Essen. Geschäfte und Gaststätten warten noch immer auf Hilfen für November bzw. Dezember. Von den Sorgen eines Essener Gastronomen und eines Händlers.

Gastronomie und Einzelhandel müssen in die Lockdown-Verlängerung. Bis mindestens Ende Januar sollen Gaststätten und Geschäfte - außer der Lebensmittelhandel - geschlossen bleiben. Gastronomen und Händler sind in großer Sorge, denn bislang sind noch nicht einmal die versprochenen Hilfszahlungen für November und Dezember geflossen.

Stefan Malich vom Hotel- und Restaurant "Haus Gimken" in Essen-Borbeck wird seit Wochen nicht müde, der Bundesregierung öffentliche Briefe zu schreiben. Darin mahnt er immer wieder die Auszahlung der versprochenen November- und Dezemberhilfen für die Gastronomie an. "Die Minister Scholz und Altmaier sollen endlich ihre Hausaufgaben machen", sagt Malich energisch.

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Versprochen war den Gastronomen eine Entschädigung von bis zu 75 Prozent des Vorjahresumsatzes für die beiden Monate. Das ist üppig, räumt auch Malich ein. "Wenn wir denn das Geld hätten", meint er. Bekommen aber hat das Haus Gimken bislang nur 10.000 Euro Abschlag für November.

Kosten laufen für Gastronomen und Händler weiter

Beantragt hat das Malich mehr als das Fünffache. Miete, Strom- und Gaskosten, Kredite, und Versicherungen aber laufen seit November unvermindert weiter. Zwar übernimmt die Arbeitsagentur die Lohnkosten über das Kurzarbeitergeld. Die Löhne für November musste Malich dennoch vorfinanzieren, denn die Arbeitsagentur überwies erst Mitte Dezember. "Mit der Großzügigkeit der Hilfen relativiert sich das alles dann schnell, wenn die Liquiditätslücke immer größer wird", meint der Geschäftsmann.

"Mit der Großzügigkeit der Hilfen relativiert sich das alles dann schnell, wenn die Liquiditätslücke immer größer wird", sagt Stefan Malich vom Hotel- und Restaurant "Haus Gimken" in Essen-Borbeck. © Bastian Haumann / FUNKE Foto Services

Haus Gimken hat die komfortable Lage, einen Investor im Rücken zu haben. Viele andere Gastronomen haben das nicht. Wenn dann der Draht zur Hausbank nicht stimmt oder privat keine Rücklagen da sind, wie ein Essener Gastronom berichtet, dann wird es schnell eng. "Die Regierung hätte einfach den November und Dezember sauber abrechnen müssen, dann könnten wir beruhigter in den Januar gehen. So aber hängen sicher viele Kollegen in der Luft", meint Malich, der auch Unternehmensberater ist.

Essener Händler: "Dieser Lockdown ist viel schlimmer"

Im Einzelhandel sind die Sorgen keinesfalls kleiner. Die Geschäfte mussten kurz vor Weihnachten schließen und haben so einen Teil ihres wichtigsten Jahresumsatzes verloren. Deshalb sagt Ralf Noreikat vom US-Verkauf am Weberplatz: "Der Lockdown jetzt ist viel schlimmer als der erste, denn man hat uns die besten drei Wochen des Jahres genommen."

"Ich habe jetzt drei Wochen geschlossen und noch keinen Cent gesehen", sagt Ralf Noreikat vom US-Verkauf am Weberplatz in Essen. © Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services

Das Weihnachtsgeschäft hat vielen Händlern in der Vergangenheit geholfen, um die weniger guten Monate Januar und Februar zu überbrücken. Doch dieses Jahr konnten viele nicht genügend "Speck ansetzen". Der verlängerte Lockdown ohne Einnahmen und weiter laufenden Kosten spitzt die Lage zu.

Handel kämpft noch um eine Erhöhung der Hilfen

Dem Handel sind zwar auch Hilfen versprochen, doch Ralf Noreikat weiß noch gar nicht, wie viel das sein wird. "Ich habe jetzt drei Wochen geschlossen und noch keinen Cent gesehen", betont der Textileinzelhändler. Allein die Versicherung will im Januar 3500 Euro für den Laden. Strom und Gas kann er nicht abstellen. Und auch der Vermieter will seine Miete. Ihn nach einer Stundung fragen, will Noreikat nicht. "Der hat ja auch seine Kosten."

Vor Weihnachten hatte er zudem nochmal extra viel Ware eingelagert, weil über den Jahreswechsel die Fabriken geschlossen sind und der Nachschub dann schwierig wird. "90 Prozent davon ist noch nicht abverkauft. Vieles muss ich wohl abschreiben, weil es sich um Saisonware handelt", glaubt er. Seine Lieferanten hat er um Zahlungsaufschub gebeten. Doch das alles sei am Ende nur hinausgeschoben.

Die Einzelhändler wie Noreikat können mit einer Überbrückungshilfe rechnen. Je nach Umsatzverlust sollen sie einen Fixkostenzuschuss zwischen 40 und 90 Prozent bekommen. Doch der Branchenverband HDE spricht von einem bürokratischen Monster, warnt vor einer Pleitewelle. Viele Händler würden aus den Hilfen herausfallen, heißt es. Der HDE fordert daher ähnlich gelagerte Hilfen wie die Gastronomie. Hilfen sollten gemessen am Rohertrag (Umsatz minus Wareneinsatz) gezahlt werden.

Händler befürchten, dass sie Kunden an den Online-Handel verloren haben

Auch Noreikat wünscht sich vor allem unbürokratische Hilfen wie im Frühjahr im ersten Lockdown. Da flossen binnen weniger Tage 9000 Euro Soforthilfe. Davon sei man zwar nicht reich geworden, aber es habe geholfen.

Der 65-Jährige betont, dass er kein Gegner des Lockdowns ist. "Aber wir Händler werden im Regen stehen gelassen und Amazon reibt sich die Hände". Seine größte Sorge nämlich ist, ob die Kunden nach dem Lockdown zurückkommen oder ob sie sich an den Einkauf per Klick auf dem Sofa gewöhnt haben.