Essen-Huttrop. . Wo einst das Horion-Haus stand, steht in Essen seit 2012 das Hotel Franz. Eine Besonderheit: Fast die Hälfte der Mitarbeiter ist beeinträchtigt.

Als bekannte Messe- und Kongress-Stadt ist Essen durchaus ein Schwergewicht. Viele Gäste, die viele Nächte auch in den über 9000 Hotelbetten verbringen, die Essen für gut 1,5 Millionen Übernachtungen pro Jahr zu bieten hat, Tendenz steigend. Günstige Fremdenzimmer, nette Pensionen, vom Design-Haus bis zum Fünf-Sterne-Hotel: alles dabei. Und doch gibt es ein Haus, das schon irgendwie aus dem Rahmen fällt, was aber mehr mit der Belegschaft zu tun hat und dem inklusiven Konzept. Denn im Hotel Franz in Huttrop ist manches anders als anderswo.

Ausgleichsabgabe ist kein Thema

Während sich viele private und auch öffentliche Arbeitgeber auch im Hotelgewerbe durch die Zahlung einer Ausgleichsabgabe von der Verpflichtung „freikaufen“, je nach Größe anteilmäßig auch Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, weht in dem Tagungs- und Stadthotel mit vier Sternen an der Steeler Straße 261 ein anderer Wind. Von Anfang an, seit das Haus dort vor fünf Jahren gebaut wurde. Denn von den 48 Mitarbeitern haben 23 eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung.

Das hat einerseits damit zu tun, dass das Hotel Franz vom Integrationsunternehmen „in service“ betrieben wird, einer Tochtergesellschaft des Franz-Sales-Hauses, das bekanntlich vielfältige Leistungen für Menschen mit Behinderungen anbietet. Ein weiterer Grund aber ist zweifelsfrei Karin Poppinga, seit dem ersten Tag die Direktorin, die in jungen Jahren eine Ausbildung zur Hotelfachfrau machte und fortan nahezu alle Bereiche der Branche durchlief. Und weil die 53-Jährige den Job von der Pike auf lernte und mittlerweile auch im Vorstand des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGa) sitzt, scheint sie genau zu wissen, was wichtig ist – zumindest für ihr Haus. „Wir sind schon so etwas wie eine große Familie, die herzliche und menschliche Atmosphäre, die nicht zuletzt auch durch die Mitarbeiter mit einer Beeinträchtigung ausgestrahlt wird, kommt bei den Gästen besonders gut an.“

48 Zimmer mit 90 Betten

Jemandem eine Perspektive zu geben und neue berufliche Chancen zu eröffnen, scheint Poppinga fast eine Herzensangelegenheit zu sein. „Unsere beeinträchtigten Mitarbeiter sind besonders motiviert. Alle geben 100 Prozent, aber bei jedem sind 100 Prozent anders.“

Natürlich muss sich auch das Hotel Franz rechnen. Poppinga: „Wir beobachten sehr genau, was die Konkurrenz macht und dass es zunehmend mehr Hotels in Essen gibt. Wir haben das Haus seinerzeit barrierefrei und so gebaut, dass wir die derzeit 48 Zimmer mit ihren 90 Betten aufstocken und noch ein Staffelgeschoss mit zwölf Zimmern oben aufs Dach draufsetzen könnten.“ Dennoch: Mit einer derzeitigen Auslastung von 70 Prozent sei man zufrieden. Und noch zufriedener mit den Mitarbeitern, die gemäß ihrer Beschäftigung allesamt tariflich entlohnt würden.

Mitarbeiter haben eine Perspektive

Menschen wie etwa der 50-jährige Jörg Grabowski, der seit den ersten Tagen des Hotels im Gastronomie-Bereich tätig ist. Im Alter von gerade fünfeinhalb Jahren landete Grabowski im Franz-Sales-Haus, wo er 25 Jahre lebte und im Garten- und Landschaftsbau beschäftigt war. Das aber reichte ihm irgendwann nicht mehr, zumal ihm die körperlich schwere Arbeit mehr und mehr zusetzte. Poppinga: „Eines Tages hat er bei uns angeklopft und seitdem gehört er hier zum Team.“ Längst lebt Jörg Gra­bowski in Altendorf in seinen eigenen vier Wänden, seinen Job in der Gastro-Lounge des Hotels macht er mit Hingabe. „Ich habe keine Freunde, aber die Kollegen hier sind so etwas wie meine Familie. Ich möchte gerne hier arbeiten, bis ich irgendwann in Rente gehe.“

Ein Wunsch, der durchaus nicht unrealistisch ist, wie Karin Poppinga durchblicken lässt, als Chefin so etwas wie Grabowskis erste Ansprechpartnerin – auch in privaten Angelegenheiten. Eine seiner Kolleginnen ist Svenja Reidick. Die 30-Jährige fand ins Hotel Franz, als das gerade einige Monate existierte und den vierten Stern gerade neu hatte. Reidick arbeitet im Bereich Housekeeping, bewältigt also alles rund um den Zimmerservice. Bettenmachen ist eine ihrer Hauptaufgaben. Und dass auch sie mal mehr, mal aber auch weniger Lust hat, zeigt: Alles irgendwie völlig normal.

>> Aktivitäten zum Fünfjährigen

Zum Fünfjährigen präsentiert sich das Hotel Franz am Sonntag, 7. Mai, beim Bauernhoffest im Grugapark. „Tanz im Franz“ heißt es dann am 21. Mai, wenn mit der Tanzschule Lenz der neue Tanztee Premiere feiert. Und am 28. Mai gibt’s den Tag der offenen Tür.