Essen. . Das Hotel „Essener Hof“ reagiert auf die wachsende Konkurrenz. Doch auch die Essener könnten mehr tun, damit solche Traditionshotels überleben.

Der Hotelmarkt in Essen ist im Umbruch wie seit Jahrzehnten nicht. Mit aktuell 9502 Hotelbetten hat die Stadt mehr Betten zu bieten als jemals zuvor. Weitere Hotels sind geplant, so dass Essen schon bald die 10 000-Betten-Marke knacken dürfte.

Maximilian Bosse, Direktor des altehrwürdigen „Essener Hofs“ sieht diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Konkurrenz belebe zwar bekanntlich das Geschäft, aber „für eine Stadt wie Essen ist das möglicherweise doch etwas viel“, sagt er. Vor allem befürchtet Bosse, dass in schwächeren Übernachtungszeiten ein verhängnisvoller Preiskampf einsetzen könnte. „Das wird uns vor enorme Herausforderungen stellen“, sagt Bosse, der das Haus seit fast 30 Jahren in vierter Generation führt.

„Essener Hof“ gehört zu den ältesten Herbergen in der Stadt

Der „Essener Hof“ gehört zu den ältesten Herbergen in der Stadt. Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1888 zurück. Damals wurde es als „Herberge zur Heimat“ von der Lutherstiftung eröffnet und Anfang des 20. Jahrhunderts zum „Hotel Vereinshaus“ umbenannt. Erst seit 1975 trägt es seinen heutigen Namen. Schon Bosses Urgroßvater August lenkte die Geschicke der Herberge, die zunächst reisenden Handwerkern und Arbeitern Kost und Logis bot. Damals gab es Schlafsäle statt Einzelzimmer, und morgens läutete die Glocke zum gemeinsamen Frühstück.

Ein historisches Foto um  die Wende zum 20. Jahrhundert herum.
Ein historisches Foto um die Wende zum 20. Jahrhundert herum. © Fremdbild

Wie seine Vorfahren musste und muss auch Maximilian Bosse das Hotel immer wieder den neuen Bedürfnissen der Gäste anpassen. Und die wachsende Konkurrenz treibt den Wandel weiter an. Viele der neuen Herbergen folgen dabei einer einheitlichen Markenstrategie, sind modern, meist aber auch uniformiert. Der Gast erhält vielfach nur Übernachtung und Frühstück. Das Reisen ist – auch durch den Sparzwang in den Unternehmen – minimalistischer geworden.

Drei Gänge gab es früher in der Mittagspause

Der Essener Hof will dem etwas entgegen setzen und sich stärker abgrenzen. „Wir wollen ein Voll-Service-Hotel bleiben und bewegen uns eher zu einem Vier-Sterne-Plus-Hotel“, sagte Bosse. Deshalb hat die Stiftung vergangenes Jahr eine halbe Million Euro in die Modernisierung der Zimmer gesteckt und jüngst kräftig in das Hotel-Restaurant investiert. Für 70 000 Euro ist der in die Tage gekommene maritime Stil einem modernen Interieur in warmen Brauntönen gewichen. An den Wänden hängen zudem Fotos aus alten Tagen, die die lange Geschichte des Hauses dokumentieren. Auch ein Fitnessbereich ist in der Planung.

Hoteldirektor Maximilian Bosse.
Hoteldirektor Maximilian Bosse. © Knut Vahlensieck

Die Investition ins Restaurant war indes keine leichte Entscheidung gewesen, räumt Bosse ein. Schließlich sei die Auslastung des Restaurants sehr stark vom Hotelbetrieb abhängig. Die Essener selbst locke man wegen des schlechten Rufs des Bahnhofsumfeldes eher selten ins Haus. „Wir hatten überlegt, ob wird das Restaurant halten können, aber ich kann mir dieses Haus ohne ein Restaurant nicht vorstellen. Dann würden wir in der Masse charakterloser Hotels untergehen“, unterstreicht Bosse.

Zustand der Essener Innenstadt keine gute Werbung für Tourismus

Der 60-Jährige erinnert sich dabei an Zeiten in den 1960er Jahren, als die Gastronomie noch 120 Plätze in einem großen Saal bot und viele Mitarbeiter aus umliegenden Firmen sich dort in der Mittagspause ein Drei-Gänge-Menü gönnten. „Zur Zeit meiner Eltern hatten wir mittags sogar zwei Durchgänge“, erzählt Bosse. Mit dem Firmenkantinen änderte sich später aber die Mittagspausen-Kultur und aus dem großen Restaurant-Saal, wo einst auch viele Vereine feierten, wurden schließlich Tagungsräume. Auch Essener Größen wie Berthold Beitz gehörten zu den Gästen.

Der erste „Bosse“ im Hotel: August Bosse leitete das Hotel kurz nach dessen Eröffnung.
Der erste „Bosse“ im Hotel: August Bosse leitete das Hotel kurz nach dessen Eröffnung. © Essener Hof

Promis steigen heute im „Essener Hof“ eher selten ab. Vier von fünf Übernachtungsgästen sind Geschäftsreisende. Vor allem der Messekalender ist entscheidend, ob das Haus voll ist – wie zuletzt bei der Verpackungsmesse Metpack, die überwiegend ausländisches Publikum anzog. Mit dem Touristenzustrom dagegen hadert Bosse. Seit dem Kulturhauptstadtjahr checken zwar mehr auswärtige Stadtbesucher ein, „aber Essen hat es leider nicht geschafft, mehr Schwung aus dem Kulturhauptstadtjahr mitzunehmen“, meint Bosse.

Angesichts der vielen Hotels, die demnächst neu entstehen, hofft er auf weitere Impulse für den Markt. Dazu gehöre eine florierende Messe, ein insgesamt gutes wirtschaftliches Umfeld und natürlich ein wachsender Tourismus. Aktuell sieht Bosse aber eher gegenteilige Tendenzen: „Wenn ich allein die Innenstadt sehe, dann verschlechtert sich der Pflegezustand dort eher. Das ist keine gute Werbung für die Stadt.“