus bei den Flaschenbier-Umsätzen wettgemacht. Der Kasten Gerstensaft im Keller ist eben Lockdown-kompatibel.

Dank der Bundeshilfen, die Stauder eher als eine Form des „Schadensersatzes“ ansieht, peilte die Traditions-Brauerei für das laufende Jahr bislang ein ausgeglichenes Ergebnis an. Ob das gelingt, steht und fällt selbstredend mit einer geöffneten Gastronomie. Lange Vorlaufzeiten bräuchte es nicht: Auf dem Betriebsgelände ist ein Zwei-Jahres-Bedarf an Hopfen luftdicht gebunkert, Malz ließe sich kurzfristig ordern, Wasser läuft bei Bedarf: Drei Tage sind nötig, sagt Axel Stauder, dass es wieder schäumt wie vor Corona.

Die Kundschaft erkennt die Vorteile der Regionalität, „das macht uns Mut“

Wobei er vermutet, dass die Rückkehr zum alten Produktions-Volumen eher „mit angezogener Handbremse und in homöopathischen Dosen“ erfolgen würde – man will ja nichts wegkippen müssen.

Doch bei allem Frust über das Virus und mancher Volte in der Politik kann Axel Stauder der Krise auch etwa Positives abgewinnen: Er habe den Eindruck, dass sie das Gefühl für die Vorteile der Regionalität gestärkt hat, „das macht uns Mut“. Und wenn sie erstmal alle ihren Ärger runtergespült haben, „dann besteht eine gute Chance, dass wir einen großen Schritt vorankommen“.