Essen. Die Evangelische Kreuzeskirche steht vor der Wiedereröffnung. Das denkmalgeschützte Gotteshaus in der Nord-City könnte einer der spannendsten Veranstaltungsorte der Stadt werden.

Der erste Eindruck? Unendliche Weiten und ganz viel weiß. Als sei die schneeweiße Rassekatze aus der Fernsehwerbung eines Farbenherstellers durch den Innenraum spaziert; wie von Geisterhand erstrahlen die Wände hinter ihrem buschigen Schwanz in neuem Glanz.

Als „minimalistisch“ beschreibt Architekt Rainer Alt das Innenleben der Kreuzeskirche. Niemand würde dem neuen Eigentümer des evangelischen Gotteshauses da widersprechen. Und doch, oder gerade deshalb, erfährt der Betrachter ein Raumgefühl, das es in dieser Stadt wohl kein zweites Mal gibt.

„Mehr Raum für Kreative“ – so hat diese Zeitung das Konzept 2012 überschrieben, das Rainer Alt gemeinsam mit dem Kreativunternehmer und Mäzen Reinhard Wiesemann für den Sanierungsfall Kreuzeskirche ersonnen hat. Nun, wo die Handwerker ihre Arbeit fast beendet haben, wird offenbar: Die Kirche wird diesem Anspruch gerecht, ohne ihre eigentliche Funktion dabei einzubüßen. Ja, der stadtbildprägende Ziegelbau an der Kreuzeskirchstraße könnte zu einer der interessantesten, ja vielleicht sogar zur aufregendsten und „coolsten“ Location für Veranstaltungen werden, die Essen zu bieten hat – was der nördlichen Innenstadt zweifellos nur gut tun kann.

Moderne Ton- und Lichttechnik

Der Beweis dafür steht noch aus. Das Duo Alt/Wiesemann ist vom Erfolg überzeugt. Sonst hätte letzterer von beiden sich kaum dazu bereit erklärt, aus der eigenen Schatulle 1,6 Millionen Euro für Umbau und Sanierung des substanziell angegriffenen Baudenkmals beizusteuern und damit die finanzielle Lücke zu schließen, die sich trotz Städtebauförderung und Spendenakquise der evangelischen Altstadtgemeinde noch immer auftat. Rund drei Millionen Euro wird der Umbau am Ende insgesamt kosten.

Weil Wiesemann die Dinge voranbringen will, aber kein Interesse daran hat, eine Kirche sein eigen zu nennen, übernahm Alt das Baudenkmal für einen symbolischen Preis. Die Altstadtgemeinde bleibt Mieter und darf sich freuen. Das gilt, obwohl sich nicht alles, was der Kettwiger Architekt wollte, realisieren ließ. Die Rekonstruktion der im Bombenkrieg zerstörten Galerie etwa erwies sich als zu aufwendig. Die dafür erforderlichen Fluchtwege und Treppenhäuser hätten das Raumgefühl zudem arg gestört, erläutert Rainer Alt. Schäden, die der Krieg am Mauerwerk hinterlassen hat, bleiben im Verborgenen wie auch beim Wiederaufbau hinter Putz versteckte Säulen. Alt hatte sie freilegen wollen. Die Statik ließ es nicht zu.

So kann sich der Besucher künftig auf das Wesentliche Konzentrieren. Wobei das Erlebnis je nach Veranstaltung ein ganz anderes sein kann. Konzert oder Kongres, Gottesdienst oder Gemäldeschau – alles ist möglich. Der Innenraum wird dafür mit modernster Ton- und Lichttechnik ausgestattet. „Wir können jede Farbe“, sagt Alt, also nicht nur den schneeweißen Stubentiger, sondern auch die bunte Straßenmischung. Man darf gespannt sein. Am 29. November ist die feierliche Eröffnung.