Essen. . Ein inzwischen gelöschtes Facebook-Video zeigt, wie Polizisten vor der „Musikpalette“ mehrmals auf einen mutmaßlichen Randalierer einschlagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen sechs Polizisten, gegen sechs der damals Festgenommenen – und gegen den Nutzer, der das Video ins Netz stellte.
Das verwackelte, mit einem Mobiltelefon aufgenommene Video haben sich im sozialen Netzwerk Facebook viele zehntausend Nutzer angeschaut – vor allem wegen der Beschreibung des Clips: „Berlin und jetzt Essen: brutale Polizeigewalt! Unfassbar!“. Die Staatsanwaltschaft Essen leitet inzwischen ein Strafverfahren gegen Polizisten, ein zweites gegen Randalierer, die im Video zu sehen sind – und obendrein eines gegen den Nutzer, der den Clip im Internet veröffentlichte.
Die Aufnahmen zeigen, wie Polizisten am Morgen des 6. Juli vor der Diskothek „Musikpalette“ unweit der Kettwiger Straße mutmaßliche Randalierer festnehmen. Am Ende des zweieinhalbminütigen Videos ist zu sehen, wie mindestens zwei Polizisten mehrmals auf einen Festgenommenen einschlagen – auch dann noch, als dieser eine Abwehrhaltung eingenommen hat. Der anscheinend betrunkene Mann hat zuvor versucht, sich loszureißen oder zuzuschlagen. Ein Beobachter schreit: „Ey! Warum hauen die den?!“ Womit die Uniformierten zuschlagen, ist nicht genau zu erkennen.
Oberstaatsanwältin gab keine Auskunft
Nach den Prügelvorwürfen ermittelt die Staatsanwaltschaft seit Mitte August gegen sechs Polizisten. „Die Beschuldigten sind zwischen 23 und 37 Jahre alt“, sagt Oberstaatsanwältin Anette Milk. „Ihnen wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen.“
Des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamten werden im Gegenzug fünf Männer und eine Frau im Alter von 22 bis 26 Jahren beschuldigt. Sie kommen aus Essen, Mülheim, Oberhausen und Bottrop. Die Bediensteten des Präsidiums werden von Vorermittlungsführern ihrer Behörde vernommen. Das Verfahren gegen sie wurde vorläufig aus formalen Gründen eingestellt, „damit Beschuldigte nicht doppelt befragt werden müssen“, so Milk.
Über einzelne Ermittlungsschritte gibt die Oberstaatsanwältin keine Auskunft. Das Verfahren werde noch Monate in Anspruch nehmen, allein schon wegen der vielen Beschuldigten und Zeugen. Über disziplinarrechtliche Schritte gegen die Beamten, so die Polizeipressestelle, „wird erst entschieden, wenn das Strafverfahren abgeschlossen ist.“
Recht am eigenen Bild
Im Verfahren, so Anette Milk, „spielt selbstverständlich auch das Video eine Rolle“. Zurzeit versuchen die Ermittler herauszufinden, wer es überhaupt veröffentlicht hat, wer also hinter dem Facebook-Nutzer steckt, über das die Aufnahmen verbreitet wurden – und ob er selbst das Video hochgeladen hat.
Zumal der Unbekannte angezeigt wurde, möglicherweise von einem der Beschuldigten. Der- oder diejenige war jedenfalls im Video zu sehen und beruft sich auf das Recht am eigenen Bild: Jeder Mensch darf grundsätzlich selbst darüber bestimmen, ob Bilder von ihm veröffentlicht werden.