Essen. Bei einem Freizeitkick in Essen rastete ein Spieler nach einer gelb-roten Karte aus und griff den Schiedsrichter an - und zwar so heftig, dass der 56-jährige Helmut D. nun mit einem doppeltem Kieferbruch in einer Spezialklinik operiert werden muss. In der Essener Fußballszene herrscht Entsetzen.
Bis zur 88. Minute war es ein ganz normales Fußballspiel in der Freizeitliga: AGGRO Bethesda spielte am vergangenen Samstagmittag auf der Dellwiger Sportanlage Scheppmannskamp gegen Rapid Essen. Ein Amateurkick. Dann zückt Schiedsrichter Helmut D. die gelb-rote Karte gegen einen AGGRO-Spieler - und wird von ihm so ins Gesicht geschlagen, dass er schwerste Gesichtsverletzungen erleidet. Der 56-Jährige muss nun in einer Spezialklinik operiert werden. Gegen den 24-jährigen Angreifer ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung, ihm droht zusätzlich eine lebenslange Sperre.
„Mir fehlen schlicht die Worte angesichts dieser Brutalität. Das ist ein absoluter Tiefpunkt für den Essener Fußball“, zeigt sich Thorsten Flügel, Fußball-Kreisvorsitzender im Essener Nordwesten, zutiefst schockiert. „Der Täter muss mit so einer Gewalt zugeschlagen haben, für mich ist das versuchter Totschlag.“ Den Schiedsrichter Helmut D. kennt Flügel bereits seit vielen Jahren, „er pfeift seit 1996, ist mit Leib und Seele dabei, immer fair, ruhig und besonnen. Ich hoffe sehr, dass er alles gut übersteht“. In einem offenen Brief an alle Vereinsverteter fordert Flügel ein deutliches Einwirken auf die Mitglieder, sobald sich aggressives Verhalten auch nur andeutet. „Es ist erschreckend, dass die Hemmschwelle beim Fußball immer mehr sinkt. Es vergeht kaum ein Spieltag, an dem nicht über Gewaltexzesse, Ausschreitungen Schlägereien oder Tumulten berichtet wird.“
Heimatverein des Angreifers verurteilt den brutalen Übergriff als „Einzeltat“
Der Heimatverein des Angreifers verurteilt den brutalen Übergriff als „Einzeltat“ und betont, „dass in unseren Reihen Gewalt absolut nichts verloren hat“. Der Angriff sei aus dem Nichts und völlig unvermittelt geschehen, so dass es keine Möglichkeit eines vorherigen Eingreifens gegeben hätte. Bis dahin sei das Spiel ohne Unruhen verlaufen.
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Mit Entsetzen und Ratlosigkeit reagieren die Verantwortlichen der Freizeitliga: „Ich weiß nicht, wie man diese Form der Gewalt verhindern kann“, sagt Staffelleiter Christian Bialluch, „da ist man irgendwie machtlos. Man kann den Menschen ja nur vor den Kopf schauen.“ Auch Bialluch kennt den verletzten Schiedsrichter gut, „ein ganz feiner Kerl, der sich auch beruflich sozial engagiert“.
Für Bestürzung sorgt dieser Fall auch im sozialen Netzwerk Facebook. Auf der Seite „Fußballszene Essen“, die über den Angriff berichtete, drücken die Nutzer ihr Mitgefühl für das Opfer aus und hoffen, dass alle Beteiligten Lehren daraus ziehen. So fordert dort Udo Rosenbaum, 2. Vorsitzender von Fortuna Bredeney, „Null Toleranz“ gegenüber Gewalt im Amateur-Fußball.