Essen. . Beamte stoppten in Essen-Kettwig den zwölfjährigen Felix auf einem Elektro-Quad. Ein Vorwurf der Polizei: Kennzeichenmissbrauch. Die Familie hält das Vorgehen für übertrieben, auch weil der Sohn seit Jahren durch den Stadtteil fährt – und ihn die Polizisten bisher freundlich grüßten.
Seit vier Jahren ist Felix mit seinem kleinen Elektro-Quad in Kettwig unterwegs. 1800 km stehen auf dem Zähler. Er fahre immer mit Helm, nie schneller als Schritttempo, sagt Felix (12). Denn das Elektroauto, das sein Vater ihm gebaut hat, fahre nicht schneller als 6 km/h. Dennoch hat die Polizei den Jungen nun angehalten, das Quad abschleppen lassen und Ermittlungen gegen die Eltern eingeleitet. Vorwurf: Kennzeichenmissbrauch, da das an Felix’ Spielzeug haftete.
Ein riesiger Polizeieinsatz
Viele im Stadtteil kennen den Zwölfjährigen, winken ihm zu – auch Polizisten, sagt Felix. Der es kaum fassen konnte, als ihm kürzlich ein Beamter mit seinem privaten Pkw den Weg auf dem Bürgersteig versperrte, sagt Vater Thomas Helberg, der seit 22 Jahren einen Kfz-Betrieb führt, in dem er unter anderem Oldtimer restauriert und Motoren baut. Diese Leidenschaft ist auf den Sohn übergegangen, sagt der Vater, der jetzt einen Anhörungsbogen in Händen hält.
„Dem voraus ging ein riesiger Einsatz“, sagt er. Denn der Beamte habe zunächst einen Kollegen auf dem Motorrad hinzugerufen, dann kam die Polizei mit Bus. Passanten seien stehengeblieben, der Verkehr staute sich auf der Ringstraße. Felix’ Mutter eilte herbei. Der Vater kam: „Ich fand meinen Sohn völlig aufgelöst, er hat geweint bis zum Gehtnichtmehr.“ Felix erinnert sich: „Ich habe mich erschrocken.“ Er habe Angst gehabt, dass die Polizei sein Quad mitnimmt. „Das tat sie auch“, sagt der Vater. Ein Kennzeichen wurde sichergestellt, das Quad landete auf dem Abschleppwagen.
Nach der Sicherheitskontrolle habe sieben Tage später festgestanden: „Bis auf ein fehlendes Kettenblech haben sie nichts gefunden“, sagt Helberg. Es gebe keine spitzen Teile, stattdessen sogar Beleuchtung: Falls es um Gefahr gehen sollte, sagt er: „Möchte ich das einen Gutachter prüfen lassen.“ Doch derzeit sei von alldem im Anhörungsbogen nicht mehr die Rede. Dort gehe es um das Kennzeichen.
Polizei vermutet Kennzeichenmissbrauch
„Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Kennzeichenmissbrauch“, bestätigt Polizeisprecher Lars Lindemann. Man dürfe nicht einfach Kennzeichen an ein Fahrzeug schrauben. Das erwecke den Anschein, als ob es sich um ein zugelassenes Fahrzeug handele, wie etwa beim Elektro-Rollstuhl. Es gehe aber auch um den zulassungsrechtlichen Aspekt.
Fest stehe, dass das Quad nicht im öffentlichen Raum fahren dürfe: „Weder auf der Straße, noch auf dem Bürgersteig.“ Lindemann stellt klar, dass die Polizei das Quad nicht habe abschleppen lassen wollen: „Wir wollten es im Bulli zur Überprüfung durch das Verkehrskommissariat mitnehmen.“ Ein übliches Vorgehen, kostenlos zudem. Als die Familie sich weigerte, sei die Konsequenz der Abschleppdienst gewesen, samt Rechnung: 74,08 Euro.
Während Felix froh ist, dass sein Quad wieder da ist, ist die Fassungslosigkeit beim Vater noch nicht ganz gewichen: „Mag ja sein, dass die Beamten alles richtig gemacht haben.“ Er aber halte es für überzogen. Immerhin ist Felix auch mit anderen Spielzeugmobilen wie dem deutlich größeren Jeep unterwegs gewesen, seitdem er zwei Jahre alt ist. Der Anhörungsbogen nun liegt beim Anwalt. An dem Quad haftet jetzt ein neues Schild, auf dem steht: Felix.