Duisburg. Seit neuneinhalb Wochen wartet ein Duisburger Jobcenter-Kunde auf eine Zahlung des Amts. Auf Grund fehlender Abschlagszahlungen während seiner U-Haft hat der junge Mann keinen Strom mehr. Mittlerweile soll das Jobcenter das Geld überwiesen haben - obwohl es nicht verpflichtet dazu gewesen sein will.
„Nach einem guten Hauptschulabschluss habe ich noch das 11 Schuljahr an einer Kollegschule drangehängt“, sagt Björn Müller (Name geändert), „ich wollte mein Fachabi machen und anschließend studieren. Architektur. Das ist mein Traum.“
Ein Traum, auf dessen Verwirklichung der 21-Jährige noch warten muss. Derzeit hat er andere Probleme. Seit neuneinhalb Wochen ist seine Wohnung ohne Strom. Kühlschrank, Fernseher, Warmwasseraufbereitung – nichts von alledem funktioniert.
Probleme durch eigene Schuld
Schlimm sei vor allem, dass er bei dem heißen Wetter den Kühlschrank nicht nutzen könne. Und nach Sonnenuntergang ohne Licht auszukommen, sei sehr belastend, sagt Björn.
Probleme hat Björn auch durch eigene Schuld. Im Januar diesen Jahres musste Björn, der seinen Vater nie kennen gelernt hat, in Untersuchungshaft.
Passiert ist bislang nichts
Ab März, sagt der sportliche junge Mann, den eine schwere Knieverletzung an der Fortsetzung einer vielversprechenden Fußball-Karriere hinderte, habe das Jobcenter dann seine Miete nicht mehr gezahlt: „Mein Anwalt sagt immer, dass sie ein halbes Jahr lang die Miete hätten zahlen müssen“, sagt Björn. Wieder in Freiheit, kehrte er in seine Wohnung zurück. Weil monatelang keine Abschlagszahlungen geflossen waren, stellten die Stadtwerke den Strom ab.
„Das war im Mai, vor fast zehn Wochen“, sagt der junge Mann, der seit seinem 16. Lebensjahr auf sich gestellt ist. Vor genau zwei Monaten sei er beim Jobcenter gewesen, um ein 300-Euro-Darlehen für die Stromschuld zu beantragen.
Passiert ist bislang nichts.
Großer Spaß an Physik und Mathematik
Obwohl: Am Donnerstagmorgen, bevor sich Björn in seiner Frühstückspause mit dem Redakteur traf, lag ein Schreiben in der Post: „Darin steht, dass das Jobcenter das Geld jetzt überweisen will.“ Frühstückspause macht Björn, weil er regelmäßig arbeitet. Saisonarbeit für einen Gastronomiebetrieb. Mit einem Chef, der an ihn glaubt, seine Zuverlässigkeit lobt: „Ich mache das seit drei Jahren. Es reicht leider nicht, um davon zu leben.“
Was ihn denn daran hindere, das eine Jahr Fachoberschule noch dranzuhängen? „Erstmal muss ich noch einige Sozialstunden leisten“, sagt der junge Mann, der großen Spaß an Physik und der Mathematik hat und dies auch sehr glaubwürdig vermitteln kann.
"Das Geld ist überwiesen"
Trotzdem: U-Haft trotz 11. Schuljahres, Sozialstunden trotz großer Begeisterung für Physik und Mathematik – wie passt das zusammen? „Ich habe lange in Hochfeld gelebt, hatte große Probleme mit meiner Mutter“, sagt Björn. Schließlich ein gefährlicher Freundeskreis, der ihn noch weiter runter gezogen habe.
Jetzt, sagt er, sei er bereit hart zu arbeiten und zu kämpfen. Für ein besseres Leben: „Und ich hoffe, dass ich bald wieder Strom habe.“
Laut einem Sprecher des Jobcenters müsste bei Björn das Licht schnell wieder an gehen: „Das Geld ist überwiesen.“ Einen Anspruch auf die Zahlung habe es für Björn aber nicht gegeben, betont der Sprecher: „Die monatlichen Abschläge hätte er eigentlich selbst bezahlen müssen.“