Essen. . Seit Montag kommen angehende Abiturienten täglich verkleidet zur Schule. In der Vergangenheit gab es viele Zwischenfälle. Es gibt klare Regeln.

Falls Sie, liebe Leser, in diesen Tagen seltsam verkleidete Jugendliche an Straßenkreuzungen stehen sehen: Das sind Schüler, die kurz vor der Reifeprüfung stehen, auch wenn sich das auf den ersten Blick vielleicht nicht erschließt.

„Motto-Woche“ heißt das Phänomen, das sich vor etwa 15 Jahren breit machte an Schulen, deren Wege zum Abitur führen: An Gymnasien, Gesamtschulen und mittlerweile auch Berufskollegs. Die Woche vor den Osterferien ist für angehende Abiturienten die letzte reguläre Schulwoche, denn danach werden die Klausuren geschrieben.

Berüchtigt: Korso-Fahrten im Cabrio

Täglich anders kostümiert kommen die Jugendlichen morgens in den Unterricht – und bei Verkleidungen bleibt es nicht: Es ist schon viel passiert während der „Motto-Woche“. Besonders berüchtigt sind Korso-Fahrten im offenen Cabrio, um anderen Schulen einen Besuch abzustatten. Die fallen wegen der Kälte in diesem Jahr weitgehend aus; Schulleiter finden’s nicht schade.

Es gab schon gebrochene Arme an einer Schule im Osten der Stadt und Notarzt-Einsätze wegen Alkoholvergiftungen in anderen Stadtteilen. Von Beschwerden von Bürgern, die in der Nähe von Schulen wohnen, ganz zu schweigen. Und von Störungen im Schulgebäude auch – denn eigentlich ist ja noch regulärer Unterricht, die anderen Jahrgänge schreiben Klausuren.

Vor sechs Jahren wurden Motto-Woche entschärft

Entsprechend sagt Berthold Urch, Sprecher der Essener Leiter von Gymnasien und Gesamtschulen: „Die Motto-Woche – das sind Tage, an denen man permanent unter Spannung steht.“

Schon vor sechs Jahren entschärften Essener Schulen die „Motto-Woche“, verboten stadtweit Kostüm-Motti wie „Asi“ oder „Prostitution“. „Erstens waren die diskriminierend, zweitens luden sie manche zu Alkohol-Konsum ein“, sagt Urch. Ansonsten einigte man sich auf Standards, die letztendlich immer gelten, während der „Motto-Woche“ aber nochmal deutlich betont werden müssen: Kein Alkohol, keine Ruhestörungen, keine provokanten Verkleidungen. Die einzelnen Motti lassen sich Schulleitungen vorher absegnen. Besonders beliebt: „Helden der Kindheit“ oder „Generationen“ – da kommen die Schüler mit Lätzchen und Rollator. An Urchs Schule, dem Alfred-Krupp-Gymnasium, verkleiden sich in diesem Jahr die Schüler an einem Tag auch als Lehrer. Urch: „Das wird sicher ganz lustig.“

Schulen haben unterschiedliche Strategien

Doch viele Schulen haben mittlerweile Strategien, um die „Motto-Woche“ von vornherein einzudämmen: Wohl nicht zufällig findet der Elternsprechtag in dieser Woche oder ein „pädagogischer Planungstag“. An vielen Schulen gibt es für den Abi-Jahrgang extra „Intensiv-Trainings“ für die anstehenden Klausuren und mündlichen Prüfungen – wer die verpasst, hat einen echten Nachteil.

Urch lässt seine Schüler übrigens die nötigen Verhaltens-Vereinbarungen vorher unterschreiben. Wer sie nicht beachtet, den erwarten Ordnungsmaßnahmen. Die erste heißt: Ausschluss vom Unterricht. Auch wenn das, so kurz vor den Ferien, sicher nichts mehr bringt. Aber: „Es geht dann erst mal darum, die Ordnung in der Schule wieder herzustellen“, sagt Urch.