Duisburg-Meiderich. . Die Ursache für die Dioxin-Belastung auf einem Duisburger Hof ist möglicherweise in der Freilandhaltung der Hühner zu suchen: Die Hühner könnten im belasteten Boden gepickt haben - allerdings sind die Dioxinwerte dazu eigentlich zu gering.

Seit Ostern dürfen Eier und Schweinefleisch vom Ingen­hamms­hof, dem Lernbauernhof der Arbeiterwohlfahrt in Meiderich, nicht mehr verkauft werden. Eine routinemäßige Kontrolle des städtischen Instituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz hatte überhöhte Dioxinwerte festgestellt. Sowohl der örtliche Arbeitskreis Stadtteil und Schule (Aksus), als auch die Bezirksvertretung Meiderich/­Beeck forderten jüngst Aufklärung über die Ursachen. Die Bezirksvertreter legten der Stadtverwaltung dazu neun Fragen vor, die noch nicht beantwortet wurden. Bislang galt die Belastung als unerklärlich.

Norbert Vreden, Leiter des Instituts, stellte im Gespräch mit der Redaktion klar: Nicht erst die Verschärfung des Grenzwertes seit Januar 2012 hätte zum Verkaufsverbot geführt. Auch der frühere Grenzwert sei überschritten worden. Nur ist auf dem In­gen­hamms­hof nie gemessen worden. Im Schnitt 5,3 Billionstel Gramm Dioxine fand man im März je Gramm Fett in einer Probe aus etwa 30 Eiern. Der Grenzwert liegt seit Januar bei 2,5 Billionstel Gramm, zuvor bei drei Billionstel.

Freilandhaltung als Problem

„Die Freilandhaltung ist das Problem“, sagt Vreden. Und das lenkt den Blick auf die Belastung der Böden. Deren Untersuchung war allerdings unauffällig. Dr. Thomas Griebe vom Umweltamt nennt Zahlen: „Im Sand wurden 0,5 Milliardstel Gramm pro Kilo gefunden, auf Weiden bis zu 14 Milliardstel und an einer anderen Stelle 19 Milliardstel. Der offizielle Wert, ab dem die Behörden einschreiten müssten, liege aber bei 100 Milliardstel Gramm. Dann müssten Nutzungsverbote ausgesprochen werden. Der Wert jedoch werde in Duisburg nicht erreicht. Dr. Griebe gibt aber zu bedenken, womöglich sei diese Schwelle viel zu hoch, wären 50 Milliardstel realistischer.

Meidericher Norden mit Dioxin-Vorbelastung

Eine Karte der Bodenbelastung durch Dioxine von 2006 stellt die Belastungssituation im Bereich Ingenhammshof dar. Damals wurden aber nur in großen Abständen Proben genommen. Für die Flächen zwischen zwei Messstellen wurden daraus Mittelwerte abgeleitet. Grundlage war wieder der übliche Zehn-Zentimeter-Würfel.

Und danach wurde für einen breiten Streifen vom Meidericher Norden über Hamborn bis zur Bezirksgrenze von Walsum, einschließlich Ingenhammshof, ein Mittelwert von 30 bis 40 Milliardstel Gramm pro Kilo Boden errechnet. Nördlich davon waren es weniger als 30 Milliardstel, in Meiderich selbst und in den Häfen 40 bis 50 Milliardstel, in Stadtmitte 50 bis 100 Milliardstel und im Bezirk Süd teilweise weniger als 20 Milliardstel.

Laut Umweltbundesamt liegt der Zielwert für Böden bei maximal fünf Milliardstel. Bei Werten darüber müssten Ursachen und mögliche Gefährdungen geprüft werden. Ab 40 Milliardstel Gramm müsste, wo nötig, sogar die Bodennutzung eingeschränkt werden.

Dr. Thomas Griebe vom Umweltamt gibt zu bedenken, das seien Werte, die für ganz Deutschland gelten würden. In Ballungsräumen wie Duisburg liege aber schon die Grundbelastung bei 16 bis 17 Milliardstel. Und in Industriegebieten dürften es bis zu 10 000 Milliardstel sein. Man müsse schon in kürzester Zeit 100 Eier vom Ingenhammshof verzehrt haben, um bedenkliche Mengen aufzunehmen.

Norbert Vreden hält die Messmethode bei den Bodenproben für falsch. Standardmäßig werde nämlich ein Zehn-Zentimeter-Würfel Erde (1000 Kubikzentimeter) ausgegraben, seine Erde vermischt und ihre durchschnittliche Belastung ermittelt. „Hühner“, sagt er, „scharren aber nicht zehn Zentimeter tief und picken den Sand auf, sondern höchstens zwei Zentimeter.“ Folglich könne es passieren, dass die oberen zwei Zentimeter sehr stark belastet sind. Aber durch Vermischung mit den unbelasteten tieferen acht Zentimetern ergebe sich ein unauffälliger Wert. Würden Zwei-Zentimeter-Würfel un­tersucht, kämen ganz andere Ergebnisse heraus. Solche Proben, so Dr. Griebe, wurden aber nicht gezogen.