Essen. Ordnungsdezernent Christian Kromberg warnt davor, den Fall Adel B. zu instrumentalisieren. Der Polizei Rassismus vorzuwerfen, sei „unsäglich“.

Ordnungsdezernent Christian Kromberg warnt angesichts der Demonstrationen am Samstag davor, den Fall Adel B. politisch zu instrumentalisieren. In der Initiative „Gerechtigkeit für Adel“ sieht er nicht zuletzt auch einen Ausdruck tiefen Misstrauens in den Rechtsstaat. „Wenn die unabhängige Generalstaatsanwaltschaft zu dem Schluss kommt, dass es Notwehr war, dann muss man doch irgendwann dem Rechtsfrieden zustimmen – so tragisch und traurig der Verlust für die Familie ist“, sagte Kromberg.

Der Deutsch-Algerier Adel B. war am 18. Juni vergangenen Jahres durch den Schuss eines 27-jährigen Polizisten gestorben. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren im September ein und bestätigte, dass der Polizist aus Notwehr gehandelt habe. Adel B. soll die Beamten zuvor durch einen Türspalt mit einem Messer bedroht haben.

“Der gesamten Polizei pauschal Rassismus vorzuwerfen, ist dumm und dämlich“

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Für Kromberg – von Hause aus Jurist – war der Fall mit Verfahrenseinstellung erledigt. Dass er nun genutzt wird, um die schwelende Rassismusdebatte weiter zu befeuern, ist für Kromberg ein Unding: „Nun kochen die pauschalen Grabenkämpfe wieder hoch, die ich so hasse. Der gesamten Polizei nun pauschal Rassismus vorzuwerfen, ist dumm und dämlich.“

Denn gerade die Polizei, mit der seine Behörde intensiv zusammenarbeitet, habe sich in den vergangenen Jahren doch massiv geöffnet, stärkt Kromberg den Ordnungskräften den Rücken: „Sowohl was den Anteil der Frauen angeht als auch bei der Anzahl der Polizisten mit Migrationshintergrund: Gerade bei der Polizei hat sich unendlich viel getan, um das Thema Vielfalt und Diversity zu leben.“

„Uniformierte Kräfte werden pauschal angegriffen und das macht etwas mit ihnen“

Vielmehr führe die aktuelle Debatte dazu, dass sich alle uniformierten Kräfte nun pauschal angegriffen fühlen, „und das macht auch etwas in deren Köpfen“, sagt Christian Kromberg. Weder der Innenminister noch der Polizeipräsident hätten bestritten, dass es Rassismus innerhalb der Polizei gebe. Dies sei jedoch eine Binse und gelte für alle gesellschaftlichen Bereiche – und ebenso im Rathaus.

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Hier habe man sich in den vergangenen Jahren aber „gut aufgestellt“ und Mechanismen eingeführt, um Mitarbeiter im vorurteilsfreien Umgang zu schulen. „Vielfalt ist harte Arbeit“, stellt Kromberg klar. Seit 2013 unterzeichnet die Stadt Essen jährlich die „Charta der Vielfalt“. Damit verpflichtet sie sich etwa, interkulturelle Kompetenz zu vermitteln und ihr Handeln transparent zu machen.

„Thomas Kufen hat durch seine Biographie als Homosexueller vieles bewegt“

Nicht zuletzt habe Oberbürgermeister Thomas Kufen durch seine Biographie als Homosexueller und Migrationsbeauftragter der Landesregierung vieles im Rathaus bewegt, ist Kromberg überzeugt. Die Verwaltung selbst habe ihre Einstellungsverfahren geändert, um die eigenen Reihen etwas vielfältiger aufzustellen. „Früher wurde jeder Bewerbung mit einer schlechten Deutschnote direkt aussortiert. Das machen wir nicht mehr, da wir sonst vielen Menschen keine Chance geben könnten, die durchaus qualifiziert sind“, sagt Kromberg.

Das Bewerbungsverfahren setze sich zum einen aus einem Intelligenztest, zum anderen aus einem Videointerview zusammen. Bei letzterem wird gezielt nach sozialer Kompetenz geschaut. „In der Stadtteilarbeit brauchen wir andere Typen als im Bürgeramt oder in der Kulturarbeit. Das lässt sich nicht nur an Noten und Qualifikationen ermessen“, sagt Kromberg.

Personal im Rathaus wird verjüngt: Mitarbeiter in Ausländerbehörde sind im Schnitt 25

Ein weiterer Baustein sei die deutliche Verjüngung des Personals: „Das ist eine Generation global, die da jetzt zu uns kommt. Junge Menschen, die viel in der Welt herum gekommen sind und für die Migranten selbstverständlich sind“, betont Kromberg. In der zentralen Ausländerbehörde beispielsweise liege das Durchschnittsalter bei 25 Jahren „und die schicken wir an vorderste Front“, so Kromberg.

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Größte Herausforderung sei entsprechend, dass die Kollegen nicht durch ihr Berufsleben ihre Toleranz über Bord werfen und „irgendwann kippen“, so der Ordnungsdezernent. Denn auch Mitarbeitende der Verwaltung seien häufig Vorurteilen ausgesetzt, würden etwa als „Nazischweine“ beschimpft. Rassismus sei keine Einbahnstraße, „deswegen kann ich nur appellieren, dass auch unser Team mit 9.000 Kollegen mit Respekt behandelt wird.“