Essen. An den meisten Schulen werden die Abiturienten nicht kostümiert erscheinen. Corona lässt ein gemeinsames Feiern des Endes der Schulzeit nicht zu.

Eine Woche vor Beginn der Osterferien steht an den Gymnasien und Gesamtschulen vielerorts die traditionelle „Mottowoche“ vor der Absage. Regulär hat der Abiturjahrgang seine letzten Unterrichtstage vor den Osterferien, ehe nach den Ferien die Prüfungen beginnen. Diese letzten Tage werden seit vielen Jahren mit täglich wechselnden Kostümen begangen, die unter einem bestimmten Motto stehen.

Abiturprüfungen wurden nach hinten verschoben

Wegen Corona fällt das jetzt wohl an den meisten Schulen aus: Die Diskussionen laufen an den meisten Schulen noch. Das liegt auch daran, dass das NRW-Bildungsministerium wegen des langen Schulausfalls schon vor Wochen den Start der Abi-Prüfungen um neun Tage nach hinten verschoben hat. Die Abiturienten gehen also nach den Ferien erneut regulär zum Unterricht. Außerdem passe, so finden viele, gemeinsames Feiern in Kostümen nicht in die Zeit: „Bei uns sind die Abiturienten auf die Schulleitung zugekommen und haben angekündigt, die Mottowoche nicht begehen zu wollen“, berichtet Ina Delank, Leiterin des Gymnasiums Überruhr. „Wir finden das sehr erwachsen und hoffen, dass der diesjährige Jahrgang dann im Frühsommer feiern kann.“ Im Juni finden traditionell die Zeugnisvergabe und die Bälle statt. Im vergangenen Jahr behalfen sich wegen Corona viele Schulen mit Notlösungen – die Reifezeugnisse wurden im Autokino verteilt, oder Feiern fanden mit stark begrenzter Personenzahl und entsprechendem Abstand auf den Schulhöfen statt.

Am Grashof Gymnasium ist Verkleidung mit Auflagen erlaubt

Auch Berthold Urch, Sprecher der Essener Gymnasien, kann sich schlecht vorstellen, wie kostümierte Schüler trotz aller bester Vorsätze die Abstands- und Hygieneregeln einhalten sollen: Kein Selfie mit dem Handy, Feierlaune mit zwei Metern Abstand – das wirke doch sehr unwahrscheinlich.

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Anders am Grashof Gymnasium in Bredeney. „Kurstreffen, Theaterbesuche, Studienfahrt, Ausflüge, Motto-Woche, Abischerz, Abiball – unvergessliche Erlebnisse der Schulzeit. Das meiste davon ist momentan nicht möglich und damit erleben unsere Oberstufen-Schüler einen wirklich schönen Bestandteil der Schulzeit nicht“, sagt Schulleiter Holger Ellwanger.

Nach eingehender Diskussion habe man daher am Freitag entschieden, den Schülern die Motto-Woche zu genehmigen. Sie sei aber auf das Verkleiden reduziert und mit Auflagen versehen. „Dennoch hoffe ich und bitte darum, dass wir alle diese Entscheidung mittragen“, heißt es in einem Schreiben an die Eltern. Die Schüler seien sehr verantwortungsvoll mit der besonderen Situation umgegangen „und ich möchte ihnen das Vertrauen schenken, dass sie auch verantwortungsvoll mit dieser Entscheidung umgehen“.

Motto-Wochen sind seit ihrer Entstehung nicht unumstritten

„Bei uns wird es keine Motto-Woche geben“, kündigt Frank Witzke an, Leiter der Gesamtschule Holsterhausen. „Wir haben zwar zunächst über abgeschwächte Formen nachgedacht“, doch angesichts steigender Zahlen wäre jedes Feiern „ein seltsames Signal.“ Das findet auch der Schulleiter traurig, „weil sich unsere Schüler in den vergangenen Jahren bei Motto-Wochen immer gut verhalten haben.“

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Die Motto-Woche, seit etwa zwei Jahrzehnten ein Ritual der Abi- und mittlerweile auch Abschluss-Jahrgänge, war viele Jahre nicht unumstritten. Schüler schlugen häufig über die Stränge. Großgruppen angetrunkener Schüler an neuralgischen Punkten wie dem Regattaturm am Baldeneysee gehören seit Jahren zum Erscheinungsbild. Es gab wiederholt Fälle von Sachbeschädigungen, Alkoholvergiftungen, große Müllberge, die die Schüler hinterließen. Seitdem die Schulen strenge Regeln erlassen haben, scheint das Problem weitgehend gelindert – meistens jedenfalls. Auch 2019 gab es am Baldeneysee wieder Beschwerden.

Abi startet später

Die Prüfungen des diesjährigen Abiturs starten neun Tage später. Das hatte das Schulministerium bereits vor Wochen angekündigt. Die Abiturienten haben nach den Osterferien wegen Corona die Möglichkeit, versäumten Stoff an weiteren Schultagen aufzuholen. Damit soll dem Wegfall des Unterrichts Rechnung getragen werden, der durch die Schulschließungen entstanden ist.

In der zweiten „Lockdown“-Welle schlossen die Schulen rund eine Woche vor Weihnachten. Schrittweise geöffnet - zunächst für die Abschlussjahrgänge, mittlerweile wieder für alle im Wechselunterricht - ist erst wieder seit wenigen Wochen.

Ob es in diesem Jahr eine Motto-Woche im April kurz vor den Prüfungen geben könne, ließ Ralf Witzke, Leiter der Gesamtschule Holsterhausen, dahingestellt: „Dazu müsste sich die Corona-Lage ja dramatisch verbessern, wonach es im Moment wirklich nicht aussieht.“

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