Essen. . Ein Anwohner fotografierte in Essen-Rüttenscheid einen Mannschaftswagen der Bundespolizei auf einer Sperrfläche – und die Besatzung beim Metzger direkt um die Ecke. Die Direktion kündigt verärgert ein Disziplinarverfahren an. Für wen wann Sonderrechte gelten.

Wenn’s um die Parkplätze vor ihrer Haustür und ihren Läden geht, verstehen Anwohner und Geschäftsleute in Rüttenscheid wahrlich keinen Spaß. Selbst in Seitenstraßen haben Parklücken dort schließlich Seltenheitswert. Zum Straßenbild gehören dagegen Abschleppwagen und Strafzettel unter den Scheibenwischern. Wenn in diesem Zentrum chronischer Stellplatznot ausgerechnet die Polizei falsch parkt, empört das freilich nicht nur Wutbürger und Beamtenkritiker.

„Wir bedauern das“

So findet es ein Anwohner, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, „schlicht unverschämt und unsensibel“, was sich zwei Bundespolizisten in einer Seitenstraße der Rüttenscheider Straße erlaubt haben. „Ich weiß ja“, sagt er: „Es gibt wirklich größere Probleme, aber hier geht es mir jetzt auch mal ums Prinzip.“ Die Knöllchenschreiber vom Ordnungsamt ließen schließlich auch keine Ausreden gelten. Was den Mann verärgert: Als er am 24. Oktober gegen 14 Uhr zur Arbeit ging, stand ein Mannschaftswagen im Parkverbot auf der Ecke Emma-/Brassertstraße. „Ich habe natürlich an einen Einsatz und eine Ausnahmesituation gedacht.“

Die falsch parkenden Bundespolizisten waren nicht etwa im Einsatz, sondern hatten absichtlich falsch geparkt, um den Weg zu ihrem Mittagessen zu verkürzen. Das holten sie bei einem Metzger an der Rüttenscheider Straße ab.
Die falsch parkenden Bundespolizisten waren nicht etwa im Einsatz, sondern hatten absichtlich falsch geparkt, um den Weg zu ihrem Mittagessen zu verkürzen. Das holten sie bei einem Metzger an der Rüttenscheider Straße ab.

Als der 28-Jährige dann allerdings den „Einsatz“ zweier Beamten an der Rü sah, konnte er „kaum glauben, was ich sah“: Die Uniformierten holten „in aller Seelenruhe und direkt um die Ecke“ ihr Mittagessen in einer Metzgerei ab. Was den Augenzeugen dazu veranlasste, Fotos mit dem Handy zu schießen. „Zur Beweissicherung“, sagt er spöttisch. Und fragt: Darf die Polizei das? Dürfen Polizisten verbotswidrig im Kreuzungsbereich parken, noch dazu auf einer Sperrfläche?

Otto-Normal-Verkehrsteilnehmer müssen für diese Ordnungswidrigkeit 25 Euro zahlen, ihr Wagen könnte sogar – dann wird’s richtig teuer – an den Haken genommen werden. Dagegen haben Landes- und Polizeipolizei, Feuer- und Bundeswehr, Zoll und Ordnungsamt Sonderrechte. Sie sind, so steht’s im Paragrafen 35 geschrieben, von den Vorschriften der StVO befreit – „soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist“.

Anweisung an Bedienstete des Ordnungsamtes

Das Ordnungsamt weist seine Mitarbeiter an, Autos nur im Notfall im Halteverbot abzustellen und „auch im Einsatz lieber ein paar Schritte mehr zu gehen“. Ausnahme: Gefahr im Verzug.

„Wir wissen um die öffentliche Wirkung, wenn unsere Wagen im Park- oder Halteverbot stehen“, so Stadtsprecher Stefan Schulze.

Hoheitsspezifische Aufgaben jedoch, etwa bei Gefahr im Verzug, mussten die Falschparker im Staatsdienst in Rüttenscheid an jenem Mittag nicht erfüllen. Zu diesem Ergebnis kommt Jens Flören nach gründlicher Recherche in der Behörde der Beamten, der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin. Der Polizeisprecher erklärt peinlich berührt: „Es handelte sich leider nicht um eine Einsatzfahrt. Wir bedauern das. Das war nicht okay.“

„Kein vorbildliches Verhalten“

Die beiden Beamten einer in Essen stationierten Einheit hatten am 24. Oktober eine Fortbildung besucht, als sie ihre Sonderrechte für den Mittagstisch missbrauchten. Dabei hätten sie bereits in ihrer Ausbildung gelernt, so Flören, „wie man sich in Uniform in der Öffentlichkeit benimmt. Und das war kein vorbildliches Verhalten.“ Der gepetzte Patzer werde für die beiden Parksünder nicht nur „eine intensive Aufarbeitung“ zur Folge haben, sondern auch „eine Prüfung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens“, versichert der Polizeisprecher.

Das Ordnungsamt (siehe Infobox) hätte das Falschparken übrigens mit einer Knolle quittiert, versichert Stadtsprecher Stefan Schulze: „Wenn ein Einsatz nicht offensichtlich ist und wir den Einsatzleiter nicht erreichen, dann gilt gleiches Recht für alle.“