Essen-Altenessen. In vielen Statistiken ist der Essener Norden rot eingefärbt. Doch ist Altenessen wirklich abgehängt? Ein Kommentar von Iris Müller.

Altenessen steht wie ein Brennglas für die Probleme, aber auch die Chancen, die im gesamten Essener Norden zu beobachten sind. Die Wahlbeteiligung ist schwach, Einzelhändler wandern ab, viele Menschen aus anderen Ländern zu, Kinder sind mit Messern unterwegs. Als das Krankenhaus im Oktober für immer schloss, gab es einen Aufschrei.

Die Liste ist nicht vollständig. In den meisten Statistiken und Befragungen ist der Essener Norden rot eingefärbt – und Rot bedeutet in der Regel nichts Gutes: Viele Arbeitslose, Defizite in der deutschen Sprache, Müllprobleme und mehr.

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© funkegrafik nrw | Marc Büttner

Doch ist der Norden wirklich abgehängt und verloren? Oder trägt er lediglich ein Stigma, das schwierig abzuschütteln ist? Sind die Menschen resigniert und wollen einfach nur weg? Oder hört man nur die Lautesten, melden sich nur die zu Wort, die sich beschweren? Wird der Blick beim Bevölkerungsatlas und diversen Umfragen auf die falschen Aspekte gelenkt? Wir haben uns den Stadtteil genauer angeschaut und nicht nur Bewohner befragt, sondern auch Stadtplaner, Ärzte, Einzelhändler und die, die etwas ändern wollen; Engagierte und Politiker.

Betrachtet man die Entwicklung Altenessens mithilfe einer Waagschale liegen in einem tiefroten Schälchen derzeit die Gesundheitsversorgung , die sozialen Schwierigkeiten und die Resignation einiger Bewohner. Mit wem man auch spricht: Die Schließung des Krankenhauses empfinden sehr viele als unverzeihlich, als Vertrauensbruch des Krankenhaus-Unternehmens Contilia.

Kultur-Szene in Essen-Altenessen belebt Stadtteil

Wirft man einen Blick auf die grüne Waagschale, machen sich dort Kulturschaffende breit und jene, die die Vielfalt des Stadtteils, die Radtrassen sowie die Industrieflächen als Chance sehen und an der Außenwirkung und dem Image arbeiten.

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© funkegrafik nrw | Marc Büttner

Zu welcher Seite die Waage ausschlägt, entscheidet jeder Einzelne, und zwar über die Stadt(teil)- Grenzen hinaus: Politiker, die den Bürgern zuhören, die Projekte initiieren , die an Stellschrauben wie Wohnen und Bildung drehen.

Es entscheiden aber auch Bewohner, die den Müll an der Straßenecke aufheben, Gewerbetreibende, die dem Stadtteil eine Chance geben und Wohnungssuchende, die den multikulturellen Norden bewusst vorziehen gegenüber dem Süden der Stadt.