Essen. Verstöße gegen das Gruppenverbot, spielen auf Bolzplätzen, Missachtung der Maskenpflicht - wie Stadt Essen und Ruhrbahn mit Beschwerden umgehen.

Die Abstandsregel, der Mundschutz, das Kontaktdatenformular in Cafés und Restaurants - die Corona-Epidemie durchdringt den Alltag mit einer Reihe von Vorschriften. In den Bussen und Bahnen der Ruhrbahn rücken sich die Menschen besonders auf die Pelle. Was also tun, wenn Fahrgäste ohne Mundschutz mitfahren?

Stephan L. (40) aus Essen-Bergeborbeck macht dem Nahverkehrsunternehmen jedenfalls schwere Vorwürfe: „Die Fahrer unternehmen nichts, ich fühle mich im Stich gelassen.“ Es sind mehrere Fälle, in denen andere Fahrgäste keinen Mund-Nasen-Schutz trugen, über die sich der Ruhrbahn-Kunde auch schriftlich bei der Ruhrbahn beschwert hat.

Essener Ordnungsamt hat nicht genug um Personal, um jeder Beschwerde nachzugehen

Als L. einen Busfahrer unmittelbar darauf anspricht, verweist dieser ihn an die Polizei. Der verärgerte Essener ruft den Polizeinotruf, doch die Leitstelle verweist auf das Bürgertelefon der Stadt unter 123-8888. Dieses wiederum berichtet von einer Fülle von Beschwerden und dass das Personal nicht reiche, um in jedem einzelnen Fall einschreiten zu können.

Eine Sprecherin der Ruhrbahn beteuert, dass zwar nicht die Fahrer aber das Aufsichts- und Kontrollpersonal sowie Fahrscheinkontrolleure Fahrgäste auf die Maskenpflicht ansprächen und notfalls des Fahrzeugs verweisen würden. „Aber die Masse hält sich an die Regeln und hat die Maske auf“, so die Ruhrbahn.

„Es geht mir nicht um das Anschwärzen anderer Personen“, beteuert Stephan L. Sein Ziel sei es, Infektionen zu verhindern.

Onlineformular der Stadt Essen zum Melden von Corona-Verstößen mit Foto-Upload-Option

Tatsächlich zählt die Stadt bisher 1285 Fälle, in denen sich Bürger über Corona-Regelbrecher beschwert haben. 1050 Mal wählten sie dafür die Telefonnummer des Ordnungsamtes, 100 Mal nutzten sie die Mängelmelder-App und 135 Mal ein von der Stadt eigens eingerichtetes Online-Formular zum „Melden eines Verstoßes gegen die Coronaschutz-Verordnung“.

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Mühelos lässt sich dort Ort und Art des Verstoßes mitteilen, wenngleich das Formular offenbar nicht Schritt gehalten hat mit den jüngsten Lockerungsbeschlüssen. So kann man etwa auswählen zwischen „Verstoß gegen das Besuchsverbot in Krankenhäusern und Heimen“, „Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung“, „Betreiben von Gastronomie-Betrieben“ und einigen weiteren Punkten. Wer will, kann auf der Seite gleich auch ein Foto des Corona-Sünders hochladen. Wie oft letzteres tatsächlich geschehen ist, teilte die Stadt auf Nachfrage nicht mit.

Stadt Essen patrouilliert mit zehn Teams im gesamten Stadtgebiet

Wenngleich die jüngsten weitreichenden Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen nach Meinung einiger Wissenschaftler und Politiker zu einem leichtsinnigerem Verhalten vieler Menschen führten, so halte sich der überwiegende Teil der Essener an die Regeln, so die Stadt.

Lückenlos kontrollieren kann die Stadt dies allerdings nicht mit durchschnittlich gerade mal zehn Teams des Kommunalen Ordnungsdienstes und der Zentralen Ausländerbehörde, die im gesamten Stadtgebiet auf Streife sind. Dazu ist Essen schlicht zu groß.

Im Laufe der Zeit haben die Ordnungskräfte einige neuralgische Ort ausgemacht, an denen sie häufiger auf Corona-Regelbrecher treffen. „Das waren gerade zu Beginn Parks, Spiel- und Bolzplätze, später kamen Plätze in den Stadtteilen hinzu. Darüber hinaus haben sich das Ruhrufer in Steele oder der Baldeneysee ebenfalls als Hot-Spot herausgestellt“, erklärt Stadtsprecherin Silke Lenz.

Den typischen Corona-Regelbrecher gibt es nicht

Den typischen Regelbrecher gäbe es indes nicht, berichtet Lenz. Auf den Bolzplätzen der Stadt seien es junge Menschen gewesen, die erwischt wurden, auf Spielplätzen Mütter, die nicht den gebotenen Abstand zueinander hielten, am Baldeneysee gibt es kein klares Sünder-Profil außer am Haus Scheppen, wo sich laut Stadt vor allem Motorradfahrer danebenbenehmen.

„Die Personengruppen sind in Zusammenhang mit den Örtlichkeiten zu sehen“, sagt Lenz und fügt hinzu: „Auf den Plätzen in den Stadtteilen sind es je nach Stadtteil die Trinkerszene, die Großfamilie mit Migrationshintergrund oder Männergruppen mit Migrationshintergrund.“

Über 300.000 Euro Corona-Bußgelder ausgesprochen

Bisher hat die Stadt bei Verstößen Bußgelder von insgesamt mehr als 320.000 Euro ausgesprochen. Dabei ging es beispielsweise 1075 Mal um Ansammlungen von mehr als zwei Personen, für die die Erwischten je 228,50 Euro hinblättern müssen. In 39 Fällen gab es eine Quittung in Höhe von 278,50 Euro für das Betreten von abgesperrten Flächen und zehn Mal wegen unerlaubten Betriebs einer gastronomischen Einrichtung (je Fall 4.000 € + 203,50 € Verwaltungsgebühren).

Ohne Mundschutz Bus- und Tramfahren geht übrigens mangels Bußgeldkatalogs nicht ins Geld.