Essen. Die Sorge in Essen ist groß, dass Innenstadt und Stadtteile nach dem langen Lockdown Schaden nehmen. Was die Politik dagegen tun will.
Am Montag schaltete der Einzelhandel in der Stadt auf Alarmstufe rot. Limbecker Platz, Allee-Center und andere Händler beleuchteten ihre Schaufenster mit der entsprechenden Signalfarbe. Es sollte ein mahnendes Zeichen dafür sein, dass der anhaltende Lockdown der Branche an die Existenz geht.
Die Händler erwarten, dass am Mittwoch vom Bund und den Ländern eine klare Aussage kommt, wann die Läden wieder öffnen dürfen. „Es kann jetzt nicht länger um ein Nachhintenschieben gehen, sondern nur noch um Öffnung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Essener Einzelhandelsverbandes, Marc Heistermann. Niemandem sei mehr vermittelbar, dass es Lockerungen für die einen aber nicht für die anderen gibt und dass Discounter mit Nichtlebensmitteln das große Geschäft machten, während andere tatenlos zu sehen müssen. „Dafür gibt es kein Verständnis mehr“, sagt Heistermann.
Essens Stadtrat fordert Strategien für die Zeit nach dem Lockdown
Aber selbst wenn den Läden eine baldige Öffnung in Aussicht steht, wird sich die bange Frage stellen, wie der Handel aus dem Lockdown herauskommt. Wie viele Geschäfte die vergangenen Wochen ohne oder wenig Geschäft dauerhaft überleben werden? Und ob die mittlerweile onlinegeübten Kunden zurückkehren?
All das sind Sorgen, die auch die Essener Politik mit Blick auf die Stadtteilzentren vor allem aber auf die angeschlagene Innenstadt umtreibt. Sie will daher dem Handel und der Gastronomie helfen, nach dem Lockdown wieder auf die Beine zu kommen. „Wir müssen zeitnah und entschlossen auf die geänderten Bedürfnisse der Menschen und der finanziell ausgezehrten Gewerbetreibenden eingehen. Nur so kann ein dauerhafter Schaden abgewendet werden“, mahnen CDU und Grüne in einem Antrag, den sie jüngst im Stadtrat eingebracht haben und der mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.
Essen Marketing steht vor schwieriger Aufgabe
Der Rat hat in dem Zuge die Verwaltung und die Essen Marketing Gesellschaft (EMG) beauftragt, Konzepte und Strategien zu entwickeln, die trotz Corona-Einschränkungen schnell zur Belebung der Innenstadt und Stadtteile beitragen sollen. Auch Corona-konforme Alternativen zu Lichtwochen oder zu den Weihnachtsmärkten sollen entwickelt werden. Ergebnisse will die Politik schon zur nächsten Ratssitzung im März sehen.
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Beim Einzelhandel stößt dies freilich auf Zustimmung. „Alles was uns helfen kann, begrüßen wir“, sagt Heistermann. Doch so einfach und plausibel der Auftrag der Politik klingt, so schwer ist er umzusetzen. Heistermann spricht von einem „enormen Spagat“. „Wenn die Konzepte für Veranstaltungen gut sind und eine große Strahlkraft besitzen, besteht die Gefahr, dass man sie wieder absagen muss.“ Ziehen sie hingegen kein Publikum an, hagelt es Kritik. „Ich beneide niemanden, der diese Aufgabe hat“, so Heistermann.
Große Stadtfeste dürfen wohl auch dieses Jahr nicht stattfinden
Auch die CDU räumt ein, dass dies in der derzeitigen Situation keine einfache Aufgabe ist. „Aber gar nichts zu machen, kann auch keine Lösung sein“, sagt der Fraktionsvorsitzende Fabian Schrumpf. Gerade in der Innenstadt habe die Pandemie die Probleme, die es schon vor Corona gab, nun noch drängender gemacht. Deshalb gelte es umso mehr, der Innenstadt einen Erlebnischarakter zu geben.
Essener Händler- Dieser Lockdown ist viel schlimmer Die EMG hält sich zu ihren Veranstaltungsplänen für 2021 noch bedeckt. Große Stadtfeste wie Essen.Original dürften aber auch dieses Jahr kaum umzusetzen sein. Ob zudem der angedachte Feierabendmarkt kommt, die Lichtwochen und der Weihnachtsmarkt 2021 funktionieren? Keiner kann das derzeit vorhersagen. „Wir machen uns natürlich immer Gedanken und werden auch in diesem Jahr flexibel reagieren wie schon im vergangenen Jahr“, sagte ein EMG-Sprecher.
Limbecker Straße soll wiederbelebt werden
Dass derweil die Befürchtung, Corona könnte die Innenstadt weiter nach unten ziehen, nicht unberechtigt sind, zeigt sich bereits deutlich auf der Limbecker Straße. 42, 50, 53, 55, 58, 60, 68, 72. All das sind Hausnummern von leerstehenden Ladenlokalen auf Essens bedeutender Einkaufsstraße. Der Niedergang dort nahm zwar schon vor Corona seinen Anfang, aber die Pandemie könnte nun wie ein Katalysator wirken.
Der Einzelhandelsverband befürchtet, dass Konzepte nachfolgen, die nicht mehr von gleichem Niveau sein werden wie die Vorgängerläden und so die Einkaufsstraße weiter nach unten ziehen. Verbandschef Heistermann begrüßt daher den Plan der Stadt, mit Landesgeldern leere Lokale dort anzumieten und an junge, frische Konzepte vergünstigt weiter zu vermieten. Auch wenn das durchaus ein Eingriff in den freien Markt ist, sagt Heistermann: „Wir können es an dem Standort nicht einfach weiterlaufen lassen.“
Noch sucht die EMG nach guten Konzepten, hat die Bewerbungsfrist bis Ende März verlängert. Mehrere Interessenten gebe es schon, heißt es zwar, doch solange noch Lockdown herrscht, dürfte die Bereitschaft, einen Laden zu eröffnen, generell gedämpft sein.
Heistermann spricht von einer großen Chance, der Limbecker Straße damit ein Alleinstellungsmerkmal zu geben, das Publikum anlocken könnte - etwas, dass der Innenstadt in der Vergangenheit immer mehr verloren gegangen ist.