Essen. Bundestagsvize Wolfgang Kubicki sprach von „Denunziationsportal“. Nun hat Essen das Online-Formular zum Melden von Corona-Verstößen geändert.
Die Stadt Essen hat stillschweigend das umstrittene Online-Formular verändert, mit dem Bürger Verstöße gegen die Coronaschutz-Verordnung melden können. „Wir haben nun eine Rechtsbelehrung vorangestellt“, bestätigt Ordnungsdezernent Christian Kromberg auf Anfrage. Außerdem sei es bei der neuen Version des Formulars nicht mehr möglich, automatisch mit der Meldung eines Verstoßes „Beweisfotos“ hochzuladen.
Bundestagsvize spricht von einem „Denunziationsportal“
Gerade letztere Funktion war auf Kritik gestoßen und hatte der Stadt den Vorwurf eingetragen, ein „Denunziationsportal“ zu betreiben . So formulierte es etwa Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) im Oktober 2020 auf Facebook. Da war das Portal bereits seit Mai in Betrieb und weitgehend unbemerkt geblieben, auch weil es die Stadt nicht eigens beworben hatte.
Der Liberale hatte den Verantwortlichen dennoch vorgeworfen, in Essen „chinesische Verhältnisse “ zu schaffen: „Dass Bürger im amtlichen Auftrag zu Denunzianten gemacht werden und Fotos aus dem öffentlichen Raum hochladen sollen, erinnert an schlimmste Zeiten.“ Das Melde-Angebot sei „mit Sicherheit rechtswidrig“ und müsse umgehend gelöscht werden, forderte Kubicki.
Wenn Micky Maus Verstöße meldet
Die Stadt hatte den Vorwurf damals zurückgewiesen : Man habe niemanden aktiv aufgefordert, Verstöße zu melden, sondern lediglich Informationen besser kanalisieren wollen, die das Ordnungsamt sonst per Telefon oder Mail erreichten. Dennoch ist das Formular offenbar schon vor einiger Zeit im Stillen überarbeitet worden. Auf Nachfrage erklärte Ordnungsdezernent Christian Kromberg dazu nun: „Fotos können jetzt nicht mehr automatisch mit hochgeladen werden. Stattdessen kann man angeben, dass es solche Beweismittel gibt, die wir dann gegebenenfalls anfordern können.“ Damit orientiere man sich an einem Verfahren, das die Polizei bereits seit längerem praktiziere.
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Über das alte Formular hatten die Stadt stolze 17.637 Beschwerden erreicht. „Die allermeisten kamen allerdings in der Woche des Kubicki-Postes auf Facebook“, sagt Kromberg. Unter Fantasienamen wie Micky Maus und Co. sei die Stadt mit zahllosen Meldungen geradezu zugemüllt worden. Den Betroffenen sei es zumeist nicht darum gegangen, Corona-Verstöße zu melden, sondern ihrem Ärger über die Essener Verwaltung Luft zu machen.
Auch in der neuen Version des Formulars muss der Melder seinen richtigen Namen nicht angeben. Aber auch anonym scheint die Lust an der Meldung von Mitbürgern eingeschlafen zu sein: Ganze 149 Beschwerden sind bislang über das neue Formular eingegangen.